Putzar

Putzar ist ein Ortsteil der Gemeinde Boldekow südlich von Anklam und liegt an der Grenze zwischen Vorpommern und Mecklenburg. Bis Jahresende 2011 war Putzar eine eigenständige Gemeinde mit den Ortsteilen Putzar, Glien und Glien Siedlung.

Putzar
Gemeinde Boldekow
Koordinaten: 53° 43′ N, 13° 39′ O
Höhe: 10 m
Fläche: 17,43 km²
Einwohner: 206 (31. Dez. 2010)
Bevölkerungsdichte: 12 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 2012
Postleitzahl: 17392
Vorwahl: 039722
Putzar (Mecklenburg-Vorpommern)
Putzar (Mecklenburg-Vorpommern)

Lage von Putzar in Mecklenburg-Vorpommern

Geografie und Verkehr

Putzar liegt östlich der Bundesstraße 197. Anklam befindet sich etwa 21 km nördlich und Friedland etwa 16 km südwestlich des Ortes. Die Bundesautobahn 20 ist über die Anschlussstelle Neubrandenburg-Nord (etwa 29 km) zu erreichen. Den Süden des Ortes durchfließt der Große Landgraben. Etwas nördlich des Landgrabens liegt der Putzarer See.

Geschichte

Ruine der Veste Putzar – Joachimsbau außen
Ruine der Veste Putzar – Ulrichsbau innen

Durch seine Lage am Landgraben war Putzar seit dem 13. Jahrhundert Grenzort zur Herrschaft Stargard, die um die Wende zum 14. Jahrhundert an Mecklenburg kam. Putzar wurde erstmals 1306 als Potzare urkundlich genannt.[1] Die Bedeutung des Namens wird mit „Dorf der fürstlichen Hundewächter“ angegeben.[2] Ursprung der Ansiedlung war eine frühdeutsche Turmhügelburg, die heute „Rosenberg“ genannt wird.[3]

In der Urkunde von 1306 stimmte der mecklenburgische Herzog Heinrich II. in einem Vergleich mit dem pommerschen Herzog Otto I. dem Weiterbau einer Befestigung zu, die statt einer Burg als Festes Haus zu ebener Erde ohne Graben errichtet werden sollte.[1] Nach einer Urkunde von 1365, in der der Ort Pussare genannt wurde, besaß die Familie von Lüskow Anteile an dem Dorf.[4] 1418 kam Putzar als Lehen an Hans von Schwerin. Der Lehnbrief über Putzar wurde 1533 ausgestellt.[4] Der Großhofmeister Ulrich von Schwerin († um 1575) ließ, wahrscheinlich auf den Grundmauern eines Vorgängerbaus, ein schlossartiges Herrenhaus im Stil der Renaissance errichten, den sogenannten Ulrichsbau. Auf ihn geht auch der um 1560 erfolgte Bau der Kirche zurück.[5] Sein Sohn Joachim, der Putzar zusammen mit seinem Bruder Ludolf erbte, ließ zwischen 1575 und 1580, dazu rechtwinklig angeordnet, ein weiteres Renaissancegebäude, den Joachimsbau, errichten.[6]

Putzar war bis ins 20. Jahrhundert ein Gutsdorf. Auf der Matrikelkarte der Schwedischen Landesaufnahme von Vorpommern sind die beiden Herrenhäuser am südwestlichen Rand des Ortes dargestellt, unmittelbar östlich schließt sich der Wirtschaftshof an. In nordöstlicher Richtung folgt die Kirche. An der in östlicher Richtung verlaufenden Dorfstraße befanden sich beidseitig die Gehöfte der Gutsbauern der Gutsarbeiter und Tagelöhner mit kleinen Stallungen dahinter.[7]

