Psalm 6

Der 6. Psalm ist ein Psalm Davids und steht traditionell in der Reihe der sieben Bußpsalmen. Heute wird der Psalm in die Reihe der Klagelieder eingeordnet.

Eine französische Miniatur des Psalms aus dem 15. Jahrhundert

Gattung

Seit AugustinusEnarrationes in Psalmos wurde der Psalm über lange Zeit,[1] zuletzt noch von Eduard König bis zum Aufkommen der formgeschichtlichen Methode Anfang des 20. Jahrhunderts zu den Bußpsalmen gezählt.[2]

Seitdem wird der Psalm aber nach Hermann Gunkel eher in die Reihe der Individualklagelieder eingeordnet[3] und zuweilen in dieser Einordnung als „Krankenpsalm“ präzisiert.

Gliederung

In der Forschung gibt es sehr viele unterschiedliche Ansätze zur Gliederung des Psalmens. Der Alttestamentler Antonius Kuckhoff hat all diese Ansätze zusammengetragen.[4] Diese sind:

2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Begründung Urheber
Bitte und Klage Jubel über Erhörung Stimmungsumschwung
von Vers 8 nach 9
Nicolaas Herman Ridderbos
Teil I Teil II Stichwortverbindung
in Vers 6 und 11
Marc Girard
Teil I Teil II Pierre Auffret
Teil I Teil II A.A. Da Silva
Strophe A Strophe B Strophe C Strophe D Strophe E
Strophe 1 Strophe 2 Strophe 3 stilistisch Erich Zenger
und andere
Strophe 1 Strophe 2 Strophe 3 stilistisch Aletti, Jacques Trublet,
Claus Westerman
und andere
Strophe 1 Strophe 2 Strophe 3 Strophe 4 stilistisch Eduard König, Terrien
und andere
Strophe 1 kommentierende
Glosse
Strophe 2 Strophe 3 Strophe 4 kommentierende
Glosse
stilistisch Oswald Loretz
Anrufung
JHWHs
Bitten Schilderung
der
Situation
Erhörungs-
bezeugung
Hans-Joachim Kraus

Der erste Vers ist nur Einleitungsvers und wird daher nicht in die Gliederung miteinbezogen.

Anmerkungen

Überschrift (Vers 1)

Die Psalmüberschrift kann verschieden gedeutet werden[5]:

  • Als Hinweis für den Chorleiter
  • für die musikalische Aufführung (Saitenspiel)
  • eschatologisch in Hinblick auf die Endzeit (das legt die möglicherweise falsche Übersetzung der Septuaginta nahe)

Besonders der Scholastik wurde gerne hervorgehoben, dass die Zahl Acht in der Bibel häufig vorkomme. Zum Beispiel die Beschneidung nach acht Tagen oder acht Überlebende der Sintflut.

Auslegungsgeschichte

Für Martin Luther ist der 6. Psalm sehr wichtig. Anhand dessen stellt er verschiedene zentrale Punkte seiner Theologie fest:

  • Die Feindschaft der Feinde solle nicht von den Feinden angenommen werden, sondern von Gott. Wer die Menschen ansehe, werde ungeduldig
  • Der Betende solle sich vor dem Zorn Gottes fürchten und bitten, dass er gestraft werden möge als ein Kind Gottes
  • Nur wer sich für verloren halte, könne die Hilfe Gottes empfangen.

Rezeption

In der Benediktsregel heißt es: „Zur Prim am Montag singt man drei Psalmen, nämlich Psalm 1, Psalm 2 und Psalm 6.“ Heinrich Schütz vertonte diesen Psalm in seinen Psalmen Davids unter dem Ach, Herr, straf mich nicht SWV 24. Der Psalm bildete die Grundlage für Johann Georg Albinis Choral Straf mich nicht in deinem Zorn (1686, Auszug; EKG 176). Der französische Komponist Henry Desmarest verarbeitete den Psalm mit den Domine ne in furore in seinem Werk Grands Motets Lorrains.

Literatur

  • Antonius Kuckhoff: Psalm 6 und die Bitten im Psalter: ein paradigmatisches Bitt- und Klagegebet im Horizont des Gesamtpsalters (= Bonner biblische Beiträge. Band 160). V&R unipress, Göttingen 2011, ISBN 978-3-89971-776-1.
  • Hans-Christian Knuth: Zur Auslegungsgeschichte von Psalm 6 (= Beiträge zur Geschichte der biblischen Exegese. Band 11). Mohr Siebeck, Tübingen 1971, ISBN 3-16-131551-0.
Commons: Psalm 6 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Beispielsweise von Gregor dem Großen, In septem Psalmos Paenitentialis; Alkuin, Expositio in Psalmos Poenitentialis; Cassiodor, Expositio in Psalmorum; Martin Luther, Dictata super Psalterium und Operationes in Psalmos
  2. Kuckhoff: Psalm 6 und die Bitten im Psalter. 2011, S. 14 f.
  3. Hermann Gunkel: Die Psalmen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1986, S. 21.
  4. Kuckhoff: Psalm 6 und die Bitten im Psalter. 2011, S. 37 ff.
  5. Hans-Joachim Kraus: Psalmen. 6. Auflage. 1989, S. 25.
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