Pequot
Die Pequot waren Angehörige eines Algonkin sprechenden Indianerstammes, der im Thames Valley im heutigen Bundesstaat Connecticut lebte. Im frühen 17. Jahrhundert wurden die Pequot und Mohegan vom Pequot-Sachem Sassacus gemeinsam geführt, bis der Stamm sich teilte und die Mohegan unter ihrem Sachem Uncas die Unabhängigkeit erreichten. Nach der vernichtenden Niederlage im Pequotkrieg 1637 durch die Engländer kamen die meisten Überlebenden der Pequot und ihre Wohngebiete unter die Kontrolle der Mohegan.[1]
Lebensunterhalt und Kultur
Die Pequot waren halbsesshaft, betrieben Ackerbau und umgaben ihre Dörfer zum Teil mit Palisaden. Sie wohnten im Winter in Langhäusern, die mehrere Familien beherbergten. Sie verwendeten Ulmenrinde zum Bedecken dieser Häuser. Auch zum Herstellen von Behältern wie Schüsseln und Fässern sowie zum Bau von Kanus wurde Ulmenrinde benutzt. Eine Dorfgruppe bis zu mehreren hundert Personen wurde als soziale, wirtschaftliche und politische Basiseinheit angesehen. Die Männer bauten Häuser, errichteten Palisaden, fischten, jagten, reisten, handelten, spielten, verteidigten ihre Dörfer gegen Angriffe und gingen auf den Kriegspfad. Frauengruppen arbeiteten außerhalb der Dörfer unter der Leitung einer älteren, erfahrenen Frau auf Mais-, Bohnen- und Kürbisfeldern. Nach der Ernte zogen Jagdgruppen weit hinaus in die Wälder zur Hirschjagd, lagerten dort und kehrten in der Mitte des Winters zurück. Die Frühlingsschwärme der Fische lockten die Familien an die nahegelegenen Flüsse und Buchten der Seen.[2]
Jedes Dorf hatte eine aus erwachsenen Männern bestehende Ratsversammlung, die einen oder mehrere Dorfhäuptlinge beriet. Die Pequot liebten Zusammenkünfte und verbrachten beträchtliche Zeit mit Ratsversammlungen. Die Zusammensetzung der Ratsversammlungen wurde durch den Ort, das Geschlecht, das Alter und das spezielle Thema bestimmt. Für jede Versammlung gab es ein eigenes Protokoll und bestimmte Regeln, um zum Konsens zu kommen.[2]
Die Pequot waren kriegerisch und bei ihren Nachbarn gefürchtet. Kriegsführung war in der Pequot-Gesellschaft tief verwurzelt und die Selbstachtung war vom Erreichen des persönlichen Prestiges abhängig. Kriegsgefangene wurden versklavt oder adoptiert, um tote Familienangehörige zu ersetzen, und bildeten einen Teil der indianischen Bevölkerung im späten 17. Jahrhundert.[2]
Name
Pequot ist ein Algonkinwort, dessen Bedeutung unter den Etymologen umstritten ist. Einige Sprachwissenschaftler aus dem frühen 20. Jahrhundert nahmen an, das Wort stamme von Paquatauog und bedeute Zerstörer oder Männer des Sumpfes. Nach Ansicht von Frank Speck bezieht es sich auf das Territorium der Pequot, die Küste des Long Island Sound, und bedeute Untiefen eines Gewässers (engl.: shallowness of a body of water). Speck (1881–1950) war Anthropologe und Experte für Algonkin-Sprachen in Neuengland.[3]
Geschichte
Spaltung der Pequot und Mohegan
Die Mohegan und die Pequot wurden gemeinsam vom Häuptling Sassacus geführt, bis eine Rebellion des Unterhäuptlings Uncas den Stamm spaltete. Uncas verweigerte Sassacus die Gefolgschaft und verließ schließlich mit 50 Kriegern und ihren Familien die Pequot-Dörfer. Sie siedelten in einem neuen Dorf am Connecticut River nördlich des heutigen Lyme und nannten sich jetzt Mohegan. Uncas gelang es schließlich, seine Gruppe derart zu vergrößern, dass sie von Sassacus nicht mehr zur Rückkehr gezwungen werden konnte.[1]