1705 ließ Generalleutnant Detlow von Schwerin-Putzar die Kirche im Stil der Renaissance umgestalten. 1812 ließ Landrat[8] Heinrich von Schwerin ein zu Ehren seiner Gattin „Charlottenhorst“ genanntes Vorwerk einrichten. Unter Maximilian von Schwerin-Putzar wurde 1840 der Park angelegt.[6] 1862 hatte Putzar einschließlich eines Herrenhauses – der Ulrichsbau war seit dem 18. Jahrhundert eine Ruine[6] – 20 Wohnhäuser, 30 Wirtschafts- und 3 Technikgebäude, von letzteren eine Mühle. Der Ort hatte mit Gut 243 Einwohner.[4] Ab 1874 wurden an der Dorfstraße neue Häuser für die Tagelöhner gebaut.[6]

Abseits, nördlich in Richtung Glien, war die vom Gutsbezirk gebaute und finanzierte Dorfschule etabliert. 1,8 km westlich des Gutes gab es ein so genanntes „Mühlengut“, eine zum Gut gehörende Windmühle, die von einem Mühlenpächter betrieben wurde.(Quelle: Meßtischblatt 1880 u. 1920) 1912 wurde Putzar an die Mecklenburg-Pommersche Schmalspurbahn (MPSB) angeschlossen. Auf dem Gut wurde eine eigene Feldbahn mit zehn Kilometer festem und vier Kilometer beweglichem Gleis betrieben.[5]

Die Familie von Schwerin blieb weiter im Besitz des 1100 Hektar großen Gutes. Heinrich Graf Schwerin (1836–1888), verheiratet mit Charlotte Mühler, war u. a. Gutsherr und königlich preußischer Rittmeister. Des Weiteren übte er das Amt eines Generallandschaftsdirktors aus und stand somit der Ritterschaftsbank vor. Von ihm erbte sein Sohn Dr. jur. Christoph Graf Schwerin (1868–1923). Ab 1923 wohnte niemand mehr dauerhaft aus der Familie auf Putzar, das Gut wurde von einem Verwalter bewirtschaftet.[5] 1939 betrug nach dem letzten amtlich publizierten Güter-Adressbuch Pommern der konkrete Umfang 1133 Hektar, betreut durch Oberinspektor M. Hoff. Im Mittelpunkt des Gutsbetriebes stand eine intensive Schafsviehwirtschaft mit 1027 Tieren, eine große Schweinezucht mit 517 Tieren. Zum Rittergut Putzar und Anteile in Glien gehörte ein 50 Hektar Waldbesitz.[9] Letzter Eigentümer war nach dem Genealogischen Handbuch des Adels seit 1923 der Neffe Joachim Graf von Schwerin (1910–1952). Er wohnte als Leutnant d. R. um 1942[10] in Putzar und nach der Enteignung 1945 in Württemberg und gründete dort eine Familie.

Am 1. Juli 1950 wurde die bis dahin eigenständige Gemeinde Glien nach Putzar eingemeindet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden im Joachimsbau zunächst Flüchtlinge und Vertriebene untergebracht. Das später vernachlässigte, zeitweise als Lager genutzte Gebäude wurde nach dem Einsturz des Dachstuhls 1971 zur Ruine. Der zu DDR-Zeiten vernachlässigte Park wurde 1990 aufgeräumt und seitdem wieder gepflegt.[5]

Am 1. Januar 2012 wurde Putzar in die Gemeinde Boldekow eingegliedert.[11]

Sehenswürdigkeiten

  • Schloss Putzar – Ruinen und Landschaftspark
  • Kirche Putzar, 1560 erbaut, mit reicher Innenausstattung
  • Turmhügel „Rosenberg“ im Schlosspark Putzar
  • Landarbeiterkate Putzar, Fachwerkbau von 1556

