Petros Markaris

Petros Markaris (griechisch Πέτρος Μάρκαρης, bürgerlicher Name Petros Markarian;[1] * 1. Januar 1937 in Istanbul) ist ein griechischer Schriftsteller. Er wurde international bekannt durch seine Kriminalromane um den in Athen ermittelnden schrulligen „Kommissar Kostas Charitos“. 2008 wurde er zum Präsidenten des Nationalen Buchzentrums (EKEBI) berufen.[2]

Petros Markaris bei einer Lesung in Werther 2012

Leben und Werk

Petros Markaris, Sohn eines armenischen Kaufmannes und einer griechischen Mutter, besuchte das St. Georgs-Kolleg in Istanbul und studierte nach seiner Matura einige Jahre in Wien und in Stuttgart. Er war jahrelang auch türkischer Staatsbürger. Markaris spricht und schreibt in griechischer, türkischer und deutscher Sprache. Seit langem lebt er in Athen.

Bevor er mit dem Schreiben begann, hatte er Volkswirtschaft studiert. Er verfasste mehrere Theaterstücke, darunter Die Geschichte des Ali Retzo, das 1971 während der Militärdiktatur mit großem Erfolg aufgeführt wurde. Da das Stück in der Türkei spielt, meinten die Zensoren, es kritisiere die Türkei.

Er rief eine beliebte griechische Fernsehkrimi-Serie (Anatomie eines Verbrechens) ins Leben und war Co-Autor des Filmemachers Theo Angelopoulos (1991 Der schwebende Schritt des Storches, 1995 Der Blick des Odysseus sowie 1998 Die Ewigkeit und ein Tag). Außerdem übersetzte er mehrere deutsche Dramen ins Griechische wie z. B. Goethes Faust I und Faust II sowie Brechts Mutter Courage. Gemeinsam mit der türkischen Regisseurin Yeşim Ustaoğlu arbeitete er am Drehbuch für ihren im Jahr 2004 erschienenen Film Waiting for the Clouds.

Seine Kriminalromane haben stets auch eine gesellschaftskritische Tendenz und spielen oft im Milieu einer arrivierten Linken, die ihre Ideale verloren hat. „Kommissar Charitos“ ist einerseits ein griechischer Kleinbürger und Durchschnittsmann, der von Frauen nicht allzu viel hält, zugleich aber seine Tochter und seine Frau sehr liebt. Während des Obristenregimes hat er als Polizeianwärter an Folterungen teilgenommen, wofür er sich schämt; inzwischen pflegt er mit einem der damaligen Opfer eine enge, aber durch Schuldgefühle belastete Freundschaft. Seinen Vorgesetzten gegenüber zeigt er sich unterwürfig, aber bei der Aufklärung seiner Fälle handelt er, ohne zu zögern, gegen ihre Anweisungen. Die an Randgruppen begangenen Verbrechen verfolgt er beharrlich, obwohl er ihnen gegenüber voller Vorurteile ist. „Gegen zwei Dinge im Leben habe ich eine unüberwindliche Abneigung: Gegen Rassismus und Schwarze.“ (Charitos in Nachtfalter.) In seiner Freizeit liest Charitos fast ausschließlich Lexika.

Die Autobiografie von Markaris erschien 2008 in deutscher Übersetzung beim Zürcher Diogenes Verlag unter dem Titel Wiederholungstäter. Ein Leben zwischen Istanbul, Wien und Athen.[3]

