Poggioreale (Gefängnis)

Poggioreale (Casa Circondariale di Napoli Poggioreale) ist der Name eines Gefängnisses für Männer in Neapel. Es befindet sich im gleichnamigen Stadtteil Poggioreale, der Haupteingang liegt in der Via Nuova Poggioreale 177.

Ein Teil des Gefängnisses Poggioreale, von der Seite aus gesehen.

Geschichte und Bauweise

Die Bauarbeiten wurden angesichts der Überfüllung der damaligen neapolitanischen Gefängnisse 1905 von der Firma Cacciapuoti fu Salvatore begonnen, aber erst im Jahr 1914 abgeschlossen.[1] Die von der italienischen Regierung bewilligten Kosten beliefen sich in der damaligen Währung auf 6,5 Millionen Lire. Während des Ersten Weltkriegs (1915–1918) waren Truppen im zweckentfremdeten Gefängnis stationiert, erst 1919 ließ der damalige Innenminister erstmals Häftlinge nach Poggioreale überführen.

Ursprünglich wurde Poggioreale für nur 700 Häftlinge und mit nur 2 × 2 × 2 Meter großen Einzelzellen erbaut. Letztere wurden jedoch später in größere Zellen umgewandelt, um mehr Insassen aufnehmen zu können. Heute hat Poggioreale ein Fassungsvermögen von ca. 1.300 Gefangenen, ist aber mit ca. 2.600 Insassen (2011) chronisch und stark überbelegt. Während des Zweiten Weltkriegs und direkt danach war Poggioreale noch hoffnungsloser überfüllt als heute, die Anzahl der Gefangenen betrug bis zu 7.000, darunter viele politische Gefangene und Schwarzmarkthändler.

Poggioreale nimmt eine Fläche von 67.000 Quadratmetern ein und besteht aus acht großen Bauten, die durch einen großen, sie durchschneidenden Korridor verbunden sind. Insgesamt gibt es 12 Abteilungen: Napoli, Milano, Livorno, Genova, Torino, Venezia (Isolationshaft), Avellino (Haft unter Beobachtung), Firenze, Salerno (für „erwachsene Jugendliche“), Roma (ursprünglich für Frauen), Italia und S. Paolo. In S. Paolo befindet sich das Gefängnisspital. Die Zellenbauten haben drei in der Mitte offene Stockwerke, die Zellen sind über Balkongänge erreichbar. Einige Abteilungen (der Isolationshaftsbereich und dort, wo ausländische Gefangene untergebracht sind) befinden sich in einem baufälligen Zustand. Im Jahr 1998 wurde ein 900 Meter langer Verbindungstunnel zum neuerbauten Justizpalast angelegt. Die Räumlichkeiten, in denen sich die Arbeitsstätten der Häftlinge befanden wurden 1983 im Zuge des Mafiaprozesses des Fernsehmoderators Enzo Tortora in einen Bunker umgewandelt, der später in vier kleinere Bunker unterteilt wurde.

Häftlinge, Personal und Besucher

Poggioreale ist sehr stark überbelegt, auf etwa 1.300 Plätze kommen rund 2.600 Häftlinge (ca. ein Viertel davon Ausländer, ca. ein Viertel Rauschgiftsüchtige). Dasselbe trifft auf die einzelnen Zellen zu, in denen oft 15 bis 20 Menschen untergebracht werden. Verbreitete Krankheiten sind AIDS, Hepatitis und Tuberkulose. Ausgang in die betonierten Spazierhöfe haben die Gefangenen nur von 10:00 bis 11:00 Uhr und von 13:00 bis 14:00 Uhr. In den Zellen befindet sich jeweils ein Tisch und eine Toilette, geduscht werden kann zwei Mal pro Woche. Besuche sind einmal pro Woche erlaubt, bei „gutem Benehmen“ ein weiteres Mal pro Monat. Gemeinschaftsräume gibt es so gut wie keine, dafür die Möglichkeit, Schulunterricht zu erhalten. Untergebracht sind Personen, die auf ihr Urteil warten, mittlerweile aber auch – zu etwa einem Drittel – bereits Verurteilte.

Nach manchen Angaben gibt es 700 angestellte Gefängniswärter, teils ständig, teils temporär beschäftigte; weiters insgesamt 400 Ärzte, Anwälte, Lehrer etc. An Besuchstagen sollen 1.900 Besucher Poggioreale besuchen.[2] Nach anderen Angaben sind es 900 Wärter, ein Direktor und 9 Vizedirektoren, 8 Erzieher, 10 Psychologen, 10 Ärzte und 19 Krankenschwestern. Jede Abteilung soll einen Besuchstag pro Woche haben.[3] Außerdem gibt es – vorwiegend katholische – Organisationen, die freiwillige Arbeit im Gefängnis leisten.

Hauptprobleme

Poggioreale gilt als eines der berüchtigtsten und auch größten Gefängnisse Italiens. Das größte Problem Poggioreales ist zurzeit – wie in ganz Italien der Fall – die extreme und ständige Überbelegung um etwa 100 %.

Weitere Probleme sind die besonders schlechten Haftbedingungen für Immigranten, einige extrem erscheinende Disziplinvorschriften (beim Spazierengehen die Hände hinter dem Rücken, den Blick gesenkt; beim Zählappell langes Stehen in gleicher Position etc.),[4] Selbstmorde unter den Gefangenen, gewalttätige Zwischenfälle zwischen Wärtern und Häftlingen[5] und die medizinische Behandlung der Rauschgiftsüchtigen. Ein wesentliches Problem bildet auch das fast völlige Fehlen von Arbeitsmöglichkeiten (abseits von Putztätigkeiten etc.), sowie von mit Zertifikat abschließbaren Weiterbildungsmöglichkeiten.

Berühmte Gefangene

Einzelnachweise

  1. siehe die Breve storia del Carcere di Poggioreale („Kurze Geschichte des Gefängnisses Poggioreale“) der Vizedirektorin des Gefängnisses: Annalaura Di Fusco; die meisten Informationen dieses Abschnitts stammen von dort (englisch) (Memento des Originals vom 17. Juli 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.solidarity-mission.eu
  2. Carcere di Poggioreale (englisch) (Memento des Originals vom 29. Juni 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.solidarity-mission.eu
  3. Rapporto Online sulle condizioni di detenzione nelle carceri italiane (Memento des Originals vom 30. Juni 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.associazioneantigone.it
  4. Rapporto Online sulle condizioni di detenzione nelle carceri italiane (Memento des Originals vom 30. Juni 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.associazioneantigone.it
  5. Rapporto Online sulle condizioni di detenzione nelle carceri italiane (Memento des Originals vom 30. Juni 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.associazioneantigone.it

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