POV-Ray
POV-Ray (Persistence of Vision – wörtlich etwa: Die Beharrlichkeit/Trägheit des Sehens/Nachbild auf der Netzhaut – wie nach einem Blick in die Sonne) ist ein Ray-Tracer, also ein 3D-Computergrafikprogramm. Die möglichen Mehrdeutigkeiten bei der Interpretation des Namens sind beabsichtigt. Der Rechenaufwand zur Bilderzeugung ist so hoch, dass ein Personal Computer auch heute (2018) mehrere Minuten bis Stunden oder sogar Tage mit der Berechnung eines einzigen Bildes beschäftigt sein kann.
POV-Ray | |
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Der Utah Teapot gerendert in POV-Ray unter Verwendung von Schattenwurf, specular-highlighting, farbigem Licht und bump mapping | |
Basisdaten | |
Erscheinungsjahr | Juli 1991[1] |
Aktuelle Version | 3.7.0.0[2] (7. November 2013) |
Betriebssystem | Plattformunabhängig |
Programmiersprache | C++[3] |
Kategorie | Ray-Tracer |
Lizenz | AGPLv3[4] |
deutschsprachig | nein |
www.povray.org |
Technik
POV-Ray ist ein reiner Renderer und beinhaltet keinen eigenen 3D-Modellierer. Die Definition der dargestellten Szene geschieht mittels einer eigenen Szenen-Beschreibungssprache (Scene-Description-Language, SDL), deren Syntax den Programmiersprachen C und C++ ähnelt. Zur Erstellung komplexer Modelle können externe Tools verwendet werden, beispielsweise Moray oder KPovModeler.
Im Gegensatz zu den sonst üblichen Renderern basieren die zugrundeliegenden Daten nicht auf Polygonen, sondern auf mathematischen Formeln und Körpern. Dadurch ist es beispielsweise möglich, Fraktale dreidimensional darzustellen. Dies hat jedoch zur Folge, dass die Kompatibilität stark eingeschränkt ist. Es gibt viele Konvertierungsprogramme von anderen 3D-Grafikformaten ins POV-Ray-Format, aber keines, welches POV-Ray-Daten ohne Informationsverlust in ein anderes Format umwandeln kann.
POV-Ray beherrscht Raytracing, eine daran angepasste Radiosity-Berechnung und rudimentäre Photon Maps zur Berechnung von Kaustiken.
Der Komplexität der gerenderten Bilder sind keine theoretischen Grenzen gesetzt; in der Praxis ist die zur Verfügung stehende Rechenzeit der begrenzende Faktor.
Geschichte
Um 1986 besaß David Kirk Buck einen Amiga-Computer. Einer seiner Freunde zeigte ihm zu dieser Zeit einen Raytracer, der jedoch nicht mit Bucks Amiga kompatibel war. Daher schrieb er die entsprechenden Treiber, um den Tracer selber nutzen zu können. Dieser Raytracer konnte lediglich eine schwarze oder weiße Ebene darstellen sowie einfache Kugeln. Da Buck jedoch trotzdem von dem Programm beeindruckt war, programmierte er das Programm ein wenig weiter, sodass dieses auch Farb-Darstellungen unterstützte. Dabei erkannte er, dass es besser sei, einen eigenen Raytracer zu entwickeln – DKBTrace war geboren.
Im Jahre 1987 oder 1988 wurde Buck von Aaron Collins kontaktiert, da dieser DKBTrace so modifiziert hatte, dass es – statt wie zuvor nur auf dem Amiga – auch auf einem PC einzusetzen war. Dadurch entstand eine Zusammenarbeit zwischen Buck und Collins. Während die zwei an Version 2.12 von DKBTrace – der letzten veröffentlichten Version – arbeiteten, wurden sie auf eine Gruppe von Menschen aufmerksam, die sehr interessiert an DKBTrace waren und viele verschiedene Szenen damit erstellten. Da diese Gruppe frustriert war, dass Buck und Collins nicht schnell genug neue Funktionen in DKBTrace einbauen konnten, machten sie den Vorschlag, einen weiteren neuen Raytracer zu entwickeln. Da Buck zu dieser Zeit immer weniger Zeit mit Raytracing verbrachte, machte er dieser Gruppe auf CompuServe das Angebot, einen neuen Raytracer auf Basis von DKBTrace zu entwickeln. Dieses Angebot verknüpfte er mit drei Bedingungen:
- Das Programm muss als Freeware angeboten werden sowie der Quellcode frei verfügbar sein
- Das Programm muss plattformunabhängig sein
- Das Programm muss einen anderen Namen als „DKBTrace“ haben
Da man mit diesen Bedingungen einverstanden war, begab man sich an die Namensfindung, wobei der Name „Persistence Of Vision Raytracer“ vorgeschlagen wurde, welcher letztendlich zu „POV-Ray“ gekürzt wurde.
Die erste veröffentlichte Version von POV-Ray – POV-Ray 0.5 – war im Grunde eine verbesserte Version von DKBTrace, denn POV-Ray 0.5 nutze noch die gleiche Syntax, hatte allerdings weit mehr Funktionen als DKBTrace 2.12. Erst mit Version 1.0 wurde eine eigene Syntax für POV-Ray entwickelt. Zur Zeit der Veröffentlichung von POV-Ray 2.0 verließ auch Buck das Entwickler-Team, nachdem Collins es bereits vorher verlassen hatte, und Chris Cason wurde Leiter des Entwickler-Teams.
