Phönikochroit

Phönikochroit, auch Phoenikochroit[7] oder Melanochroit, ist ein vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Pb2[O|CrO4][4], ist also chemisch gesehen ein Blei-Chromat mit zusätzlichen Sauerstoffionen und daher auch unter seiner chemischen Bezeichnung Chromrot bekannt.

Phönikochroit
San Francisco Mine, Caracoles, Sierra Gorda, Región de Antofagasta, Chile (Bildbreite 1,5 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1980 s.p.[1]

IMA-Symbol

Phc[2]

Andere Namen
  • Chrominium[3]
  • Chromrot
  • Melanochroit
  • Phoenikochroit
  • Scheibeit (nach Mücke)[3]
Chemische Formel Pb2[O|CrO4][4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VI/F.02
VI/F.02-040

7.FB.05
35.01.02.01
Ähnliche Minerale Krokoit, Realgar
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe (Nr.) C2/m[4] (Nr. 12)
Gitterparameter a = 14,00 Å; b = 5,68 Å; c = 7,14 Å
β = 115,2°[4]
Formeleinheiten Z = 4[4]
Häufige Kristallflächen {010}, {100}, {110}, {201}, {211}, {310}[5]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2,5 bis 3,5
Dichte (g/cm3) gemessen: 7,01; berechnet: 7,075[5]
Spaltbarkeit vollkommen nach {201}, undeutlich nach {001}, {010}, {011}
Farbe dunkelrot (cochenillrot bis hyazinthrot), durch Verwitterung gelb werdend
Strichfarbe ziegelrot bis gelblichorange
Transparenz durchscheinend, an dünnen Kanten durchsichtig
Glanz glitzernder Harz- bis Diamantglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 2,380
nβ = 2,440
nγ = 2,650[6]
Doppelbrechung δ = 0,270[6]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 58° (gemessen); 62° (berechnet)[6]

Phönikochroit entwickelt meist unvollkommene, tafelige Kristalle bis etwa einen Zentimeter Größe und harz- bis diamantähnlichem Glanz auf den Oberflächen, kommt aber auch in Form netzartiger Verwachsungen, dünner Krusten oder massiger Aggregate vor. Die Kristalle sind im Allgemeinen durchscheinend und nur an dünnen Kanten durchsichtig. Frische Proben sind von dunkelroter Farbe, werden aber durch Verwitterung allmählich gelb. Auf der Strichtafel hinterlässt Phönikochroit einen ziegelroten bis gelblichorangen Strich.

Mit einer Mohshärte von 2,5 bis 3,5 gehört Phönikochroit zu den weichen bis mittelharten Mineralen und lässt sich entweder etwas leichter oder schwerer als das Referenzmineral Calcit (3) mit einer Kupfermünze ritzen.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt und beschrieben wurde das Mineral 1833 von R. Hermann, dem in seiner Sammlung „Roter Bleierze“ (Krokoit) aus Beresowsk (heute Berjosowski (Swerdlowsk), Russland) einige Exemplare auffielen, deren äußere Eigenschaften sich stark von denen des bekannten Rotbleierzes unterschieden. Die Farbe des bisher unbekannten Minerals beschrieb er als cochenillrot bis hyacinthrot, die durch Verwitterung ins pomeranzengelbe übergehe. Auffällig war nach Hermann vor allem, dass das Mineral im Gegensatz zum Krokoit nicht decrepitierte (stark knisternd zersprang). Um die im Gegensatz zum Krokoit dunklere Farbe hervorzuheben, bezeichnete Hermann das neue Mineral als Melanochroit nach den altgriechischen Worten μελανός [melanos] für „dunkel“ oder „schwarz“ und χρώς [chrōs] für „Farbe“.

Seinen bis heute gültigen Namen Phönikochroit erhielt das Mineral 1839 durch Ernst Friedrich Glocker, der den von Hermann gewählten Namen zwar für richtungsweisend, aber aufgrund der falschen Wortwahl auch irreführend hielt. Glocker bezog sich daher ebenfalls auf die auffällig tiefrote Farbe, bezeichnete diese jedoch präziser nach dem altgriechischen Wort φοίνικος [phoínikos] für „Purpurrot“.

