Paul Pfurtscheller

Paul Pfurtscheller (* 20. November 1855 in Salzburg; † 5. Februar 1927 in Wien) war ein österreichischer Zoologe, Lehrer und Künstler.

Leben

Paul Pfurtscheller wurde am 20. November 1855 in Salzburg geboren.[1] Nach seiner Schulzeit am Akademischen Gymnasium in Salzburg inskribierte er ab 1874 zoologische, botanische u. a. Vorlesungen[2] an der Universität Wien. Am Pflanzenphysiologischen Institut verfasste er 1877 handschriftlich seine Dissertation über anatomische Einzelheiten der Nadelhölzer.[3] Seit 1877 war er Mitglied der k. k. Zoologisch-Botanischen Gesellschaft. Die Lehramtsprüfung für Naturgeschichte und Physik folgte 1880. Zumindest eine Veröffentlichung belegt, dass er weiter wissenschaftlich arbeitete.[4]

Pfurtscheller war beim Landesschulrat Niederösterreich angestellt und begann als Probelehrer in der Hegelgasse 3 im 1. Wiener Gemeindebezirk. Dort war Pfurtscheller dann Supplent, später provisorischer Lehrer im Staatsgymnasium II in der Taborstraße, schließlich wirklicher Professor am Franz-Joseph Gymnasium in der Hegelgasse 3.[5][6]

Am 10. Juli 1897 feierten Constantine Schollian (* 1862, Triest) und Paul Pfurtscheller Hochzeit in „Sant’Antonio Nuovo“, der größten Kirche in Triest.[7] Ihre Privatadresse lautete Streichergasse 10 im 3. Wiener Gemeindebezirk.[8] Bis zu seiner Pensionierung 1911 wirkte er als Lehrer am Franz-Joseph Gymnasium. Die Schule übersiedelte nach 40 Jahren, im Jahr 1912, von der Hegelgasse in das nicht weit davon gelegene neue Gebäude Stubenbastei 6–8. Dessen Eingangstor zeigt in Großbuchstaben neben den Namen anderer bedeutender Lehrer und Schüler auch Pfurtscheller.

Wiener Kongress

Die 66. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte fand in Wien statt, vom 24. bis 28. September 1894. Aus diesem Anlass gab es in der Universität eine große Rahmenveranstaltung. Die „Ausstellung wissenschaftlicher Objecte wurde zur Besichtigung des Wiener Publicums schon am 16. September unter Anwesenheit des Ministers für Cultus und Unterricht erœffnet.“[9] „Die Abtheilung der naturhistorischen Lehrmittel wurde von den Professoren J. Mik[10] und Dr. P. Pfurtscheller zusammengestellt, wobei die Custoden der naturhistorischen Cabinette an den neunzehn Mittelschulen Wiens Beiträge lieferten.“[11] Pfurtscheller selbst hatte Exponate zur Verfügung gestellt; allerdings noch keine zoologischen Tafeln, denn die erste (Sternkoralle) wurde erst 1902 gedruckt.[12]

„Es zeigt sich da der große Fortschritt, den die naturwissenschaftliche Ausbildung der Schüler nicht nur an den Realschulen, sondern auch an den Gymnasien in Oesterreich während der letzten Decennien gemacht hat.“[13] Die Organisatoren hatten eine Mustersammlung zusammengestellt, wie sie jede Mittelschule anstreben sollte. Als Anerkennung wurden Mik und Pfurtscheller dem Erzherzog Rainer von Österreich vorgestellt.[14] (Der Kaiser befand sich derzeit mit König Albert von Sachsen auf Hochwildjagd in der Steiermark.[15]) „Die Ausstellung in der Universität bleibt mit Bewilligung des Rectorates noch bis Donnerstag den 4. October, Abends, zur allgemeinen Besichtigung gegen das Entrée von 30 Kreuzern geöffnet.“[16]

Wandtafeln

Ansehen erlangte Pfurtscheller in Fachkreisen durch „Zoologische Wandtafeln“, die er didaktisch sowie grafisch-künstlerisch gestaltete und einschließlich der Tafel 28 bei A. Pichlers Witwe & Sohn herausgab. Den Druck führte zuerst die Buchdruckerei und Kunstanstalt Friedrich Sperl, Linke Bahngasse 9, in Wien, 3. Bezirk aus[17], dann der Lithograf Emil Hochdanz in Stuttgart. Die Herausgabe der Tafeln 29 bis 39 besorgte der Verleger Martinus Nijhoff in Den Haag. Die Lithografien sind in bis zu 15 Farben produziert! Jede Tafel erläuterte ein „Begleitwort“, damals auch erhältlich in französischer und englischer Übersetzung.[18]

Die Tafeln entstanden anfangs zur Unterstützung seines persönlichen Lehrunterrichts. Als entwickeltes Projekt waren die insgesamt 39 Tafeln für „Mittelschulen“ (Gymnasien und Realschulen) gedacht. Doch bald fanden sie auch Anerkennung und Verwendung in zoologischen Universitätsinstituten.

