Quercus infectoria

Quercus infectoria, deutsch selten als Aleppo-Eiche oder als Färber-Eiche, auch Galleiche, bezeichnet, ist eine Eichenart, verbreitet im östlichen Mittelmeerraum und dem angrenzenden Westasien. Die Galläpfel, Pflanzengallen auf den Blättern dieser Eichenart, werden medizinisch verwendet, in der Vergangenheit wurden sie auch zur Herstellung von Eisengallustinte genutzt.

Quercus infectoria

Quercus infectoria

Systematik
Rosiden
Eurosiden I
Ordnung: Buchenartige (Fagales)
Familie: Buchengewächse (Fagaceae)
Gattung: Eichen (Quercus)
Art: Quercus infectoria
Wissenschaftlicher Name
Quercus infectoria
G.Olivier

Beschreibung

Quercus infectoria ist ein halbimmergrüner kleiner Baum mit krummem, gewundenem Stamm, oder ein Strauch, mit einer maximalen Wuchshöhe von etwa fünf Metern. Die Borke ist grau gefärbt und rissig bis schuppig. Junge Triebe sind gelb- bis rotbraun und filzig behaart, später verkahlend. Die steifen Laubblätter erreichen etwa vier bis sechs Zentimeter Länge. Sie sind oberseits matt, nicht glänzend, am Rand gezähnt, teilweise schwach gelappt, auf der Unterseite behaart, im Alter verkahlend. Die Blattform ist äußerst variabel, bei Exemplaren aus dem Libanon ist das Blatt zur Spitze hin relativ breit. Die Blätter sind halbimmergrün, d. h. den Winter über an der Pflanze bleibend, werden aber mit dem Austrieb der jungen Laubblätter im Frühjahr abgeworfen. Die Länge des Blattstiels ist variabel und zwischen den Unterarten verschieden. Die relativ kleinen Eicheln sitzen einzeln oder in kleinen Gruppen, sie sind sehr kurz gestielt, der Fruchtbecher (Cupula) mit anliegenden (nicht abstehenden) Schuppen.[1]

Die Eichenart ist morphologisch variabel und zu anderen in der Region verbreiteten Arten sehr ähnlich, mit denen sie zudem oft Hybride ausbilden kann. Eine sichere Bestimmung anhand einzelner Merkmale ist daher schwierig. Die Blattform ähnelt Quercus ithaburensis und Quercus macranthera, die Eicheln sind ähnlich zu denjenigen von Quercus kotschyana und Quercus cedrorum. In der Kombination der Merkmale ist aber meist eine sichere Ansprache möglich.[2] Sehr ähnlich und in Einzelexemplaren manchmal nicht sicher unterscheidbar ist Quercus pubescens.[3] Bei mikroskopischer Untersuchung sind auch Besonderheiten der Anatomie der Blattspreite und des Blattstiels erkennbar.[4] Die morphologisch sehr ähnliche Quercus faginea besitzt oberseits schwach glänzende, unterseits meist ausdauernd behaarte Laubblätter.[1] Diese westmediterrane Art kommt außerdem in einem völlig getrennten Areal vor.

Unterarten

Gewöhnlich werden zwei Unterarten unterschieden, bei einer davon eine Varietät[5], deren morphologische Unterscheidung nicht immer einfach ist[6]:

  • Quercus infectoria subsp. infectoria: Sie kommt in Griechenland und in der nördlichen Türkei vor.[5]
  • Quercus infectoria subsp. veneris (A.Kern.) H.Lindb. Ein häufig verwendeter synonymer Name für diese Unterart ist Quercus infectoria subsp. boissieri (Reut.) O.Schwarz (gleich Quercus boissieri Reut.). Die Verwendung dieses Namens ist umstritten. Der Name Quercus boissieri, im Artrang, hätte Priorität über Quercus veneris A.Kern. (1853 bzw. 1904 erstbeschrieben), aber im Unterartrang wurde die subsp. veneris zuerst beschrieben.[7] Einige Autoren halten dies weiterhin für den gültigen Namen der Unterart. Selten wird die Synonymie sogar bestritten und von zwei getrennten Sippen ausgegangen.[8] Diese Unterart kommt vom östlichen Mittelmeergebiet bis zum Iran vor.[5]
    • Quercus infectoria Oliv. subsp. boissieri (Reut.) O.Schwarz var. tenuicarpa (Djav.-Khoie) Jamzad et Panahi: Die 2012 erstbeschriebene Varietät kommt im Iran vor.[5]

Verbreitung, Vegetation

Die Art kommt vor von der Ägäis im Westen über Anatolien, den Irak bis Iran im Osten. Im Süden erreicht sie über Syrien den Libanon und den Norden Israels. Vorkommen sind von den ägäischen Inseln und der Insel Zypern angegeben. Die Art kommt von Meereshöhe bis in ca. 2000 Meter Höhe im Gebirge vor, sie ist nicht frosthart. Die Art ist recht trockenheitstolerant, Vorkommen gibt es bis in Regionen mit etwa 400 mm Jahresniederschlag.