Die derzeitige offizielle Version für alle Systeme von POV-Ray ist 3.7.0 (erschienen am 6. November 2013).[5] Die Version 3.7 beinhaltet als größte Neuerung die Unterstützung von Multithreading. Außerdem gibt es kleinere Syntaxänderungen und Sprachergänzungen. Ab der Version 3.7.0 wird die Software unter der GNU Affero General Public License Ausgabe 3 (AGPLv3) veröffentlicht.[4]
Versionen
Es existierten Versionen für fast alle gängigen Betriebssysteme, insbesondere einige die auf verteilten Systemen (Clustern) betrieben werden können. Somit steht die Rechenleistung von POV-Ray im direkten Verhältnis zur Anzahl der zur Verfügung stehenden Rechner und ist hierdurch skalierbar. Auf neueren MacOS-Versionen wird POV-Ray nicht mehr unterstützt.
- Verschiedene Gegenstände mit Radiosity gerendert
- Vier Präzisionswürfel
- „House of the Temple“ in Washington D.C.
Anwendung
Szenenaufbau
Eine Szene wird mittels einer Programmiersprache, der "Scene Description Language" (SDL), beschrieben[6]. Alle Elemente der Szene, wie Kamera, Lichtquellen, Objekte und Hintergrund, können sehr detailliert beschrieben werden. Die SDL enthält eine Reihe von Elementen, die auch "normale" Programmiersprachen ausmachen, wie zum Beispiel Variablen, Schleifen, Arrays, If-Abfragen usw. So lassen sich komplexe Szenen unter Umständen mit wenigen Programmzeilen beschreiben.
Beispiel-Grundszene
// Grundgerüst
#include "colors.inc"
global_settings {
assumed_gamma 1.0
}
camera {
location <0,0.5,-4>
look_at <0,0,0>
}
sky_sphere {
pigment {
gradient y
color_map {
[0.0 rgb <0.6,0.7,1.0>]
[0.7 rgb <0.0,0.1,0.8>]
}
}
}
light_source {
<-30,30,-30>
color rgb <1,1,1>
}
// Szeneninhalt
// Eine grüne Ebene
plane {
y, -1
pigment {
color rgb <0.2,0.8,0.2>
}
}
// Eine rote Kugel
sphere {
<0,0,1>, 1
texture {
pigment {
color Red
}
}
}
Solche Szenen können schnell große Komplexität annehmen, wenn man z. B. mit POV-Ray ein Gebäude nachbildet oder eine Animation erstellt.
Grundobjekte
Name | Syntax | Code | Ergebnis |
---|---|---|---|
Kugel |
sphere {
<x,y,z>,Radius
pigment {
color Farbe
}
}
|
sphere {
<0,1,0>,1
pigment {
color Red
}
}
|
|
Quader |
box {
<x-Ecke1,y-Ecke1,z-Ecke1>,
<x-Ecke2,y-Ecke2,z-Ecke2>
rotate <x-Drehung,y-Drehung,z-Drehung>
pigment {
color Farbe
}
}
|
box {
<0,0,0>,<1,1,1>
rotate <-30,0,30>
pigment {
color Red
}
}
|
|
Zylinder |
cylinder {
<x-unten,y-unten,z-unten>,
<x-oben,y-oben,z-oben>,Radius
pigment {
color Farbe
}
}
|
cylinder {
<0,0,0>,<1,1,1>,1
pigment {
color Red
}
}
|
|
Kegel(stumpf) |
cone {
<x-unten,y-unten,z-unten>,Radius-unten,
<x-oben,y-oben,z-oben>,Radius-oben
pigment {
color Farbe
}
}
|
cone {
<0,-1,0>,1,
<0,1,0>,0
pigment {
color Red
}
}
cone {
<0,-1,0>,1,
<0,1,0>,0.25
translate <5,0,0>
pigment {
color Red
}
}
|
|
Torus |
torus {
Hauptradius,Nebenradius
rotate <x-Drehung,y-Drehung,z-Drehung>
pigment {
color Farbe
}
}
|
torus {
0.5,0.2
rotate <0,30,30>
pigment {
color Red
}
}
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Weblinks
- Offizielle Website
- Kleine Einführung in das Programm
- Friedrich A. Lohmüller: POV-Ray Tutorial
- Icons mit Povray und deren Skripte
- sr-povray Eine von Leo Brewin um Lorentzkontraktion erweiterte Version 3.6
- Introduction to POV-Ray
Einzelnachweise
- http://www.povray.org/news/index.php#323
- Release 3.7.0.0. 7. November 2013 (abgerufen am 15. März 2018).
- The povray Open Source Project on Open Hub: Languages Page. In: Open Hub. (abgerufen am 3. September 2018).
- POV-Ray License. Persistence of Vision Raytracer Pty. Ltd., abgerufen am 6. November 2014.
- POV-Ray Download
- wiki.povray.org