Quintett Es-Dur op. 44 (Schumann)

Das Quintett Es-Dur für 2 Violinen, Viola, Violoncello und Klavier op. 44 schrieb Robert Schumann zwischen dem 23. September und dem 16. Oktober 1842.

Gewidmet ist das Klavierquintett seiner Frau Clara Schumann, ursprünglich war jedoch folgende Widmung vom Komponisten vorgesehen: „Quintett für Pianoforte, zwei Violinen, Viola und Violoncell Ihrer kaiserlichen Hoheit der Frau Großherzogin Maria Paulowna von Sachsen-Weimar ehrfurchtsvoll zugeeignet von Robert Schumann.“

Das Werk wurde erstmals im Rahmen einer von R. und Cl. Sch. gegebenen Musikalischen Morgenunterhaltung[1] am 8. Januar 1843 von Clara Schumann, Ferdinand David, Moritz Gotthold Klengel, H. O. Hunger und Carl Wittmann öffentlich aufgeführt.

Erschienen ist es am 13. September 1843, Claras 24. Geburtstag, bei Breitkopf & Härtel in Leipzig.

Quellenlage

Zum Quintett op. 44 existieren drei Quellen:

  1. Der vollständige Entwurf, von Schumann mit „Skizze“ überschrieben (Carpentras, Bibliothèque Inguimbertine). Das Schlußfugato des Finales fehlt, es kam erst nach der Ausarbeitung der einzelnen Sätze hinzu. In der Skizze findet sich auch das Fragment eines weiteren langsamen Satzes.
  2. Das Autograph (Bonn, UB, Schumann 5).
  3. Die Stichvorlage der Klavierstimme (Krefeld, Stadtbibliothek). Titelblatt und diverse Änderungen wurden von Schumann vorgenommen.

Entstehungsgeschichte

Das Haushaltsbuch der Schumanns enthält folgende Daten für die Entstehung:[2]

23. September 1842 – „Anflug zu einem Quintett.“
24. September 1842 – „Erster Satz des Quintetts fertig.“
25. September 1842 – „Am Quintett gearbeitet.“
26. September 1842 – „Fleißig am Quintett.“
27. September 1842 – „Sehr fleißig und glücklich am Quintett.“
28. September 1842 – „Ziemlich fertig mit dem Quintett.“
5. Oktober 1842 – „Angefangen am Quintett zu schreiben.“
12. Oktober 1842 – „Mein Quintett fertig aufgeschrieben.“

Die Skizze selbst gibt im Deckblatt den Zeitraum vom 23. bis zum 28. September 1842 an. Sie enthält neben der Marcia ein mit „Scena“ überschriebenes Satzfragment, das nicht in den Autograph übernommen wurde. Das abschließende Fugato fehlt jedoch, erst nach Vollendung des Autographs kam es hinzu. Dieses zeigt als Schlussdaten für die ausgearbeiteten Sätze:

1. Satz „6 October 1842.“
2. Satz „8 Oct. 42.“
3. Satz „9 Oct. 42.“
4. Satz „12 October 1842 Leipzig Rob. Schumann.“

Das Abschlussdatum für die Änderungen bzw. Erweiterungen im Fugatoschluss des Finales ist der „16 October 1842“.

Im Ehetagebuch schreibt Clara Schumann[3]:„Die letzte Woche des Septembermonats ist, was unser äußeres Leben betrifft, sehr still hingegangen; umso mehr aber hat mein Robert mit dem Geist gearbeitet! er hat ziemlich ein Quintett vollendet, das mir nach dem, was ich erlauscht, wieder herrlich scheint - ein Werk voll Kraft und Frische! - Ich hoffe sehr, es diesen Winter noch öffentlich hier zu spielen.“

Nachdem Clara das Quintett am 29. November das erste Mal in einer Probe gehört hat, urteilt sie[4]: „Abends probierten wir zum ersten Male Roberts soeben vollendetes Quintett, das ein herrliches Werk ist, dabei äußerst brillant und effektvoll.“

Von Schumann selbst sind nur drei Äußerungen zu seinem op. 44 überliefert, so in einem Brief vom 3. Januar 1843 an Franz Liszt[5]: „Ich habe ein Quintett geschrieben; dies sollte meine Frau vielleicht in B. Spielen; ich würde mich freuen, wenn Sie es hörten - es macht eine recht frische Wirkung.“

Über die erste öffentliche Aufführung am 8. Januar 1843 schreibt er an Wilhelm Taubert (10. Januar 1843)[6]: „Unsere Matinee ist glücklich vonstatten gegangen - ich wünschte, Sie wären dabei gewesen. Quartett [A-Moll] und Quintett machte eine recht lebendige Wirkung, auch im Konzertsaal“.

