Pruchnik
Pruchnik ist eine Stadt mit 3300 Einwohnern in Polen. Sie liegt neunzehn Kilometer südwestlich von Jarosław an der Mleczka und gehört dem Powiat Jarosławski in der Woiwodschaft Karpatenvorland an. Pruchnik ist vor allem für die zahlreichen sehenswerten Holzhäuser mit Bogengängen aus dem 19. Jahrhundert bekannt.
Pruchnik | |||
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Basisdaten | |||
Staat: | Polen | ||
Woiwodschaft: | Karpatenvorland | ||
Powiat: | Jarosław | ||
Gmina: | Pruchnik | ||
Geographische Lage: | 49° 55′ N, 22° 31′ O | ||
Einwohner: | 3778 (31. Dez. 2016) | ||
Postleitzahl: | 37-560 | ||
Telefonvorwahl: | (+48) 16 | ||
Kfz-Kennzeichen: | RJA | ||
Wirtschaft und Verkehr | |||
Straße: | Bundesstraße 880, Bundesstraße 881 | ||
Eisenbahn: | Jarosław Główny | ||
Nächster int. Flughafen: | Rzeszów-Jasionka | ||
Verwaltung | |||
Bürgermeister: | Wacław Szkoła | ||
Webpräsenz: | pruchnik.pl |
Geographische Lage
Die Stadt liegt am Fluss Mleczka, am südlichen Rand des Kreises Jarosław, an der Straße von Rzeszów nach Przemyśl. Das Umland charakterisiert sich durch typisch landwirtschaftliche Gebiete, eine hügelige Landschaft, welche leicht bewaldet ist. Etwas höher, Ein Hügel des Dynów-Gebirges, ist von Süden aus sichtbar.
Die Stadt hat einen Straßenplan mit einem großen Marktplatz und einer informellen Unterteilung in die Stadt Pruchnik Dolny und Pruchnik Górny (früher Vorstädte, eigentlich Dörfer).
Gmina
Die Stadt-und-Land-Gemeinde (gmina miejsko-wiejska) Pruchnik umfasst ein Gebiet von 78,26 km² mit 9.536 Einwohnern.
Geschichte
Die Siedlung bestand wahrscheinlich in der Mitte des 14. Jahrhunderts, möglicherweise schon früher in der Zeit des Fürstentums Galizien (Burgruine auf einem Hügel im Süden). Die genaue Zeit der Anlegung der Stadt vor dem 15. Jahrhundert ist unbekannt.[1] Die ersten Erwähnungen tauchten in den Jahren 1397 (Abschrift aus 1555) als Prochnyk und Prochnyky (1421) auf. Der Ortsname ist vom Appellativ próchno (ukrainisch porochno, deutsch morsches Holz, Mulm) mit dem Suffix -ik abgeleitet. Die plurale Form aus 1421 signalisierte schon mehrere, rechtlich separate Siedlungen, in der Vergangenheit als Pruchnik-Miasto (Stadt), Pruchnik-Wieś (Dorf), Próchnik Dolny (Nieder-Pruchnik), Próchnik Górny (Ober-Pruchnik) oder suburbio (Vorstadt, eigentlich zwei Vorstädte bzw. Dörfer) bezeichnet.[2]
Die Familie der Besitzer nahm die Nachname Pruchnicki nach der Stadt an. 1397 wurde der örtliche römisch-katholische Pfarrer Bernhard erwähnt.[1] Nach Kurt Lück war die Stadt damals überwiegend von deutschen Stadtbürgern bewohnt.[3] Später wurde die Stadt zu einem polnischsprachigen Schtetl. 1772, bei der Ersten Teilung Polens kam die Stadt zu Österreich. Im Jahre 1935 wurden dem Ort die Stadtrechte entzogen. Zum 1. Januar 2011 erhielt der Ort wieder Stadtrecht.[4]
Architektur
Das Zentrum hat seine ursprüngliche, wohl noch aus der Zeit der Stadtgründung geprägte räumliche Anordnung mit einem Marktplatz und mehreren davon ausgehenden Gassen bewahrt. Von den stark vernarbten, kleinstädtischen Holzbauten sind etwa 40 Gebäude, die meisten mit charakteristischen Arkaden, die einst Wohnhaus, Handwerkswerkstatt und Handelsplatz waren, erhalten geblieben. Einige von ihnen wurden erneuert. Die ältesten stammen aus dem 18. Jahrhundert.
Kultur
Donnerstags findet der wöchentliche Markt statt. Jährliche stattfindende Festakte mit Bühnen- und Rahmenprogramm sind die "Dni Pruchnika" sowie die "Pruchnickie Sochaczki".
Wichtige Zeremonien wie Feiertage und Festakte werden durch die traditionelle Ehrengarde der Stadt, den „Honorowa straz bozego grobu“ oder kurz „Grobowcy“ begleitet.
Sport
Im Ort gibt es den Fußballverein „LKS Start Pruchnik“. In der Saison 2019/2020 spielte der Verein spielt zum zweiten Mal in der Geschichte in der 4. Karpaten-Liga. Das Stadion hat ein Fassungsvermögen von 300 Plätzen. Die Tribüne ist seit dem Jahr 2022 vollständig überdacht. Außerdem verfügt das Stadion über Flutlicht und eine Laufbahn.