Anatomie der Stubenfliege; Wandtafel Nr. 31 von Paul Pfurtscheller, 1926

Tabelle: Zoologische Wandtafeln, Format 130 × 140 cm

Nr.WandtafelGattung, ArtBilderAusgabe
1Anthozoa: PolyactiniaAstroides calycularis21902
2Mollusca: LamellibranchiataUnio pictorum21902
3Mollusca: Gastropoda: PulmonataHelix pomatia41902
4Pisces: Selachii: PlagiostomiMustulus vulgaris51902
5Echinodermata: EchinoideaSphaerechinus41902
6Hydrozoa: HydromedusaeHydra41903
7Mollusca: CephalopodaSepia officinalis51903
8Mollusca:- Mantelformen -41903
9Cestodes:Taenia solium51903
10Anthozoa: OctactiniaCorallium rubrum61903
Nr.WandtafelGattung, ArtBilderAusgabe
11Echinodermata, AsteroideaAstropecten aurantiacus41904
12Spongiae (Porifera)Sycon, Aplysina61904
13Insecta: HymenopteraApis mellifica (1)31904
14SpongiaeEuspongia officinalis41904
15Crustacea: ThoracostracaAstacus fluviatilis31905
16Vermes: HirundineaHirudo medicinalis41905
17Infusoria: CiliataParamecium, Stylonychia, Vorticella31905
18Reptilia: OphidiaTripidonotus natrix31906
19Aves:Columba domestica31907
20Reptilia: ChelonidaeEmys orbicularis31908
21Myriapoda:Lithobius forficatus31909
22Pisces: TeleosteiPerca fluviatilis41909
23Insecta: LepidopteraPieris brassicae (1)41910
24Insecta: LepidopteraPieris brassicae (2)31910
25Archnoidae: AraneinaEpeira diadema3
26Amphibia: AnuraRana sp. (1)4
27Amphibia: AnuraRana sp. (2)3
28MammaliaMus decumanus2
Nr.WandtafelGattung, ArtBilderAusgabe
29Amphibia: UrodelaTriton cristatus41926
30Insecta: HymenopteraApis mellifica (2)31926
31Insecta: DipteraMusca domestica31926
32Insecta: DipteraCulex pipiens41926
33Vermes: ChaetopodaLumbricus sp.41926
34Reptilia: OphidiaVipera berus41926
35Reptilia: SauriaLacerta agilis31926
36Arachnoidea: AcarinaTyroglyphus sp.41926
37Coleoptera: MelolonthideaMelolontha vulgaris31926
38Vermes: AscaridaeAscaris lumbricoides41926
39Insecta: BlattaeformeaPeriplaneta orientalis41927

Eine auf Leinwand gedruckte Tafel mit Rollstäben kostete 10 Kronen.

In der Versammlung der zoologisch-botanischen Gesellschaft am 20. Juni 1902 referierte der Botaniker Heimerl über das neue Unterrichtsmaterial. Zu dem Zeitpunkt hatte Pfurtscheller 14 Tafeln fertig „gezeichnet“; fünf davon waren im Buchhandel und fünf befanden sich noch in Druck. Exemplarisch wurde die Tafel zur Weinbergschnecke (Helix pomatia) gewürdigt: „Die Darstellung ist eine derartig naturgetreue und packende, eine so von jeder Schablone entfernte und eigenthümliche, endlich eine so ausgezeichnet sichtbare, dass ich aus vollster Ueberzeugung sagen kann, ein derartiges herrliches, den Anforderungen des Unterrichtes und der wissenschaftlichen Verlässlichkeit gleich treu angepasstes Kunstwerk muss von Lehrern und Lernenden mit Begeisterung begrüsst werden und wird einen trefflichen, bis jetzt fehlenden Unterrichtsbehelf bilden.“[19] Bis in die späten 1930er Jahre wurden Pfurtschellers Tafeln hoch gelobt und bis 1963 auch verkauft.[20]