An Verhulst schreibt er am 19. Juni 1843[7]: „An meinem Quintett und Quartett wird Dir manches zusagen; es ist ein recht reges Leben darin.“

Dass das Quintett an Claras Geburtstag erschien, hatte Schumann bei seinem Verleger R. Härtel in einem Brief vom 7. März 1843 erbeten[8]: „Mein Quintett liegt zum Druck bereit. Es hängt ganz von Ihnen ab, wann Sie es erscheinen lassen wollen. Gern möchte ich es aber zum Geburtstage meiner Frau (Anfang September) haben!“

Bearbeitungen

Am 1. Juli 1845 erkundigte sich Schumann in einem Brief an Härtel, „ob sich nicht etwa ein 4händiges Arrangement“ seines „Quintetts der Mühe verlohne“[9] und rät für diese Arbeit zu dem Leipziger Klavierlehrer A. Dörffel. Dieser Vorschlag wurde jedoch abgelehnt.

Erst Johannes Brahms fertigte eine solche Bearbeitung an. Er schrieb am 12. September 1854 an Joseph Joachim[10]:„Morgen, den 13ten ist ihr [Claras] Geburtstag; ich habe ihr einen langjährigen Wunsch erfüllt, und das Quintett von Schumann zu vier Händen arrangiert. Während sie in Ostende war, habe ich das Manuskript heimlich aus dem Schrank genommen, so daß sie nichts ahnt. Ich habe mich immer tiefer hinein versenkt, wie in ein paar dunkelblauer Augen (so kömmt’s mir nämlich vor). Auch diesen Brief habe ich deshalb erst jetz schreiben können.“

Satzbeschreibungen

1. Satz: Allegro brillante

4/4-Takt, Tonart: Es-Dur

Der Kopfsatz in Sonatenhauptsatzform beginnt mit einem latent monothematischen Hauptthema, das in Sequenzen einen ungewöhnlich großen Ambitus entwickelt. Die dem Hauptsatz zugrunde liegende dreiteilige Liedform weicht in der Reprise harmonisch in die Dominante ab. Bereits während der Themenaufstellung wird mit der Themenauswertung begonnen. Eine gegensätzliche Ausdrucksebene wird im Mittelteil des Hauptsatzes dem Themenkopf zugeordnet. Dieser dient in Form einer kantablen Fortspinnung als Sequenzmodell, dessen Struktur durch imitierende Einsätze verdichtet ist. Die in der Mediante beginnende Überleitung zum Seitensatz wird als Auswertung des Hauptthemenkopfes nach den Prinzipien der Kaleidoskoptechnik fortgesetzt. Der Seitensatz selbst weist eine rondoartige Binnenstruktur auf.

2. Satz: In modo d'una Marcia

In der Skizze ist der langsame zweite Satz länger. Formal ist der Satz dreiteilig.

Nach drei Einleitungstakten folgt der Großabschnitt A mit den Unterabschnitten a - b - a1. Ihm schließt sich ein kontrastierender Mittelteil B an, eine Art Intermezzo, worauf die Reprise A1 mit den Abschnitten a2 - b1- a3 folgt:

a – Marcia c-Moll (Takte 1 – 29)
b – Maggiore C-Dur, bei transponierter Wiederkehr als Trio bezeichnet (Takte 30–61)
a1Marcia c-Moll, nur Schlusstakt verändert (Takte 62–84)
Hinleitung nach D (Takte 85–91)
B – Mittelteil/ Intermezzo f-Moll, Agitato (Takte 92–109)

Reprise A1
a2Marcia c-Moll: Variation mit jagenden Triolenachteln als Begleitung (Takte 110–132)
b1Maggiore F-Dur (Takte 133–164)
a3Marcia f-Moll, nach c-Moll, Schluss in C-Dur (Takte 165–193)

Einzelnachweise

  1. Theodor Müller-Reuter: „Lexikon der deutschen Konzertliteratur“, Leipzig (1909), S. 182
  2. Boetticher: Schumann in seinen Schriften. 1942, S. 371.
  3. Eugenie Schumann: „Schumann“ (1931), S. 334
  4. Eugenie Schumann: „Schumann“ (1931), S. 337
  5. „Briefe“ (1904), S. 224
  6. Boetticher: „Schumann in seinen Schriften“ (1942), S. 360
  7. Boetticher: „Schumann in seinen Schriften“ (1942), S. 393f.
  8. „Briefe“ (1904), S. 435
  9. „Briefe“ (1904), S. 443 und S. 540
  10. Andreas Moser(Hrg.): „Johannes Brahms im Briefwechsel mit Joseph Joachim“, 2 Bände, Berlin (1921), I, S. 59
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