Privatautobahn

Als Privatautobahn wird eine von einer privaten Betreibergesellschaft unterhaltene Autobahn bezeichnet. Europaweit existieren unterschiedlichste Formen von Betreibermodellen.

Deutschland

In Deutschland ist die Finanzierung, der Bau und der Unterhalt von Autobahnen Aufgabe des Staates. Die Ausführung wurde an die Straßenbauverwaltungen der Bundesländer delegiert.

Ab 2005 setzte das Verkehrsministerium an verschiedenen Autobahnen privatwirtschaftliche Betreibermodelle um, bei denen z. B. Bau, Betrieb und Unterhalt für einen fest definierten Zeitraum in private Hände gegeben werden. Bis 2014 waren sechs Betreibermodell-Projekte umgesetzt worden.[1] Bis 2016 wurden eine weitere Strecke komplett und eine teilweise in Betrieb genommen. Ein wesentliches Finanzierungsinstrument sind staatliche Einnahmen aus der LKW-Maut.

Erste Staffel 2005–2009

2005 bis 2009 wurde eine erste Staffel von Privatisierungen mit vier A-Modell-Pilotvorhaben gestartet. Diese umfassten Teilstücke von großen, verkehrsreichen und ausbaurelevanten deutschen Autobahnen. Das Bauvolumen betrug 1,1 Milliarden Euro. Diese Autobahnstücke wurden für 30 Jahre an Betreibergesellschaften überführt, die für diesen Zeitraum die volle Betriebsverantwortung für das jeweilige Autobahnstück übernahmen und sich zum Ausbau des Autobahnteilstücks verpflichteten. Im Gegenzug erhalten sie während der Laufzeit die LKW-Mauteinnahmen, die auf dem jeweiligen Teilstück erlöst werden. Diese Art des Betriebs, der Errichtung beziehungsweise des Ausbaus wird als Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP) bezeichnet. Das Projektvolumen für die Vertragslaufzeit beträgt 3,3 Milliarden Euro. Die Konzessionsstrecke erstreckt sich auf 230 Kilometer – davon 175 Kilometer als sechsstreifiger Ausbau.[2][3]

Zweite Staffel 2009–2015

Eine zweite Staffel startete 2009. Diese umfasst eine Strecke von etwa 450 Kilometer. Dabei sollen vor allem die Gesichtspunkte „Wirtschaftlichkeit“ und „Minimierung der Eingriffe in den bestehenden Betriebsdienst“ Beachtung finden. Einige Projekte wurden bereits vergeben und weitere Vergaben sind in Vorbereitung.[4]

Dritte Staffel ab 2015

Im Sommer 2015 wurde vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur ein Programm zur Durchführung weiterer ÖPP-Projekte gestartet.[5] Damit werden weitere Projekte während der Laufzeit des kommenden Bundesverkehrswegeplans 2030 umgesetzt werden.

Betreiber

Derzeit (Stand März 2021) gibt es neun Betreibergesellschaften:

  • A1 mobil GmbH & Co. KG
  • autobahnplus a8 GmbH
  • Isentalautobahn GbR
  • Pansuevia GmbH & Co. KG
  • ViA6West GmbH & Co. KG
  • Via Solutions Thüringen GmbH & Co. KG
  • Via Solutions Südwest GmbH & Co. KG
  • Via Solutions Nord GmbH & Co. KG
  • Via Gateway Thüringen GmbH & Co. KG

autobahnplus ist das erste in Deutschland umgesetzte Betreibermodell. Dabei handelte es sich um ein privates Bieterkonsortium. Dieses hatte sich zum Ausbau des Teilstücks der A 8 zwischen Augsburg und München von zwei auf drei Spuren pro Fahrtrichtung verpflichtet. PANSUEVIA Services betreibt einen weiteren Streckenabschnitt auf der A 8. Die Betreibergesellschaft Via Solutions Thüringen ist für einen 44,7 km langen Abschnitt auf der A 4 zuständig. 2008 bekam die A1 mobil GmbH & Co. KG den Zuschlag für einen Autobahnabschnitt auf der A 1. Die Isentalautobahn GbR wird einen Autobahnabschnitt auf der A 94 errichten und für 30 Jahre unterhalten.

Die Betreibergesellschaft A1 mobil schreibt derzeit (Stand: 2017) hohe Verluste, da die Einnahmen aus der LKW-Maut deutlich unter den Erwartungen liegen.[6]

Streckenabschnitte (in Betrieb)

Zum 1. Januar 2016 wurden folgende Autobahnabschnitte in privater Hand betrieben:[4]

