Pierre Marteau

Pierre Marteau, Cologne, zuweilen auch auf Deutsch Peter Hammer, Cölln (Köln), ist die bedeutendste fingierte Verlagsadresse des 17. und 18. Jahrhunderts.

Statistik der deutschsprachigen Produktion des fiktiven Verlags Pierre Marteau (Werke pro Jahr) Zahlen nach Karl Klaus Walther (1983/2001)

Geschichte

Das fingierte Imprint geht, soweit ersichtlich, auf das Amsterdamer Unternehmen Elzevier (heute Elsevier) zurück, das sich des Pseudonyms zur Publikation skandalöser Schriften seit Anfang der 1660er Jahre bediente. Der Verlagsname war in der Verbindung mit dem Verlagsort Köln ein offensichtliches Pseudonym. Französische Verleger mieden die Zensur, die sich unter Ludwig XIV. ausbildete, indem sie ihre Druckwerkstätten in die Niederlande verlegten. Die Ware ging von hier aus im Schleichhandel nach Frankreich zurück, sie erreichte offener den gesamten europäischen Buchmarkt.

Köln wäre für einen Franzosen – Pierre Marteau („Peter Hammer“) gab sich mit seinem Namen als solcher zu erkennen – ein ähnlich guter Ausweichort wie Amsterdam, Den Haag oder Rotterdam gewesen. Das Pseudonym setzte sich bei Kollegen durch. Eine wachsende Produktion von skandalösen Schriften und Raubdrucken erschien unter diesem Label. Ab den 1680ern übernahmen deutsche Verleger das Pseudonym: „Peter Marteau“ war die reguläre deutsche Namensvariante. Die deutsche Produktion fand ihre originäre Blüte in den Jahren der großen Europamode der Jahre 1689 bis 1721. Das Pseudonym bekam dann nochmal als das des patriotischen Widerstands gegen Frankreich Ende des 18. Jahrhunderts Konjunktur, unter anderem bei Carl Christoph Stiller.[1]

1966 griffen Hermann Schulz und Johannes Rau in Wuppertal den ungeschützten Namen für ein neues Verlagsprogramm als Peter Hammer Verlag auf, bevor Rau sich 1967 auf die Tätigkeit als Sprecher der SPD-Landtagsfraktion verlegte. In dem Wuppertaler Verlag erschienen dann zunächst schwerpunktmäßig Werke von lateinamerikanischen und afrikanischen Autoren wie Ernesto Cardenal oder dem verfolgten Ngũgĩ wa Thiong’o.

Ausgabe der Lettres Persanes von Montesquieu, Amsterdam 1721

Liste von Verlagsautoren und Werken

Literatur (Auswahl)

  • Joseph Görres: Schriftproben von Peter Hammer. Verlag Huss, Frankfurt/M. 1997, ISBN 3-928833-60-X (Nachdr. d. Ausg. Heidelberg 1808).
  • Léonce Janmart de Brouillant: Histoire de Pierre du Marteau, imprimeur à Cologne (XVIIe–XVIIIe siècles), suivi d'une notice d'un livre intitulé: Histoire des amours du Grand Alcandre. Paris 1888 (Gallica, Nachdruck: Slatkine Reprints, Genf 1971).
  • Frank-Rutger Hausmann: Pierre Marteau ou Pierre de Marteau, Imprimeur imaginaire à l'époque de Louis XIV. In: Frank-Rutger Hausmann, Christoph Miethung und Margarete Zimmermann (Hrsg.): „Diversité, c'est ma devise“. Studien zur französischen Literatur des 17. Jahrhunderts. Festschrift für Jürgen Grimm zum 60. Geburtstag. Romanisches Seminar, Tübingen 1994, S. 229–234.
  • Heinrich Hubert Houben: Verbotene Literatur von der klassischen Zeit bis zur Gegenwart. Band 2. Bremen 1928, S. 251–255 (Digitalisat).
  • Viktor Heydemann: Über den Buchverlag Peter Hammer und einige bei ihm erschienene Schriften. In: Zeitschrift für Bücherfreunde, N.F. 20 (1928), S. 52–54.
  • Wolfgang Schmitz: Kölns Name als Zeichen der Freiheit: das fiktive Impressum Pierre Marteau. In: Der Name der Freiheit 1288–1988. Ergänzungsband zur Ausstellung, hrsg. v. W. Schäfke, Köln 1988, S. 73–80.
  • Olaf Simons: Marteaus Europa oder Der Roman, bevor er Literatur wurde. Rodopi, Amsterdam 2001, ISBN 90-420-1226-9 (dort fand sich auch die Statistik S. 671 erstmals abgedruckt; Genehmigung zur Weiterverbreitung vom Autor erteilt).
  • Karl Klaus Walther: Die deutschsprachige Verlagsproduktion von Pierre Marteau/ Peter Hammer, Köln. Zur Geschichte eines fingierten Impressums. Pierre Marteau, Köln 2001 (Nachdr. d. Ausg. Leipzig ²1983; online).

Einzelnachweise

  1. Emil Weller: Die falschen und fingirten Druckorte: Repertorium der seit Erfindung der Buchdruckerkunst unter falscher Firma erschienenen deutschen, lateinischen und französischen Schriften. Erster Band, enthaltend die deutschen und lateinischen Schriften. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage. Engelmann, Leipzig 1864, S. 161 (Textarchiv – Internet Archive).
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