Banū Qainuqāʿ
Die Banū Qainuqāʿ (arabisch بنو قينقاع) waren neben den Banu Nadir und Banu Quraiza einer der drei wichtigsten jüdischen Stämme in Yathrib, dem vorislamischen Medina. Hinsichtlich ihrer Abstammung gibt es einige Zweifel, ob sie von idumäischer oder judäischer Herkunft seien.[1] Während sich die zwei anderen jüdischen Stämme mit Landwirtschaft befassten, besaßen die Banū Qainuqāʿ kein Land und arbeiteten hauptsächlich als Goldschmiede und Waffenschmiede. Sie wohnten im Zentrum von Yathrib, wo sich der Markt der Stadt befand, und waren Klienten des arabischen Stammes Chazradsch, im Gegensatz zu den Banu Nadir und den Banu Quraiza, die sich mit den Aus verbündet hatten.
Die Banū Qaynuqāʿ waren der erste Stamm, mit dem Mohammed kriegerische Auseinandersetzungen führte. Als Anlass wird in der Überlieferung genannt, dass nach der Schlacht von Badr im Jahre 624 auf dem Markt der Banū Qaynuqāʿ eine arabische Frau von einer Gruppe von Juden beleidigt wurde. Ein Muslim, der die Begebenheit beobachtet hatte, tötete einen der Juden und wurde dann selbst umgebracht. Die Banū Qaynuqāʿ wurden daraufhin 15 Tage belagert und schließlich vertrieben.
Die Banū Qaynuqāʿ zählten zwar mehrere Hundert Angehörige, erhielten jedoch von ihren arabischen Bundesgenossen keine Unterstützung. Sie erhielten drei Tage Zeit, um ihre Schulden einzutreiben und einige Besitztümer mitzunehmen, mit Ausnahme ihrer Berufswerkzeuge. Die Banū Qaynuqāʿ wanderten nordostwärts durch die Wüste der Arabischen Halbinsel in Richtung Persischer Golf. Einige unter ihnen wurden prominente Konvertiten des Islam, wie zum Beispiel Abdallah ibn Salām, einer der jüdischen Anhänger Mohammeds.
Der zeitgenössische muslimische Gelehrte Yusuf al-Qaradawi, der der islamistischen Muslimbruderschaft nahesteht, sieht die Vertreibung der Banū Qaynuqāʿ als einen Akt, der vor allem das Interesse des Propheten an ökonomischen Fragen dokumentiert. Während nämlich vorher der Markt von Medina unter der Kontrolle der jüdischen Banū Qainuqāʿ gestanden habe, habe deren Vertreibung die Schaffung eines „rein islamischen Marktes“ (sūq Islāmīya ṣirfa) in Medina ermöglicht, dessen Regeln der Prophet selbst festlegte.[2]
Literatur
- R. Leszynsky: Die Juden in Arabien. Berlin 1910, S. 60–63.
- O’Leary, De Lacy: Arabia Before Muhammad, Kegan Paul, Trench, Trubner & Co. Ltd.: London 1927, S. 173–174.
- Marco Schöller: Exegetisches Denken und Prophetenbiographie. Eine quellenkritische Analyse der Sīra-Überlieferung zu Muḥammads Konflikt mit den Juden. Wiesbaden 1998, S. 230–260.
- W. Montgomery Watt: Muhammad. Prophet and Statesman. Oxford University Press, 1961, S. 127–132.
- Arent Jan Wensinck: Mohammed en de Joden te Medina. Leiden 1908, S. 146–151.
- A. J. Wensinck, R. Paret: Art. Qainuqāʿ, Banū. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Bd. IV, S. 824.
Belege
- Vgl. O’Leary, De Lacy: Arabia Before Muhammad, Kegan Paul, Trench, Trubner & Co.; Ltd.: London 1927, S. 173–174.
- Vgl. al-Qaraḍāwī: al-Ḥalāl wa-l-ḥarām fī l-Islām. Beirut 1993, S. 283. Engl. Übers. The Lawful and the Prohibited in Islam. Delhi 1998, S. 140.