Lebendgebärende Zahnkarpfen

Die Lebendgebärenden Zahnkarpfen (Poeciliidae) umfassen mehr als 270 Arten und einige Unterarten. Wie der Name besagt, sind sie ovovivipar, das heißt, sie legen keine Eier, sondern bringen ihren Nachwuchs lebend zur Welt. Die Begattung erfolgt dementsprechend mit innerer Befruchtung.

Lebendgebärende Zahnkarpfen

Guppys (Poecilia reticulata), oben ein , unten zwei , Wildform

Systematik
Barschverwandte (Percomorphaceae)
Ovalentaria
Überordnung: Ährenfischverwandte (Atherinomorphae)
Ordnung: Zahnkärpflinge (Cyprinodontiformes)
Unterordnung: Cyprinodontoidei
Familie: Lebendgebärende Zahnkarpfen
Wissenschaftlicher Name
Poeciliidae
Bonaparte, 1831
Schwertträger
(Xiphophorus helleri)
Messerschwanzkärpfling
(Alfaro cultratus)
Koboldkärpfling
(Gambusia affinis)
Kaudi (Phalloceros caudimaculatus)

Übersicht

Die durchgehend recht kleinen Tiere leben überwiegend im Süßwasser, nur wenigen Arten begegnet man auch im Brackwasser. Die Fische werden meist je nach Art bis maximal 10 cm lang, der größte Vertreter ist der Hechtkärpfling (Belonesox belizanus), der eine Körperlänge von 20 cm erreicht. Wirtschaftliche Bedeutung haben die Vertreter der Familie Poeciliidae einerseits als Moskitovertilger, andererseits als robuste, farbenschöne und daher allseits beliebte Aquarienfische. Der Einsatz der lebendgebärenden Zahnkarpfen zur Bekämpfung von Moskitos führte dazu, dass die ursprünglich im tropischen und subtropischen Amerika beheimateten Fische heute in nahezu allen wärmeren Regionen der Welt zu finden sind. Die Anpassungsfähigkeit der Tiere tat hierzu ein Übriges. Umgekehrt deutet die ursprüngliche Begrenzung ihres Vorkommens auf den amerikanischen Kontinent darauf hin, dass es sich entwicklungsgeschichtlich bei den lebendgebärenden Zahnkarpfen um eine recht junge Familie handelt, die sich erst nach der Trennung Amerikas von den übrigen Kontinenten entwickelt hat.

Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind bei den Lebendgebärenden Zahnkarpfen stark ausgeprägt: Regelmäßig sind die männlichen Tiere etwas kleiner und sehr viel lebhafter gezeichnet als die Weibchen. Das Begattungsorgan der Lebendgebärenden Zahnkarpfen ist das Gonopodium, eine Verlängerung des Samenleiters nach außen. Das Gonopodium entwickelt sich in der Jungtierzeit der Männchen. Die Begattung vollzieht sich dergestalt, dass das Männchen das Weibchen stürmisch bedrängt und versucht, das Gonopodium in die Nähe der weiblichen Geschlechtsöffnung zu bringen und schließlich dort zu verankern. Die sehr langlebigen Spermien bleiben über längere Zeit im Leib des Weibchens, so dass eine Begattung mehrere Würfe ermöglicht.

Es wird behauptet, dass bei lebendgebärenden Zahnkarpfen eine Geschlechtsumwandlung vom Weibchen zum Männchen eintreten kann; beim Schwertträger (Xiphophorus hellerii) wurde dies vorgeblich in einzelnen Fällen beobachtet. In keinem Fall ist aber eine Umwandlung eines funktionsfähigen Männchens in ein funktionsfähiges Weibchen oder umgekehrt belegt. Ein „funktionsfähiges Männchen“ wäre eines, das nachweislich Nachwuchs gezeugt hat, analog ist der Begriff „funktionsfähiges Weibchen“ zu verstehen. Daher kann davon ausgegangen werden, dass diese „Geschlechtsumwandlung“ tatsächlich nur der Beobachtung der Entwicklung sogenannter „Spätmännchen“, die einfach nur verhältnismäßig spät ihr Gonopodium ausbilden, entspricht.

Im Übrigen bestechen die Lebendgebärenden Zahnkarpfen durch ihre Vielseitigkeit, nicht nur bezüglich der äußeren Erscheinung, sondern auch im Hinblick auf die Lebensweise. Lebendgebärende Zahnkarpfen finden sich in schlammigen Tümpeln ebenso wie in klaren, schnellfließenden Flüssen. Die Fische sind überwiegend Fleischfresser: an der Wasseroberfläche erbeuten sie kleine Insekten oder Mückenlarven. Daneben fressen sie aber auch Algen oder die Blattspitzen von Wasserpflanzen.