Persönlichkeiten

Literatur

  • Leonhard Graf von Schwerin, Christoph Graf von Schwerin-Putzar: Geschichte von Putzar. Hofbuchdruckerei Max Görlich, Wernigerode, 1910. Digitalisat
  • Putzar. In: Geschichte des Geschlechts von Schwerin. In: Gerhard Geßner, Heinz F. Friederichs (Hrsg.): Deutsches Familienarchiv. Ein genealogisches Sammelwerk. Band 56. Verlag Degener & Co, Inhaber Gerhard Geßner, Neustadt an der Aisch 1973
  • Putzar. In: Fünfter Nachtrag zur Geschichte des Geschlechts von Schwerin. Hrsg.: Im Auftrag des von Schwerinscher Familienverband, Curd Christoph v. Schwerin. Degener & Co, Neustadt an der Aisch 2003.
Commons: Putzar – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Georg Winter: Pommersches Urkundenbuch. (PUB) Nr. 2294, 4. Band 1301–1310., Paul Niekammer, Stettin 1903, S. 230–231.
  2. Manfred Niemeyer: Ostvorpommern. Quellen- und Literatursammlung zu den Ortsnamen. Band 2: Festland. Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Institut für Slawistik, Greifswald 2001, ISBN 3-86006-149-6, S. 108 (=Greifswalder Beiträge zur Ortsnamenkunde, Band 2).
  3. Uwe Schwarz: Die niederadligen Befestigungen des 13. bis 16. Jahrhunderts im Bezirk Neubrandenburg. Berlin 1987, S. 30–31.
  4. Heinrich Berghaus: Landbuch des Herzogthums Pommern und des Fürstenthums Rügen. 2. Teil, Band 1. W. Dietze, Anklam / Berlin 1865, S. 344–349 (Google Bücher)
  5. Eckhard Oberdörfer: Ostvorpommern. Vom Amazonas des Nordens zu den Kaiserbädern – ein Reise- und Lesebuch. Edition Temmen, Bremen 2006, ISBN 3-86108-917-3, S. 55–56.
  6. Neidhardt Krauß, Egon Fischer: Unterwegs zu Burgen, Schlössern und Parkanlagen in Vorpommern. Hinstorff Verlag, Rostock 1991, ISBN 3-356-00391-7, S. 16–18.
  7. Putzar. (DjVu) In: Svea-Pommern. Karten und Texte der schwedischen Landesaufnahme von Pommern 1692–1709. Abgerufen am 7. Juli 2013.
  8. Walter von Leers: Die Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. 1705–1913. In: Verein der ehemaligen Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. (Hrsg.): Schüler-und Alumnatsverzeichnis. I von IV, von Schwerin, Heinrich-Zögling-RA-No. 687. Selbstverlag. Gedruckt in der Buchdruckerei P. Riemann, Belzig / Ludwigslust 1913, DNB 361143532, S. 131 (staatsbibliothek-berlin.de).
  9. Landwirtschaftliches Adreßbuch der Provinz Pommern 1939. Verzeichnis von ca. 20000 landwirtschaftlichen Betrieben von 20 ha aufwärts mit Angabe der Besitzer, Pächter und Verwalter, der Gesamtgröße des Betriebes und Flächeninhalt der einzelnen Kulturen; nach amtlichen Quellen. In: H. Seeliger (Hrsg.): Letzte Ausgabe Reihe Paul Niekammer. 9. Auflage. Band I f. Ausgabe Pommern, Kreis Anklam. Verlag von Niekammer’s Adreßbüchern, Leipzig 1939, S. 2 (google.de Reprint Klaus D. Becker Potsdam).
  10. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser. Zugleich Adelsmatrikel der Deutschen Adelsgenossenschaft. Teil A (Uradel). 1942. Teil A. Gräfliche Häuser des spätestens um 1400 nachgewiesenen ritterbürtigen deutschen Landadels und ihm gleichartiger Geschlechter (Deutscher Uradel). In: "Der Gotha". 115. Auflage. Schwerin, A. (Schweringsburg). 1. Haus (Schwerinsburg, Putzar). Justus Perthes, Gotha 22. November 1941, S. 504–505 (google.de).
  11. Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 2012 StBA
  12. Maximilian Graf von Schwerin-Putzar: An seine Wähler. Gedruckt bei W. Moeser, Berlin 1858, S. 1–40 (google.de).
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