Werke

Die Kostas-Charitos-Romane

  • 1995 Nυχτερινό δελτίο (wörtlich: Spätnachrichten)
    • Hellas Channel. deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2000, ISBN 3-257-06241-9.
  • 1998 Άμυνα ζώνης (wörtlich: Raumdeckung)
    • Nachtfalter. deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2001, ISBN 3-257-06287-7.
  • 2003 Ο Τσε αυτοκτόνησε (wörtlich: Che beging Selbstmord)
    • Live! deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2004, ISBN 3-257-06391-1.
  • 2006 Βασικός Μέτοχος (wörtlich: Hauptaktionär)
    • Der Großaktionär. deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2007, ISBN 978-3-257-06574-9.
  • 2008 Παλιά, πολύ παλιά (wörtlich: Früher, viel früher)
    • Die Kinderfrau. deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2009, ISBN 978-3-257-06696-8 (Die deutsche Ausgabe enthält ein weiteres Kapitel, das auf Wunsch des Verlags vom Autor am Schluss angefügt wurde).[4]
  • 2010 Ληξιπρόθεσμα Δάνεια (wörtlich: Fällige Kredite).
    • Faule Kredite. deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2011, ISBN 978-3-257-06793-4.
  • 2011 Περαίωση (dt. etwa: Schuldenbereinigung, wörtlich: Durchführung, Beendigung).
    • Zahltag. deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2012, ISBN 978-3-257-06841-2.
  • 2012 Ψωμί, Παιδεία, Ελευθερία (wörtlich: Brot, Bildung, Freiheit)
    • Abrechnung, deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2013, ISBN 978-3-257-06873-3.
  • 2014 Τίτλοι Τέλους (dt. etwa Abspann), Epilog zur Trilogia tis Kriseos
    • Zurück auf Start. deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2015, ISBN 978-3-257-06925-9.
  • 2016 Offshore
    • Offshore. deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2017, ISBN 978-3-257-07003-3.
  • 2018 Σεμινάρια φονικής γραφής
    • Drei Grazien. deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2018, ISBN 978-3-257-07041-5.
  • 2019 Η εποχή της υποκρισίας
    • Zeiten der Heuchelei. deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2020, ISBN 978-3-257-07083-5.
  • 2020 Ο φόνος είναι χρήμα (wörtlich: Mord ist Geld)
    • Das Lied des Geldes. deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2021, ISBN 978-3-257-07175-7.
  • 2021 Το κίνημα της αυτοκτονίας (wörtlich: Die Selbstmordbewegung)
    • Verschwörung. deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2022, ISBN 978-3-257-07212-9.
  • 2021 Η τέχνη του τρόμου (wörtlich: Die Kunst des Grauens)
    • Das Spiel mit der Angst und andere Geschichten. deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2023, ISBN 978-3-257-07260-0.

Weitere Werke

  • 2004 Η Αθήνα πρωτεύουσα των Βαλκανίων (Erzählungen u. a. auch mit Kommissar Kostas Charitos)
    • Balkan Blues. deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2005, ISBN 3-257-06488-8.
  • 2006 Κατ' εξακολούθηση (Autobiografisches und Essays)
    • Wiederholungstäter Ein Leben zwischen Athen, Wien und Istanbul. deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2008, ISBN 978-3-257-06639-5.
  • Quer durch Athen. Eine Reise von Piräus nach Kifisia. deutsch von Michaela Prinzinger. Hanser 2010, ISBN 978-3-446-23560-1.
  • Finstere Zeiten: Zur Krise in Griechenland. Diogenes, Zürich 2012, ISBN 978-3-257-06836-8.
  • 2015 Τριημερία και άλλα διηγήματα
    • Der Tod des Odysseus. deutsch von Michaela Prinzinger. Diogenes, Zürich 2016, ISBN 978-3-257-06979-2.
  • Οι φιλοξενούμενοι
    • Fremdgeblieben. deutsch von Nelly Weber. Edition Romiosini, 2020, ISBN 978-3-946142-66-9.

Literatur

  • Petros Markaris: Auf den Straßen Athens. In: Achim Engelberg: Wo aber endet Europa? Grenzgänger zwischen London und Ankara (= In den Abgründen des 20. Jahrhunderts). Dietz Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-320-02132-0, S. 132–147.

Film

  • „Athener Unterwelt. Der Schriftsteller Petros Markaris“. Film von Vera Botterbusch, 45 Min., Bayerischer Rundfunk, 2002.
  • „Petros Markaris – Mein Athen“. Film von Günter Schilhan (aus der ORF/3sat-Reihe "Inter-City Spezial"), 45 Min., ORF/3sat, 2011.

Auszeichnungen und Ehrungen

Commons: Petros Markaris – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ta Nea vom 4. September 2010
  2. Griechenland Zeitung Nr. 117 vom 6. Februar 2008.
  3. Deutschlandfunk vom 12. Juni 2008: „Autobiographie eines Wiederholungstäters“ – Rezension
  4. NZZamSonntag, Beilage Bücher am Sonntag, S. 12–14 (vom 30. August 2009)
  5. Die Preisträger der Goethe-Medaille 2013: S. Mahmoud Hosseini Zad, Naveen Kishore und Petros Markaris
  6. Petros Markaris erhält das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland (Memento vom 13. Juli 2015 im Internet Archive) auf griechenland.diplo.de. Abgerufen am 4. April 2024.
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