Peter Aufschnaiter

Leben

Ausbildung

Der Sohn eines Tischlers besuchte das Realgymnasium in Kufstein. Noch während seiner Schulzeit musste der junge Peter Aufschnaiter die Schule unterbrechen und 1917 an die Dolomitenfront einrücken. Nach der Matura übersiedelte er nach München und nahm das Studium auf, das er 1927 als Diplomlandwirt abschloss.

Bereits in seiner Jugend begann er im Wilden Kaiser mit dem Bergsteigen – in München fand er später Kontakt zu bekannten Alpinisten.

Studentenverbindungen

In Kufstein war er aktiv bei der Jungburschenschaft Germania und in München wurde er Mitglied des Akademischen Alpenvereins.[1]

Expeditionen zum Himalaja

In den Jahren 1929 und 1931 nahm Aufschnaiter an den deutschen Expeditionen zum Kangchendzönga in Sikkim teil. Während dieser Expeditionen bekam er erstmals Kontakt mit Tibetern und begann sich mit der tibetischen Sprache zu beschäftigen.

Er trat zum 22. April 1933 der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 1.605.636).[2] Von 1936 bis 1939 war Aufschnaiter hauptamtlicher Geschäftsführer der Deutschen Himalaja-Stiftung, die von den Nationalsozialisten für ihre Ziele instrumentalisiert wurde. Er wurde enger Vertrauter und Freund von Paul Bauer, dem Gründer und Leiter dieser Stiftung.

1939 leitete Aufschnaiter eine Erkundungsexpedition zum Nanga Parbat und Rakaposhi im damaligen Britisch-Indien (heute Pakistan); einer der Teilnehmer war Heinrich Harrer. Da während der Expedition in Europa der Zweite Weltkrieg begann, wurden die Expeditionsteilnehmer am 3. September 1939 auf der Rückreise in Indien interniert.

Flucht nach Tibet

Am 29. April 1944 gelang Aufschnaiter, Heinrich Harrer und fünf weiteren Gefangenen die Flucht aus dem Internierungslager Dehradun. Rolf Magener und Heins von Have gelang eine Flucht durch Indien zur japanischen Front in Burma; Hans Kopp begleitete Aufschnaiter und Harrer durch Westtibet, beschloss aber dann nach Kathmandu zu gehen, wo er auf Betreiben der Briten erneut interniert wurde, für zwei weitere war die Flucht nur von kurzer Dauer.

Aufschnaiter und Harrer erreichten am 15. Januar 1946 die tibetische Hauptstadt Lhasa – das Ende einer abenteuerlichen Flucht durch Westtibet vorbei am heiligen Berg Kailash, durch Südtibet und den Changthang, die Hochebene des nördlichen Tibet. Während ihres Marsches profitierten beide von den tibetischen Sprachkenntnissen Aufschnaiters. Die Geschichte dieser abenteuerlichen Flucht wurde mehrfach beschrieben, die bekannteste Version ist die von Heinrich Harrer in seinem Weltbestseller Sieben Jahre in Tibet. In der Verfilmung des Buches 1997 durch Jean-Jacques Annaud wurde Aufschnaiter vom britischen Schauspieler David Thewlis dargestellt; die darin erzählte Heirat Aufschnaiters mit einer Tibeterin ist fiktiv.

Leben in Tibet, Indien und Nepal

Der Aufenthalt in Lhasa dauerte bis 1950 – in dieser Zeit plante Aufschnaiter als Angestellter der tibetischen Regierung in Lhasa ein Wasserkraftwerk und ein Kanalisationsnetz, führte erste Wiederaufforstungsmaßnahmen und Flussregulierungen in der Lhasaer Ebene durch, bemühte sich erfolgreich um die Verbesserung des Saatgutes durch den Anbau von Hybrid-Hochlandgerste und erstellte unter Mithilfe von Harrer erstmals einen exakten Stadtplan der tibetischen Hauptstadt. Im Verlauf der Arbeiten machte Aufschnaiter erstmals archäologische Entdeckungen in Lhasa, über die er mit dem italienischen Buddhologen und Tibetologen Giuseppe Tucci korrespondierte. Seine Arbeiten brachten ihm den Ruf des „ersten Entwicklungshelfers in Tibet“ ein. Aufschnaiters Bekanntenkreis in Lhasa war trotz seiner stillen Art beachtlich, seine Beziehung zur Familie des 14. Dalai Lama freundschaftlich. In dieser Zeit lernten er und Harrer auch den britischen Diplomaten und Tibetologen Hugh Richardson kennen, mit dem Aufschnaiter bis zu seinem Tod eine Brieffreundschaft verband.

Im Oktober 1950 begann die Besetzung Tibets – welches seit 1911 de facto unabhängig war – durch die Streitkräfte der Volksrepublik China. Die auf Lhasa vorrückende chinesische Volksbefreiungsarmee zwang Harrer und Aufschnaiter am 20. Dezember 1950 erneut zur Flucht. Sie schlossen sich der Karawane des fliehenden Dalai Lama an, der in dem an der Grenze zu Sikkim und Indien liegenden Tschumbi-Tal die politische Entwicklung abwartete. Harrer ging von Tschumbi aus direkt nach Indien; Aufschnaiter trennte sich bereits in der südtibetischen Stadt Gyantse von der Karawane, da es ihm schwerfiel, seine „zweite Heimat“ Tibet zu verlassen. Sich stets nach Westen zurückziehend, verweilte er noch ungefähr zehn Monate in Tibet. Im Januar 1952 überschritt er die Grenze nach Nepal.