AutobahnBundeslandAbschnittLängeStatusBetreiber
A 1NiedersachsenAD Buchholz (43) – AK Bremen (53)73 kmin Betrieb[A 1]A1 mobil GmbH & Co. KG, Sittensen
A 4ThüringenLandesgrenze Hessen/Thüringen – AS Gotha (42)45 kmin Betrieb[A 2]Via Solutions Thüringen GmbH & Co. KG, Eisenach
A 5Baden-WürttembergHöhe Malsch – AS Offenburg (55)59,8 kmin BetriebVia Solutions Südwest GmbH & Co. KG, Bühl
A 7Schleswig-Holstein/HamburgAS Neumünster-Nord (13) – AD Hamburg-Nordwest (25)59 kmin Bau/BetriebVia Solutions Nord GmbH & Co. KG, Essen
A 8BayernAS Leipheim (66) – AS Augsburg-West (72)41 kmin Betrieb[A 3]Pansuevia GmbH & Co. KG, Jettingen-Scheppach
A 8BayernAS Augsburg-West (72) – AD München-Eschenried (79)52 kmin Betrieb[A 4]autobahnplus a8 GmbH, Dasing
A 9ThüringenAS Lederhose (25b) – Landesgrenze Thüringen/Bayern46,5 kmin BetriebVia Gateway Thüringen GmbH & Co. KG, Gefell
A 99BayernEschenrieder Spange1,5 kmin Betriebautobahnplus a8 GmbH, Dasing. Dieser Abschnitt ist ein Teilstück der bereits oben genannten Strecke und in den 52 km enthalten.
  1. erste Staffel von 2005-2009
  2. erste Staffel von 2005-2009
  3. erste Staffel von 2005-2009
  4. erste Staffel von 2005-2009

Streckenabschnitte (in Realisierung)

Der Neubau, Ausbau oder die Sanierung folgender Autobahnabschnitte sowie der Betrieb durch private Betreibergesellschaften wurde vergeben oder eine Vergabe ist geplant:[7]

AutobahnBundeslandAbschnittMaßnahmeStatus Konzession
A 1Nordrhein-WestfalenAK Lotte/Osnabrück – AS Münster-NordAusbau/Betriebgeplant
A 3BayernAK Biebelried – AK Fürth/ErlangenAusbau/Betriebvergeben an A3 Nordbayern GmbH & Co. KG
A 4ThüringenAS Gotha – Landesgrenze Thüringen/SachsenBetriebgeplant
A 6Baden-WürttembergAS Wiesloch-Rauenberg – AK WeinsbergAusbau/Betriebvergeben an ViA6West GmbH & Co. KG
A 6Baden-WürttembergAK Weinsberg – AK Feuchtwangen/CrailsheimAusbau/Betriebgeplant
A 7NiedersachsenAD Salzgitter – AS GöttingenAusbau/BetriebVergabe läuft
A 8BayernRosenheim – Bundesgrenze D/AAusbau/Betriebgeplant
A 8Baden-WürttembergAlbaufstiegAusbau/Neubau/Betriebgeplant
A 10
A 24
Berlin/BrandenburgAS Neuruppin – AD PankowAusbau/Betriebgeplant
A 20Niedersachsen/Schleswig-HolsteinElbquerungNeubau/Betriebgeplant
A 26Hamburg/NiedersachsenHamburg (A1) – RübkeNeubau/Betriebgeplant
A 30Nordrhein-WestfalenAS Rheine-Nord – AK Lotte/Osnabrück---/Betriebgeplant
A 44HessenAS Kassel-Süd – AS DiemelstadtAusbau/BetriebVergabe läuft
A 49HessenAK Kassel-West – A 5Neubau/Betriebgeplant
A 57Nordrhein-WestfalenKöln – MoersAusbau/Betriebgeplant
A 94BayernAS Forstinning – AS MarktlNeubau/Betriebvergeben an Isentalautobahn GbR
A 61
A 65 teilw.
A 650 teilw.
Rheinland-PfalzAS Worms – Landesgrenze Rheinland-Pfalz/Baden-WürttembergAusbau/Betriebgeplant
A 281BremenWeserquerungNeubau/Betriebgeplant

Österreich

In Österreich wird das Autobahnnetz durch die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG) geplant, errichtet, betrieben, unterhalten und bemautet. Es handelt sich dabei zwar um eine Aktiengesellschaft; diese ist aber vollständig im Eigentum des österreichischen Staates.

Einzelnachweise

  1. ÖPP-Projekte in Deutschland: Privat gebaute Autobahnen sind teurer, Spiegel Online, 12. Juni 2014, abgerufen am 18. September 2016.
  2. Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Die vier A-Modell-Pilotprojekte (1. Staffel, ab 2005) (Memento des Originals vom 31. Oktober 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bmvi.de. Online auf www.bmvi.de, abgerufen am 31. Oktober 2016.
  3. Reiner Beichler: Autobahn 4 nun vollständig befahrbar, Eisenach Online vom 7. September 2010.
  4. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Mögliche weitere ÖPP-Projekte (insbesondere 2. Staffel ab 2009) (Memento des Originals vom 29. Oktober 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bmvi.de. Online auf www.bmvi.de, abgerufen am 30. Oktober 2016.
  5. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Deutschlands Infrastruktur wird modernisiert, bmvi.de, 20. Juli 2015, abgerufen am 16. Dezember 2015.
  6. Manager Magazin: www.manager-magazin.de Private Autobahnpleite könnte teuer für den Staat werden, 27. August 2017, online auf www.manager-magazin.de, abgerufen am 31. August 2017.
  7. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) - Bundesfernstraßen - Pilotprojekte und weitere Vorhaben. PDF (4,82 MB), online auf www.bmvi.de, abgerufen am 30. Oktober 2016.
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