Präsident der Europäischen Union
Als Präsident der Europäischen Union (EU-Präsident) wird in der Debatte um das politische System der Europäischen Union ein höchstes Amt im Sinne eines Staats- oder Regierungschefs diskutiert.
Allgemeine Verwendung
Als „EU-Präsident“ werden landläufig der Präsident des Europäischen Rates (des Kollegiums der Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten, einem politischen Planungsgremium) oder der Präsident der Europäischen Kommission (der obersten Exekutive) bezeichnet. Während der Präsident des Europäischen Rates für jeweils zweieinhalb Jahre vom Europäischen Rat alleine ernannt wird, benötigt der auf fünf Jahre gewählte Kommissionspräsident neben der Wahl durch den Europäischen Rat die Zustimmung des Europäischen Parlaments.
Die Stellung des Präsidenten des Europäischen Rates könnte man als die eines Staatspräsidenten bezeichnen, obwohl es strenggenommen in Nationalstaaten keine wirkliche Entsprechung für sein Amt gibt. Am ehesten vergleichbar ist in föderalen Staaten der Vorsitzende einer Versammlung der Chefs der Regierungen der Gliedstaaten (z. B. der Landeshauptleutekonferenz in Österreich), der aber meist bei weitem nicht dessen Einfluss hat. Das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission ist mit dem eines Ministerpräsidenten vergleichbar.
Der manchmal ebenfalls als „EU-Präsident“ bezeichnete Präsident des Europäischen Parlaments oder der Vorsitzende des Rates der Europäischen Union (dem Ministerrat, im Halbjahresturnus) sind beide als typische Parlamentsvorsitzende keine Staats- oder Regierungschefs, sondern Ordnungsorgane der obersten Instanzen der Legislative (Parlamentssprecher).
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Reformdebatte
Im Europäischen Konvent, der den EU-Verfassungsvertrag von 2004 ausarbeitete, wurde über eine Doppelfunktion diskutiert (Doppelhut-Debatte). Zur Debatte[1] stand im Verfassungskonvent der große Doppelhut,[2] nämlich die Zusammenlegung der Ämter des Kommissionspräsidenten und des Vorsitzenden des Europäischen Rates (wechselte im Halbjahresturnus der Staaten) zu einem Präsidenten der Europäischen Union. Ziel war dabei, die Europäische Kommission und den Europäischen Rat besser miteinander zu verzahnen und doppelte Zuständigkeiten bei der politischen Führung und in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik abzubauen. Der Vorschlag des großen Doppelhuts konnte sich im Verfassungskonvent jedoch nicht durchsetzen. Stattdessen wurde das Amt eines hauptamtlichen Präsidenten des Europäischen Rates geschaffen. Das Amt ist nicht an das des Kommissionspräsidenten gekoppelt; allerdings schließt der EU-Vertrag nicht ausdrücklich aus, dass der Kommissionspräsident in Personalunion zugleich Ratspräsident sein könnte, falls der Europäische Rat dies beschließt. Die im Verfassungsvertrag enthaltenen Neuerungen wurden später im Vertrag von Lissabon übernommen und traten 2009 in Kraft.
Weblinks
Einzelnachweise und Anmerkungen
- Ines Härtel: Handbuch Europäische Rechtsetzung. Springer, 2006, ISBN 3-540-30664-1, 2. Teil Die Kompetenzordnung der EU und die Akteure der Rechtssetzung, insb. S. 86 ff (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche). Und: Olaf Leiße (Hrsg.): Die Europäische Union nach dem Vertrag von Lissabon. Verlag Springer DE, 2010, ISBN 978-3-531-16072-6, Kapitel 2 Das Effizienz- und das Demokratieproblem und der Lissabon-Vertrag, insb. S. 86 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Der „kleine Doppelhut“ ist die – durchgeführte – Zusammenlegung der beiden Außenminister-artigen Ämter der EU zum Hohen Vertreters der EU für Außen- und Sicherheitspolitik.