Ein von Arno Mücke 1970 beschriebenes Mineral, dass er als Scheibeit (nach Robert Scheibe, 1859–1923, Professor der Mineralogie an der Technischen Hochschule Berlin), bezeichnete,[8] stellte sich bei nachfolgenden Untersuchungen als identisch mit Phönikochroit heraus. Auch ein 1972 als Chrominium beschriebenes Mineral ist identisch mit Phönikochroit. Beide Mineralnamen wurden daher 1980 von der International Mineralogical Association (IMA) diskreditiert und gelten seitdem als Synonyme für den Phönikochroit.[3]

Klassifikation

In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Phönikochroit zur Mineralklasse der „Sulfate, Chromate, Molybdate, Wolframate“ und dort zur Abteilung der „Chromate“, wo er zusammen mit Vauquelinit die „Phönikochroit-Vauquelinit-Gruppe“ mit der System-Nr. VI/F.02 und den weiteren Mitgliedern Deanesmithit, Edoylerit, Fornacit, Molybdofornacit, Santanait und Wattersit bildete.

Die seit 2001 gültige und von der IMA verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Phönikochroit ebenfalls in die Abteilung der „Chromate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit zusätzlicher Anionen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit zusätzlichen O, V, S, Cl“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 7.FB.05 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Phönikochroit in die Klasse der „Sulfate, Chromate und Molybdate“ und dort in die Abteilung der „Wasserfreien Chromate“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 35.01.02 innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie Chromate mit (A+)2XO4“ zu finden.

Bildung und Fundorte

Phönikochroit (rot, größter Kristall 2,5 mm), Seeligerit (gelb) und Wulfenit (orange) aus der Unión Minera Mine, Caracoles, Sierra Gorda, Antofagasta, Chile
Phönikochroit (rot) und Iranit (hellbraun, auf der Spitze der Phönikochroitgruppe) aus der Unión Minera Mine, Caracoles, Región de Antofagasta, Chile (Sichtfeld ca. 3 mm × 3 mm)

Phönikochroit bildet sich sekundär in der Oxidationszone von chromhaltigen, hydrothermalen Blei-Lagerstätten. Als Begleitminerale können unter anderem Calcit, Cerussit, Fornacit, Galenit, Hemihedrit, Iranit, Krokoit, Leadhillit, Mimetesit, Pyromorphit, Vauquelinit, Fluorit, Quarz.

Als seltene Mineralbildung konnte Phönikochroit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2014) etwa 35 Fundorte bekannt sind.[9] Seine Typlokalität Berjosowski in der Oblast Swerdlowsk ist dabei der bisher einzige bekannte Fundort in Russland.

In Deutschland konnte das Mineral bisher nur im Tagebau Callenberg in Sachsen gefunden werden und der bisher einzige bekannte Fundort in Österreich sind die Schlackenhalden der Montanwerke Brixlegg in der gleichnamigen Tiroler Gemeinde.

Weitere bisher bekannte Fundorte sind unter anderem mehrere Orte in der Región de Antofagasta in Chile, Anarak in der Provinz Isfahan und Nayband (Neyband) in der Provinz Yazd im Iran, dem Tagebau Husab im Namib-Naukluft-Park in Namibia, Argent (Mpumalanga) in der südafrikanischen Provinz Gauteng, Wanlock Dod in der schottischen Grafschaft Lanarkshire (UK) sowie mehrere Orte in den US-Bundesstaaten Arizona und Nevada.[10]

Kristallstruktur

Phönikochroit kristallisiert isostrukturell mit Lanarkit im monoklinen Kristallsystem in der Raumgruppe C2/m (Raumgruppen-Nr. 12)Vorlage:Raumgruppe/12 mit den Gitterparametern a = 14,00 Å; b = 5,68 Å; c = 7,14 Å und β = 115,2° sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Siehe auch

Literatur

Commons: Phoenicochroite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. International Mineralogical Association: Commission on new minerals and mineral names. In: Mineralogical Magazine. Band 43 (1980), S. 1053–1055. (PDF 171,9 kB; Namenskorrekturen und diskreditierte Mineralnamen)
  4. Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 416.
  5. Phoenicochroite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 65,5 kB)
  6. Mindat - Phoenicochroite
  7. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 684.
  8. Arno Mücke: Scheibeite, ein neues Chromatmineral. In: Neues Jahrbuch der Mineralogie. Monatshefte. Band 6 (1970), S. 276–282; Siehe auch Michael Fleischer: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 56 (1971), S. 358–362 (PDF 334,6 kB; Scheibeite=Phoenicochroite ab S. 2)
  9. Mindat - Anzahl der Fundorte für Phönikochroit (Phoenicochroite)
  10. Fundortliste für Phönikochroit beim Mineralienatlas und bei Mindat


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