Popcorn-Polymerisation

Die Popcorn-Polymerisation (auch proliferierende Polymerisation) ist eine radikalisch verlaufende Polymerisation, bei der aus Monomeren schaumige, krustige Polymerisatkörner mit unregelmäßiger Oberfläche entstehen. Deren Popcorn-artiges Aussehen ist namensgebend für diese Art der Reaktion. Charakteristisch für Popcorn-Polymere ist ihre Unlöslichkeit in gängigen Lösungsmitteln sowie eine beschränkte Quellfähigkeit.

Popcorn („Puffmais“) ist namensgebend für die Reaktionsprodukte der Popcorn-Polymerisation.

Reaktionsverlauf

Popcorn-Polymere entstehen durch Wachstum von Polymerketten aus einem „Popcorn-Keim“ („Popcorn-Kern“, „Popcorn-Zentrum“) heraus. Die Polymerisation beruht auf einem radikalischen Mechanismus, benötigt jedoch oftmals keinen Radikale liefernden Initiator. Die Radikale können sich auch durch Aufbrechen von Polymerketten unter der kombinierten Einwirkung von Polymerisation und Quellung entwickeln, wodurch eine große Anzahl von reaktiven Stellen gebildet wird. Infolgedessen werden an verschiedenen Stellen der Polymerketten an festen Positionen wachsende Ketten initiiert, die unabhängig voneinander weitere wachsende Zentren bilden, die nicht miteinander reagieren können. Die neu gebildeten Ketten verschlaufen sich mit den bereits gebildeten.[1][2] Die Bildung der ersten Keime benötigt eine längere Induktionsperiode, danach verläuft die Polymerisation rasch.[1][3][4][5]

Als Monomere für eine Popcorn-Polymerisation werden in der Literatur beispielsweise Styrol/Divinylbenzol, Acrylsäuremethylester, Butadien/Styrol und N-Vinyl-2-pyrrolidon angeführt.[6][7]

Zur Bildung von Popcorn-Keimen gibt es verschiedene Überlegungen:[5]

  • Eine als Popcorn-Keim fungierende Substanz müsse im Monomeren unlöslich, jedoch quellbar sein und eine genügende Anzahl an Gruppen aufweisen, die nach Aktivierung Radikale bilde können.
  • Popcorn-Bildung sei möglich, sobald die Kettenlänge der Moleküle groß genug sei, um sich ineinander zu verschlingen und ein „Gerüst“ auszubilden, das als Popcorn-Keim wirken könne.
  • Einige chemische Vernetzungsstellen (crosslinks) seien notwendig, einen Popcorn-Keim entstehen zu lassen.

Die charakteristische Form der Polymerkörner entstehe dadurch, dass die Polymerisation durch die Verschlaufung der Polymerketten räumlich gehindert verlaufe, wodurch es im Kettengerüst zu Spannungen komme, die in Deformationen der Partikelform resultiere.

Eigenschaften von Popcorn-Polymeren

Popcorn-Polymere sind in den gängigen Lösungsmitteln nahezu unlöslich. Aufgrund des Syntheseprozesses ist die Vernetzungsdichte hoch, weswegen eine relativ niedrige Quellfähigkeit resultiert.

Popcorn-Polymere können unerwünscht als Nebenprodukte bei Syntheseprozessen entstehen oder bei unsachgemäßer Lagerung von Monomersubstanzen.[7][6] Eine gezielt durch Popcorn-Polymerisation hergestellte Verbindung ist Polyvinylpolypyrrolidon (Crospovidon).

Einzelnachweise

  1. Harry G. Brittain: Analytical Profiles of Drug Substances and Excipients, Academic Press, 1996. S. 92 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  2. Bengt Ranby, Jan F. Rabek: ESR Spectroscopy in Polymer Research , Springer Science & Business Media, 2012. S. 115 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  3. W. Strohmeyer, P. Hartmann: Gezielte „Popcorn“ Polymerisation von Acrylsäurethylester mit Metallcarbonylderivaten. In: Z. Naturforsch. 19b (1964), S. 655 (PDF).
  4. M. Alger: Polymer Science Dictionary, Springer Science & Business Media (1997), S. 467 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  5. E.H. Immergut: Popcorn Polymerization. In: Macromolecular Chemistry and Physics, Band 10, Ausgabe 1 (1953), S. 93–106 doi:10.1002/macp.1953.020100108.
  6. Broja M. Mandal: Fundamentals of Polymerization, World Scientific, 2013. S. 144 (online einsehbar)
  7. E. Müller (Hrsg.): Methoden der Organischen Chemie (Houben-Weyl), Band 14/1, 4. Auflage (Georg Thieme Verlag, 1961), S. 98 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
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