Quercus infectoria subsp. veneris bildet in Südost-Anatolien in der Türkei meist beweidete, halboffene Buschwälder zusammen mit der Stieleiche Quercus robur (in der Unterart pedunculiflora). Weiter im Westen, unter submediterranem Klima, wird die Art seltener, sie ist hier Beständen der immergrünen Kermeseiche Quercus coccifera beigemischt. In der mediterranen Klimazone kommen die Eichenarten Quercus infectoria subsp. infectoria und die Zerreiche Quercus cerris im Unterstand von Wäldern der Kalabrischen Kiefer Pinus brutia vor.[9] Auf Zypern ist Quercus infectoria subsp. veneris eine von drei indigenen Eichenarten. Sie kommt recht selten in den Gebirgen im Norden und Westen der Insel vor. Ostgrenze der Verbreitung der Art ist das Zāgros-Gebirge im Iran. Die Vorkommen reichen von Sardascht in West-Aserbaidschan bis Aleshtar in Lorestan.[7]

Nach Einschätzung der IUCN ist Quercus infectoria nicht bestandsgefährdet (Status: least concern).[10]

Phylogenie

Die Art gehört zu den „weißen“ Eichen der Untergattung Quercus, Sektion Quercus, einem artenreichen und taxonomisch schwierigen Aggregat aus eurasiatischen (paläarktischen) und amerikanischen Eichenarten. Die Zusammengehörigkeit von infectoria s. str. und boissieri wurde dabei nach genetischen Daten bestätigt. Eine nahe verwandte Art ist die Flaumeiche Quercus pubescens. Die paläarktischen, westasiatischen und europäischen Arten des Komplexes bilden die Klade der „roburoiden“ Eichen.[11] Die mediterranen, an Trockenheit adaptierten Arten der Gruppe wurden früher oft als Subsektion Galliferae abgetrennt, diese Gruppe erwies sich allerdings als nicht monophyletisch.

Galläpfel

Die Art ist bekannt für das besonders häufige Vorkommen von Galläpfeln auf der Blattunterseite. Die harten, korkartigen Galläpfel werden von Gallwespen (vor allem Gemeine Eichengallwespe Cynips quercusfolii) verursacht. Die Galläpfel sind reich an Tanninen und werden als Antioxidantien und aufgrund antimikrobieller und entzündungshemmender Wirkung medizinisch getestet. Berichtet wird auch von einer bleichenden Wirkung auf die Haut. Getrocknete und pulverisierte Galläpfel von Quercus infectoria werden ethnomedizinisch seit Jahrhunderten gegen Entzündungen eingesetzt. Die Eicheln sind prinzipiell essbar, wegen des bitteren Geschmacks aber nur nach längerem Wässern.[12] Daneben werden sie zu Vegetabilgerbung verwendet. Das Art-Epitheton infectoria geht auf die häufige Präsenz der Galläpfel zurück.[3]

Commons: Quercus infectoria – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Otto Schwarz: Quercus L. In: T. G. Tutin, N. A. Burges, A. O. Chater, J. R. Edmonson, V. H. Heywood, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora europaea. 2. Auflage. Volume I, Cambridge University Press, 1993, ISBN 978-0-521-41007-6.
  2. Jean M. Stephan, Pamela W. Teeny, Federico Vessella, Bartolomeo Schirone (2018): Oak morphological traits: Between taxa and environmental variability. Flora 243: 32–44. doi:10.1016/j.flora.2018.04.001
  3. Jurij Leonardovich Menitsky: Oaks of Asia. University of Michigan Science Publishers, 2005. ISBN 978-1-57808-229-2, auf S. 102.
  4. Saleem Esmael Shahbaz, Shamiran Salih Abdulrahman, Haliz Arif Abdulrahman (2015): Use of leaf anatomy for identification of Quercus L. species native to Kurdistan-Iraq. Journal University of Zakho 3(A) No.2: 222-232.
  5. Quercus infectoria. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 13. April 2020..
  6. Unterarten von Quercus infectoria, in Thomas Meyer, Michael Hassler: Mittelmeer- und Alpenflora. Photo-Bestimmungsschlüssel zur Bestimmung der höheren Pflanzen des Mittelmeer- und Alpenraumes.
  7. M. Mehrnia, T. Nejadsattari, M. Assadi, I. Mehregan (2012): Taxonomic study of the genus Quercus L. sect. Quercus in the Zagros forests of Iran. –Iranian Journal of Botany 19 (1): 62-74. doi:10.22092/ijb.2013.2996
  8. Michael Avishai (2017): Quercus look Kotschy: a Distinct Mt. Hermon Species. International Oaks 28: 73-82.
  9. Emin Uğurlu, Jan Roleček, Erwin Bergmeier (2012): Oak woodland vegetation of Turkey - a first overview based on multivariate statistics. Applied Vegetation Science 15: 590-608.
  10. Sara Oldfield and Antonia Eastwood (2007): The Red List of Oaks. Published by Fauna & Flora International, Cambridge, UK. ISBN 978-1-903703-25-0.
  11. Andrew L. Hipp et al. (2019): Genomic landscape of the global oak phylogeny. New Phytologist (2019) doi:10.1111/nph.16162.
  12. T. K. Lim: Edible Medicinal and Non-Medicinal Plants: Volume 4, Fruits. Springer Verlag, Dordrecht etc., 2012. ISBN 978-94-007-4052-5, S. 16–26.
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