Auf Betreiben der indischen Regierung wurde Aufschnaiter aus Nepal ausgewiesen und war danach mehrere Jahre als Kartograph für die indische Armee in Neu-Delhi tätig. Ab 1956 arbeitete er bei der FAO (UNO-Landwirtschaftsorganisation) wieder in Kathmandu als Agrarexperte. Er nahm die nepalesische Staatsbürgerschaft an, die es ihm gestattete, für Ausländer gesperrte Gebiete in Nepal zu erkunden, unter anderem das Kleinkönigtum Mustang. Auf einer dieser Reisen entdeckte er kulturhistorisch wertvolle frühbuddhistische Fresken.

Im Anschluss an seine Durchquerung Nordwestnepals im Jahre 1971 gelang Aufschnaiter als einem der ersten Besucher aus einem nichtkommunistischen Land wieder ein Aufenthalt in Westtibet. Er verweilte für 14 Tage in dem Ort Khochar (Khachar; Khojarnath).

Tod und Nachlass

Grabstätte Peter Aufschnaiters auf dem Friedhof der Andreaskirche Kitzbühel

Peter Aufschnaiter starb am 12. Oktober 1973 in der Universitätsklinik Innsbruck. Im Krankenhaus empfing er noch einmal Besuch von Harrer.[3] Aufschnaiter fand seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof bei der Andreaskirche in Kitzbühel. Noch heute wird sein Grab mit tibetischen Gebetsfahnen geschmückt.

Der sehr introvertierte Aufschnaiter plante erst kurz vor seinem Tod, seine Erinnerungen an seinen Aufenthalt und seine Reisen in Tibet und Nepal in Buchform zu veröffentlichen, was ihm jedoch nicht mehr möglich war. Das Manuskript, nach seinem Tod im Besitz von Paul Bauer, wurde von diesem der Schweizer Tibetologin Blanche Christine Olschak zur Bearbeitung übergeben; diese überließ es schließlich dem Tibetologen Martin Brauen, der das in vieler Hinsicht sperrige Werk bearbeitete und herausgab. Aufschnaiters Tagebücher und Nachlass kamen in den Besitz des Völkerkundemuseums der Universität Zürich.[4]

Werke

  • Peter Aufschnaiter, Martin Brauen (Hrsg.): Peter Aufschnaiter. Sein Leben in Tibet. 2. Auflage, Steiger Verlag, Innsbruck 1988, ISBN 3-85423-016-8
  • Peter Aufschnaiter: Lands and Places of Milarepa. In: East and West. N.S. 26, 1976, S. 175–189.
  • Peter Aufschnaiter: Prehistoric Sites discovered in inhabited Regions of Tibet. In: East and West 7. 1956, S. 74–88.
  • Bruno J. Richtsfeld (Bearb., Hrsg.): Peter Aufschnaiters nachgelassene Aufzeichnungen über seine Reise durch Nordwestnepal nach Khochar in Tibet im Jahre 1971. Ergänzt durch Giuseppe Tuccis Schilderung seines Besuches in Khochar 1935 und Swami Pranavânandas Beschreibung des Klosters von Khochar 1939. In: Münchner Beiträge zur Völkerkunde. Jahrbuch des Staatlichen Museums für Völkerkunde München 10/2006, Verlag des Staatlichen Museums für Völkerkunde München, München 2006, ISBN 978-3-927270-50-3, S. 183–232

Literatur

  • Heinrich Harrer: Sieben Jahre in Tibet. Mein Leben am Hofe des Dalai Lama. Ullstein, Wien, 1952, ISBN 3-548-35753-9
  • Heinrich Harrer: My Life in Forbidden Lhasa. In: National Geographic Magazine 58 (No. 1) 1955, S. 1–48
  • Heinrich Harrer: Mein Leben. Ullstein, München 2002, ISBN 3-550-07524-3.
  • Hans Kopp: Sechsmal über den Himalaya. Berwang 1989 (1. Auflage: 1955)
  • Peter Mierau: Die deutsche Himalaja-Stiftung von 1936 bis 1998. Ihre Geschichte und ihre Expeditionen. Dokumente des Alpinismus, Band II., München 1999
  • Nicholas Mailänder, Otto Kompatscher: Er ging voraus nach Lhasa. Peter Aufschnaiter. Die Biographie. Tyrolia Verlag, Innsbruck 2019, ISBN 978-3-702236-93-9
Commons: Peter Aufschnaiter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Bahr: Bergsteiger in: Acta Studentica, Folge 156, Juni 2006, S. 15.
  2. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/861229
  3. Bernd Steinle: Sieben Jahre im Schatten. In: faz.net. 26. April 2019, abgerufen am 29. April 2019 (Buchbericht zu Mailänders Biografie (hinter Bezahlschranke)).
  4. Der wissenschaftliche Tibet-Nachlass von Peter Aufschnaiter. In: Institut für Sozialanthropologie. Österreichischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 25. Dezember 2023.
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