Paulus Silentiarius

Paulus Silentiarius (Paulos; † vor 581) war ein byzantinischer Dichter des 6. Jahrhunderts.

Durch seinen Freund, den Geschichtsschreiber und Dichter Agathias, sind einige Lebensdaten überliefert.[1] Demnach war er ein Sohn des Kyros und Enkel des Floros und unter Kaiser Justinian I. der oberste (primicerius) der 30 Silentiarii (daher der Beiname), mithin einer der höchsten Beamten des kaiserlichen Haushalts.

Bekannt ist sein beschreibendes Preisgedicht zur Einweihung der restaurierten Hagia Sophia zu Epiphanias des Jahres 563,[2] die Ekphrasis (altgriechisch Ἔκφρασις). Das Gedicht besteht aus 1029 Versen, davon sind die ersten 134 jambische Trimeter (Vorreden an Kaiser und Patriarchen), der Rest daktylische Hexameter im Stil des Nonnos.

Obwohl Paulus sicherlich kein Heide war,[3] orientiert sich sein Werk an den klassischen Vorbildern. Das gilt sowohl für die Ekphrasis als auch für seine Epigramme, von denen in der Anthologia Palatina ca. 80 überliefert sind. Die Epigramme behandeln, ähnlich wie bei Agathias, auch erotische Themen und zeichnen sich durch eine gewisse Deftigkeit aus:

Deine Falten, Philinna, bedünken mich schöner als alle
Glätte der Jugend, und mehr lockt’s mich, mit spielender Hand
deine Äpfel zu kosen, die schwer ihre Knospen schon senken,
als die schwellende Brust bei einer blühenden Maid.
Köstlicher scheint mir dein Herbst als der Frühling der andern, und wärmer
als deren Sommer scheint mir dein Winter zu sein.[4]

Literatur

Ausgaben und Übersetzungen

  • Peter N. Bell (Hrsg.): Three Political Voices from the Age of Justinian: Agapetus – Advice to the Emperor; Dialogue on Political Science; Paul the Silentiary – Description of Hagia Sophia. Translated Texts for Historians. Liverpool 2010 (kommentierte engl. Übersetzung).
  • Paul Friedländer: Johannes von Gaza, Paulus Silentiarius und Prokopios von Gaza: Kunstbeschreibungen justinianischer Zeit. G. Olms, Hildesheim & New York 1969 (Enthält Text der Ekphrasis).
  • Paolo Silenziario: Epigrammi. Hrsg. von Giovanni Viansino. Loescher, Turin 1963 (Griechischer Text und italienische Übersetzung).

Sekundärliteratur

  • Maria Luigia Fobelli: Un tempio per Giustiniano. Santa Sofia di Costantinopoli e la Descrizione di Paolo Silenziario. Presentazione di Maria Andaloro. Viella, Rom 2005, ISBN 978-88-8334-162-5 (enthält auch den griechischen Text mit italienischer Übersetzung)
  • Rudolf Keydell: Paulus (9). In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 4, Stuttgart 1972, Sp. 567.
  • Mary Whitby: The Occasion of Paul the Silentiary’s Ekphrasis of S. Sophia. In: The Classical Quarterly, New Series 35 (1). S. 215–228.

Einzelnachweise

  1. Historiae 5.9.7 und Anthologia Palatina V 292f.
  2. In der älteren Forschung wurde oft als Datum des Vortrags der 6. Januar 563 abgeleitet, dagegen vgl. jedoch die abwägende Erörterung bei Mischa Meier: Das andere Zeitalter Justinians. Göttingen 2003, S. 271, wonach auch der 31. Dezember 562 in Frage kommen kann. Auch Fobelli datiert 562.
  3. Herbert Hunger: Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner. Bd. 2, München 1978, S. 166f.
  4. Anthologia graeca V,258. Zitiert nach: Hans-Georg Beck: Byzantinisches Erotikon. Beck, München 1986, ISBN 3-406-31309-4, S. 89. Dieses Epigramm inspirierte übrigens den italienischen Sänger Angelo Branduardi zu seinem Lied La donna della sera.
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