In der Nähe des Gymnasiums wurde 2012 im Zuge der gleichjährig stattfindenden Fußball-Europameisterschaft in Polen und Ukraine der Kunstrasenplatz „Orlik“ mit anliegender multifunktional nutzbaren Fläche eröffnet. Der Platz ist Einwohnern der Stadt frei zugänglich. Des Weiteren findet hier neben der Turnhalle, in welcher Handball-, Volleyball- und Tischtennisspiele ausgetragen werden, der Sportunterricht des Gymnasiums statt.
Aufgrund der umliegenden Landschaft ist die Stadt beliebt für Fahrradsport. Es finden regelmäßig Amateur Fahrradrennen statt. Im Jahre 2022 fand ein Teil der dritten Etappe der Polen-Rundfahrt in Pruchnik statt.
Sehenswürdigkeiten
- Marktplatz und Holzhäuser
- Aussichtsturm
- Burgruine
- Rathaus
- Park
- historische Denkmähler und Obelisk
- Wandgemälde von Arkadiusz Andrejkow
- Gemeinde-Museum
Religion
Die Stadt war anfänglich überwiegend römisch-katholisch. In Pruchnik besteht die katholische St.-Nikolaus-Kirche. Sie ist nach dem Patronen des heiligen Nikolauses benannt. Zu der katholischen Kirchengemeinde gehört darüber hinaus ein Friedhof, welcher sich nördlich der Stadt befindet sowie ein Gemeinde-Museum.
Zentral gelegen befindet sich außerdem eine ehemalige jüdische Synagogue, die vor dem Zweiten Weltkrieg der jüdischen Mehrheit der Stadt diente. Sie wird heute als „Kulturhaus“ verwendet in der sich die städtische Bibliothek und eine Veranstaltungshalle mit Bühne befindet. Vor den Toren der Stadt sind außerdem Überreste eines jüdischen Friedhofes zu erkennen.
Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in der Stadt, sowie in der Umgebung viele, meistens sprachlich polonisierten Griechisch-katholiken.[5] Nach dem Jahr 1611 wurde eine orthodoxe Holzkirche in der Stadt errichtet. 1871 wurde eine neue gemauerte Kirche erbaut, nach der Aktion Weichsel verlassen.
Kontroversen
Die traditionelle Praxis im Zusammenhang mit den Osterfeiern in Pruchnik ist das Verbrennen und Ertränken einer „Judas“-Puppe, welche offensichtlich die klischeehaften Merkmale eines orthodoxen Anhängers des Judentums aufweist, die auch in nationalsozialistischer Zeit von Antisemiten verwendet wurden (krumme Nase, orthodoxe Kopfbedeckung und Haartracht). Die Marionette wird von einer Gruppe der Pruchnik-Einwohner durch die Stadt gezerrt. Unter ihnen sind auch Kinder. Die Puppe wird von Erwachsenen und Kindern geschlagen. Letztendlich wird ihr der Kopf abgeschnitten und sie wird am Bauch aufgerissen. Anschließend wird sie im Fluss ertränkt. Das Ritual des Judasgerichts in Pruchnik vom April 2019, bei dem judenfeindliche Slogans als Ermutigung zum Schlagen verwendet wurden, wurde vom World Jewish Congress (WJC) für antisemitisch erklärt und auch durch den polnischen Vorsitzenden des Komitees der katholischen Kirche für den Dialog mit dem Judentum – Bischof Rafał Markowski – verurteilt. Laut polnischer Presse soll es sich um einen schon im 18. Jahrhundert verbreiteten Brauch handeln. Die Journalisten hätten jedoch nicht herausfinden können, von wem die Initiative gestammt habe, die Veranstaltung zehn Jahre nach der letzten Durchführung 2009 wieder aufleben zu lassen.[6][7] Das kontroverse Brauchtum wurde nach 2019 eingestellt und nicht mehr praktiziert.
Weblinks
- Pruchnik. In: Filip Sulimierski, Władysław Walewski (Hrsg.): Słownik geograficzny Królestwa Polskiego i innych krajów słowiańskich. Band 9: Poźajście–Ruksze. Walewskiego, Warschau 1888, S. 70 (polnisch, edu.pl).
- Fehler (Memento vom 5. März 2016 im Internet Archive) in: republika.pl, 2010
Einzelnachweise
- Krzystof Wolski: Osadnictwo okolic Pruchnika w XV wieku. Przemyśl 1958, S. 13, 22–23 (polnisch, online [PDF]).
- Kazimierz Rymut, Barbara Czopek-Kopciuch: Nazwy miejscowe Polski: historia, pochodzenie, zmiany. 9 (Po-Q). Polska Akademia Nauk. Instytut Języka Polskiego, Kraków 2013, S. 264 (polnisch, online).
- Deutsche Besiedlung Kleinpolens und Rotreußens im 15. Jahrhundert. Bearbeitet u. gezeichnet von Kurt Lück, 1934.
- Rozporządzenie Rady Ministrów z dnia 27 lipca 2010 r. Dz.U. z 2010 r. nr 138 poz. 929. In: Dziennik Ustaw auf der Website des ISAP. Kanzlei des Sejm, 2010, abgerufen am 1. Januar 2011 (polnisch, PDF-Datei s. Tekst ogłoszony).
- Detaillierte ethnische Karte Ostgaliziens im Jahr 1939 von Wolodymyr Kubijowytsch
- Bericht der Jüdischen Allgemeinen, abgerufen am 24. April 2019
- Polnische Gemeinde Pruchnik zelebriert antisemitisches „Judasgericht“. www.fr.de, 21. April 2019