Nach dem ersten Kontakt um 1620 lebten Pequot und britische Siedler zunächst friedlich nebeneinander. Allmählich jedoch steigerten sich die Ressentiments der Pequot gegenüber den neuen Kolonisten, die in oft anmaßender Weise in ihr Wohngebiet vordrangen. 1634 kam es zu einem Zwischenfall, als der als Sklavenjäger bekannte Bostoner Kapitän und Händler John Stone von Westlichen Niantic beim Versuch getötet wurde, indianische Frauen und Kinder auf Block Island zu fangen. Sein Tod sorgte für Empörung unter den Kolonisten. Da die Niantic Verbündete der Pequot waren, machte sich Sassacus zu Versöhnungsgesprächen auf den Weg. Die Puritaner ließen sich jedoch nicht durch Pelze und Wampum besänftigen, sondern verlangten die Auslieferung der Schuldigen. Es kam zu keiner Einigung, Sassacus und die Puritaner gingen im Zorn auseinander.[1]
Die Behörden in Massachusetts sandten eine Strafexpedition aus, um die Dörfer und Felder der Ureinwohner zu zerstören. Puritanische Geistliche unterstützten die Gewalt gegenüber den Pequot, die sie als Ungläubige ansahen. Die britischen Siedler griffen bereitwillig zu den Waffen.[1]
Pequot-Krieg
In dem kurzen, aber erbarmungslosen Pequot-Krieg von 1637 wurde unter dem Befehl von Captain John Mason und mit Hilfe der verbündeten Mohegan- und Narraganset-Krieger das Hauptfort der Pequot am Mystic River in Connecticut überfallen und niedergebrannt. 500 bis 600 Bewohner verbrannten bei lebendigem Leib oder sie wurden abgeschlachtet.[1]
Der Kommandant der Puritaner, John Mason, schrieb: Aber Gott kam über sie, der seine Feinde und die Feinde seines Volkes auslachte, um sie zu verachten, und verwandelte sie in einen brennenden Ofen: So wurden die, die stolzen Herzens waren, verdorben, nachdem sie ihren letzten Schlaf geschlafen hatten, und keiner ihrer Männer konnten zu ihren Händen finden. So richtete der Herr unter den Heiden und füllte den Platz mit Leichen![4] Der Bericht eines anderen Augenzeugen ist überliefert: Mehr als 500 Indianer brieten im Feuer und Ströme von Blut sickerten durch die Palisaden hindurch. Der Gestank war fürchterlich, aber der Sieg war ein süßes Opfer und wir beteten alle zu Gott, um ihm für seinen Beistand zu danken.
Die Landnahme ähnelte zunehmend einer ethnischen Säuberung aus gleichermaßen materiellen wie religiösen Gründen. Puritaner töteten indianische Hunde, wenn die Zahl der toten Indianer zu gering war. Sie verlangten von indianischen Stämmen, die mit ihnen verbündet waren, Körperteile der gemeinsamen Feinde als Zeichen ihrer Treue und als Antwort auf Bittgebete zu Gott. Gefangenen Indianern wurden die Gliedmaßen eines nach dem anderen ausgerissen. Die Behörden beauftragten Zivilisten, Indianer zu jagen und den Erfolg der Jagd mit dem Kopf des Getöteten zu belegen.[1]
Die Pequots kannten eine derartige Kriegführung nicht. Es gab kein größeres, viele Stämme übergreifendes Bündnis gegen die Siedler und die Pequot bemerkten erst spät, dass die Puritaner Krieg gegen sie führen wollten.[5] Besiegt, in kleine Gruppen aufgesplittert, flüchteten die Pequot aus ihrem Land. Zahlreiche Flüchtende wurden von den Engländern oder ihren verbündeten Indianern getötet oder gefangen. Manche verkaufte man als Sklaven nach Neuengland oder Westindien, während die Mohegan die Kontrolle über das Pequotland erhielten. Diejenigen, die sich ergaben, verteilte man auf andere Stämme, aber sie erlitten eine derartig schlechte Behandlung, dass sie 1655 unter die direkte Obhut der Kolonialregierung genommen und wieder am Mystic River angesiedelt wurden. Es wurden für sie dort zwei Reservationen eingerichtet, die Mashantucket Reservation bei Ledyard (1666) und die Paucatuck Reservation bei Lantern Hill (1683).[1]
King Philip’s War