Literatur

  • Bericht der Sektion für Zoologie. Nachruf. In: Verhandlungen der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Wien. Band 77, 1927, S. 25–27 (Nachruf auf Dr. Paul Pfurtscheller, zobodat.at [PDF]).
  • Kurt Albert Chytil, Werner Anselm Buhre: Die Wandtafeln des Paul Pfurtscheller. Ein sorgsam detailverliebtes Leben. S. Marix, Wiesbaden 2024, ISBN 978-3-7374-1224-7.
Commons: Paul Pfurtscheller – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ludwig Eisenberg: Das geistige Wien: Künstler- und Schriftsteller-Lexikon. 2: Medicinisch-naturwissenschaftlicher Theil: Mittheilungen über Wiener Fachschriftsteller und Gelehrte auf dem Gebiete der Medicin (nebst Thierheilkunde und Pharmacie) und Naturwissenschaften. Daberkow, Wien 1893; dort S. 371f.
  2. Kurt Chytil: Paul Pfurtscheller – 1866–1874 Schüler am Gymnasium, In: 400 Jahre Akademisches Gymnasium Salzburg, Festschrift mit Jahresbericht (2017), S. 166–167.
  3. Paul Pfurtscheller: Beiträge zur Anatomie der Coniferenhölzer. Universität Wien, 1877. Unibibliothek Wien und nochmals in: Verhandl k. k. Zoolog-Botan Ges Wien 34, 1885.
  4. Paul Pfurtscheller: Ueber die Innenhaut der Pflanzenzelle nebst Bemerkungen über offene Communication zwischen den Zellen. Wien 1883. Österr Natl Bibl 390371–B. September 1882/83 und nochmals in: Jahresber. des k. k. Franz-Joseph-Gymnasium Wien 1888.
  5. Evidenzblatt 6866. In: Archivkartei Wiener Magistrat, Abteilung 61, Referat 4.
  6. Kurt Chytil: Paul Pfurtscheller, Herausgeber zoologischer Tafeln. Bemerkungen zu seiner Biographie, In: Schriften des Vereins zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse, 156 (2021).
  7. Evidenzblatt 6866. In: Archivkartei Wiener Magistrat: 61,4.
  8. Hermann Clemens Kosel (Hg): Deutsch-Österreichisches Künstler- und Schriftsteller-Lexikon. Band 1: Biographien der Wiener Künstler und Schriftsteller. Lechner, Wien 1902.
  9. Neue Freie Presse – Abendblatt 10804 Wien 21. September 1894: Seite 1.
  10. Josef Mik.
  11. Neue Freie Presse – Abendblatt 10805. Wien 22. September 1894: Seite 1.
  12. Hermann Clemens Kosel (Hg): Deutsch-Österreichisches Künstler- und Schriftsteller-Lexikon. Band 1: Biographien der Wiener Künstler und Schriftsteller. Lechner, Wien 1902.
  13. Neue Freie Presse – Abendblatt 10805 Wien 22. September 1894: Seite 1.
  14. Seine k. und k. Hoheit, der durchlauchtigste Herr Erzherzog Rainer, war „Protector“ der kaiserlich-königlichen zoologisch-botanischen Gesellschaft.
  15. Neue Freie Presse – Abendblatt 10811 Wien 28. September 1894: Seite 1.
  16. Neue Freie Presse – Morgenblatt 10813 Wien 30. September 1894: Seite 6.
  17. Zoologische Wandtafeln. Gezeichnet und herausgegeben von Prof. Dr. Paul Pfurtscheller, Wien, Friedrich Sperl Lithographische Kunstanstalt u. Buchdruckerei Wien III/4, A.Pichler's Witwe & Sohn, Buchhandlung und Lehrmittelanstalt, Wien & Leipzig
  18. Kurt Chytil: Paul Pfurtscheller – Wissenschaftler, Lehrer, Didaktiker, In: Haus der Natur, Salzburg, anlässlich der Ausstellungseröffnung „Meisterwerke der Naturgeschichte. Historische Lehrtafeln um 1900“, 7. März 2019.
  19. Anton Heimerl: Zoologische Wandtafeln (Referat). In: Verhandlungen der kaiserlich-königlichen zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien 52, 1902: 412–413.
  20. Markert, M. & Uphoff, I.K. 2018: Für das Studium der Natur. Die Produktion und Rezeption naturkundlicher Schulwandbilder um 1900. – Bildungsgeschichte. International Journal for the Historiography of Education 8, Seite 42–63.
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