Präsidialrat (Staatsoberhaupt)
Ein Präsidialrat als Staatsoberhaupt stellt eine Organisationsform der Exekutive dar, bei der ein mehrköpfiges Gremium anstelle des Präsidenten oder Königs steht.[1]
Geschichtliche Beispiele
Präsidialräte als Staatsoberhaupt kommen meist in der Übergangsphase von Staaten auf:
- Im April 1990 wurde in der Sowjetunion für den am 14. März 1990 zum Präsidenten der UdSSR gewählten Michail Gorbatschow ein Präsidialrat eingerichtet, der mit sechzehn der wichtigsten politischen Entscheidungsträgern besetzt war.[2] Das Politbüro der Kommunistischen Partei der Sowjetunion verlor an Einfluss.
- In der Ungarischen Volksrepublik war von 1949 bis 1989 der Präsidialrat das kollektive Staatsoberhaupt, an dessen Spitze ein Vorsitzender stand.
- Seit dem Sturz Saddam Husseins hat der Irak einen Präsidialrat mit je einem kurdischen, schiitischen und sunnitischen Vertreter an der Staatsspitze. Die Ernennung einer Regierung ist nur im Konsens möglich.[3]
- Im Februar 2004 sah ein Plan Kofi Annans zur Wiedervereinigung Zyperns die Einsetzung eines aus vier Zyperngriechen und zwei Zyperntürken bestehenden Präsidialrates vor, dessen Vorsitz nach dem Vorbild des Schweizer Bundesrates alle zehn Monate wechseln sollte.[4]
- Während der Revolution in Ägypten 2011 forderte die Opposition nach dem Rücktritt des ägyptischen Staatspräsidenten Husni Mubarak die Einsetzung eines Präsidialrats. Die Armee setzte stattdessen den Obersten Rat der Streitkräfte ein.[5][6]
- Im Juli 2011 schlug Abdul Ilah al-Chatib in seiner Rolle als Sondergesandter der Vereinten Nationen für das vom Bürgerkrieg heimgesuchte Libyen einen Präsidialrat vor, um zu einem Waffenstillstand zu kommen. Dieser hätte mit zwei Vertretern aus dem Osten und zwei aus dem Westen des damals zweigeteilten Landes besetzt werden sollen. Der Inhaber des fünften Sitzes hätte von den vier anderen gewählt werden sollen.[7]
Einzelnachweise
- Mohammed al-Senussi: Der Prinz von Libyen im Handelsblatt am 27. August 2011.
- Christian Schmidt-Häuer: Das Machtzentrum der Sowjetunion: Gorbatschows neue Garde in der Zeit vom 27. April 1990.
- Irak nach dem Krieg in Landeszentrale für politische Bildung, Baden-Württemberg
- Jürgen Reuter: Der UNO-Zypernplan – eine politische und rechtliche Analyse Auslandsinformationen der Konrad-Adenauer-Stiftung am 28. Feb. 2003.
- Ägyptens Reformkräfte fordern einen Präsidialrat im Neuen Deutschland am 15. Februar 2011.
- Mubarak tritt nicht zurück – Massen wütend in der Wiener Zeitung am 10. Februar 2011.
- Khaled Mahmoud: UN envoy to Libya proposes peace initiative – Sources (Memento des vom 18. Januar 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Asharq al-Awsat am 26. Juli 2011
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