Im King Philip’s War vereinigten sich Krieger der Pequot mit den Mohegan, um gemeinsam gegen die verbündeten Neuengland-Stämme zu kämpfen. Sie waren an der Gefangennahme des Narraganset-Sachems Canonchet beteiligt. Die Indianer Neuenglands hatten proportional im Vergleich zu anderen Kolonialkriegen in Nordamerika die höchsten Verluste. Am Ende des Krieges hatten von 20.000 Ureinwohnern Neuenglands 3.000 ihr Leben verloren, was etwa 15 % entsprach. Obwohl kleine Gruppen bis ins 19. Jahrhundert am Connecticut River lebten, verschwanden zahlreiche Stämme als organisierte Gruppe. Auch den Engländern brachte der Krieg hohe Verluste: 600 Kolonisten und Soldaten fanden den Tod, insgesamt 90 Siedlungen wurden angegriffen und davon 13 völlig zerstört.[6]
Aktuelle Situation
Der US-Zensus 2000 listet 1.283 Pequot auf. Im Einzelnen: Mashantucket Pequot 511, Paucatuck Eastern Pequot 46, sonstige Pequot 726. Stammesmitglieder fanden heraus, dass der US-Staat Connecticut im Jahr 1856 unrechtmäßig und entgegen vorherigen vertraglichen Abmachungen mit dem Stamm der Pequot 600 Acres (ca. 2,5 km²) Stammesland an Weiße verkauft hatte. Im Zuge der Erstarkung der indigenen Völker in den 1970er Jahren gelang es den Stammesvertretern, in einem Prozess gegen den Staat Connecticut einen Teil der Landrechte sowie 700.000 US-Dollar zurückzubekommen. Außerdem wurde der Stamm 1983 formell anerkannt.
Mit malaysischer Kapitalbeteiligung konnte 1992 ein Kasino in Stammesbesitz eröffnet werden. Das Foxwoods ist das profitabelste aller Kasinos in Indianerhand. 8.600 so genannte Slot Machines, dazu ein Theater mit 4.000 Plätzen, Restaurants, ein Spa und weitere Einrichtungen brachten nicht nur den Stammesmitgliedern der Mashantucket Pequot hohe Einnahmen. Allein seit 1992 erhielt der Bundesstaat 2,6 Milliarden Dollar, 25 % der Einnahmen stammten aus den Slot Machines. Das riesige Kasino bietet rund 10.000 Arbeitsplätze, weitere 30.000 sind mittelbar davon abhängig. Zusammen mit dem Kasino der benachbarten Mohegan, dem Mohegan Sun, setzt das Haus jährlich rund 2,5 Milliarden Dollar um.[7]
Aus den Gewinnen wird in soziale Dienstleistungen investiert, seien es Bildungsstätten, Kindergärten, Krankenhäuser oder Pflegeheime, dazu kommen unbekannte Beträge an die einzelnen Stammesmitglieder. Darüber hinaus wird daraus auch ein Museum finanziert. Dieses Museum präsentiert die Geschichte des Stammes der Pequot und dessen Verknüpfung mit der Geschichte anderer Stämme sowie mit der US- und Literatur-Geschichte.[8]
Rezeption
Pequod heißt das Schiff Kapitän Ahabs in dem Roman Moby Dick von Herman Melville.
Einzelnachweise
- Mohegan History
- Handbook of North American Indians - Kapitel: Indians of Southern New England and Long Island: Early Period, Seite 160ff
- Original: „The shallowness of a body of water“, aus: Frank Speck: Native Tribes and Dialects of Connecticut: A Mohegan-Pequot Diary. In: Annual Reports of the U.S. Bureau of Ethnology. 43, 1928, S. 218.
- John Mason und Paul Royster: „A Brief History of the Pequot War“
- Howard Zinn: A People’s History of the United States. Harper Perennial, 2005, S. 14–15.
- The Society of Colonial Wars in the State of Connecticut - 1675 King Philip’s War
- Nach Angaben von Reuters in: Claudia Parsons: Gambling success brings controversy for tribe, 9. Juni 2008.
- Mashantucket Pequot Museum and Research Center, abgerufen am 18. Dezember 2011.
Literatur
- Bruce G. Trigger (Hrsg.): Handbook of North American Indians. Vol. 15. Northeast. Smithsonian Institution Press, Washington D.C. 1978 ISBN 0-16-004575-4
- Alvin M. Josephy: 500 Nations, Die illustrierte Geschichte der Indianer Nordamerikas, Frederking & Thaler, München 1996
- Stephan Maninger: Krieg und Gewalt im puritanischen Neuengland 1620-1676, Damals, Juni 2007