Seit Ende der 1990er Jahre gibt es mehrere Arten dieser Familie als Neozoen in deutschen Gewässern. Die erste Sichtung war in der Nähe von Köln (Guppybach Quelle), mittlerweile auch an zahlreichen anderen Stellen. Die Tiere wurden dort immer illegal ausgesetzt. Bedingung für das Überleben an diesen Stellen ist immer eine Wassertemperatur, die auch im Winter bei über 18-20 Grad liegt, was oft an den Brauchwasserabflüssen von Kraftwerken und Industrieanlagen der Fall ist, bei denen Wasser zur Kühlung eingesetzt wird, was dann erwärmt in die Gewässer abgelassen wird. So entstehen Kleinst-Biotope von meist nur weniger als 100 m Länge, in denen die Fische überleben können und sich sogar vermehren.

Systematik

Die Lebendgebärenden Zahnkarpfen wurde im Jahr 1831 durch den italienischen Zoologen Charles Lucien Bonaparte als Unterfamilie unter dem Namen Paecilini erstmals beschrieben. Fitzinger korrigierte den Namen 1831 zu Poëcilioidei, Swainson 1838 zu Poecilinae und Garman im Jahr 1895 zu Poeciliinae.[1]

Später wurden die Lebendgebärenden Zahnkarpfen als eigene Familie (Poeciliidae) neben den Eierlegenden Zahnkarpfen (Cyprinodontidae) geführt. In einer umfassenden Revision der Zahnkärpflinge stellte die amerikanische Ichthyologin Lynne R. Parenti die Lebendgebärenden Zahnkarpfen zusammen mit den Leuchtaugenfischen in die Familie Poeciliidae, so dass sie wieder zu einer Unterfamilie wurden.[2] Die sind jedoch mit den mittel- und südamerikanischen Anablepidae näher verwandt als mit den afrikanischen Leuchtaugenfischen. Deshalb wurden die Lebendgebärenden Zahnkarpfen ebenso wie die Leuchtaugenfische im Februar 2018 zu eigenständigen Familien.[3]

Phylogenie der Lebendgebärenden Zahnkarpfen:[4].
 Poeciliidae 

 Poeciliinae 



 Klade I 






Gambusia


   

Heterophallus



   

Belonesox



   

Pseudoxiphophorus



   

Priapella



   

Xiphophorus



   


Carlhubbsia


   

Phallichthys



   

Scolichthys




 Klade II 


Poeciliopsis


   

Neoheterandria



   




Brachyrhaphis


   

Priapichthys



   

Alfaro



   

Phallichthys



   

Heterandria formosa





 Klade III 

Girardinus


   

Quintana




 Klade IV 

 Poecilia 




Mollienesia, Psychropoecilia u. Allopoecilia


   

Curtipenis



   

Limia



   

Pamphorichthys



   

Acanthophacelus (Guppys)



   

Cnesterodon



   

Phalloceros




   

Phalloptychus



 Tomeurinae 

Tomeurus



 Xenodexiinae 

Xenodexia



Vorlage:Klade/Wartung/Style

Gattungen

Aufgrund fehlender Daten fehlen im Kladogramm die Gattungen Hiatirhaphis, Pseudopoecilia und Xenophallus.

Literatur

  • Wolfgang Kochsiek: Praxishandbuch Lebendgebärende : Pflege, Zucht und Arten, Ettingen 2011, ISBN 978-3-935175-68-5
  • Joseph S. Nelson: Fishes of the World, John Wiley & Sons, 2006, ISBN 0-471-25031-7
  • M. Kempkes, F. Schäfer: Alle Lebendgebärenden, A.C.S., Mörfelden-Walldorf 2000, ISBN 3-931702-77-4

Einzelnachweise

  1. Richard van der Laan, William Eschmeyer und Ronald Fricke: Family-group names of Recent fishes. Zootaxa 3882 (2): 001–230. doi: 10.11646/zootaxa.3882.1.1. Seite 75.
  2. LR Parenti (1981): A phylogenetic and biogeographic analysis of cyprinodontiform fishes (Teleostei, Atherinomorpha). Bulletin of the American Museum of Natural History 168(4):335-557 · Januar 1981
  3. Bragança, P.H.N., Amorim, P.F. & Costa, W.J.E.M. (2018): Pantanodontidae (Teleostei, Cyprinodontiformes), the sister group to all other cyprinodontoid killifishes as inferred by molecular data. Zoosystematics and Evolution, 94 (1): 137–145, doi: 10.3897/zse.94.22173.
  4. Sheila Rodríguez-Machado, Diego J. Elías, Caleb D. McMahan, Anna Gruszkiewicz-Tolli, Kyle R. Piller, Prosanta Chakrabarty: Molecular Phylogenetics and Evolution Disentangling Historical Relationships Within Poeciliidae (Teleostei: Cyprinodontiformes) Using Ultraconserved Elements. Molecular Phylogenetics and Evolution, November 2023, 107965, doi: 10.1016/j.ympev.2023.107965
  5. Huber, J.H. (2019): A nomenclatural and systematic Analysis of livebearing Cyprinodontiformes (Acanthopterygii: Anablepsinae, Goodeinae, Poeciliidae). Killi-Data Series 2019: 4-155, 3 tabs., 8 figs.
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