Urteil des Paris

Das Urteil des Paris ist eine berühmte Episode der griechischen Mythologie. Der junge Prinz Paris muss das Urteil fällen, welche von drei Göttinnen die schönste ist: Hera, Athene oder Aphrodite.

Sandro Botticelli: Das Urteil des Paris, 1485–1488, Tempera auf Leinwand, Venedig, Fondazione Cini.

Bei Homer wird auf das Thema nur angespielt,[1] in der Komödie,[2] der Satire[3] und im Roman[4] wird es dagegen breiter behandelt.

Griechische Mythologie

Das Urteil des Paris auf einer attisch-schwarzfigurigen Hydria des Antimenes-Malers, um 510 v. Chr., Staatliche Antikensammlungen München

Alle Götter sind zur Hochzeit des Peleus und der Thetis eingeladen, ausgenommen Eris, die Göttin der Zwietracht. So beleidigt, wirft sie von der Tür aus einen goldenen Apfel mit der Aufschrift τῇ καλλίστῃ[5] (griechisch, „Der Schönsten“, „Für die Schönste“) unter die feiernden Götter des griechischen Olymps.[6] Daraufhin kommt es zum Streit zwischen Hera, Athene und Aphrodite, wem dieser Apfel gebühre (daher auch Zankapfel/Erisapfel).

Zeus als höchster Olympier zieht sich klug aus der Affäre und legt das Urteil in die Hand eines Sterblichen: Er bestimmt den jungen Paris, den schönen, wenngleich verstoßenen Sohn des trojanischen Königs Priamos und der Hekabe, als Schiedsrichter.[7] Der Götterbote Hermes wird beauftragt, die Göttinnen zu dem Königssohn zu bringen, der seit seiner Verstoßung unerkannt als Hirte lebt.[8]

Um den Prinzen für sich zu gewinnen, versucht jede der Göttinnen, ihn zu bestechen, und bietet ihm einen Preis an. Hera verspricht ihm Herrschaft[9] über ganz Asien[10] bzw. die ganze Welt[11], Athene verspricht Heldenmut[12] bzw. Sieg im Krieg[13] oder Kunstfertigkeit[14], Aphrodite hingegen bietet Paris die Liebe der schönsten Frau der Welt.[15] Mit dieser Belohnung kann Aphrodite das Urteil für sich entscheiden.[16]

Die schönste Sterbliche, Helena, war jedoch bereits mit Menelaos verheiratet, dem mächtigen König von Sparta. Der Raub an Helena, der begangen werden musste, um das Versprechen zu erfüllen, soll der Auslöser für den Trojanischen Krieg gewesen sein.

Das Paris-Urteil in der Kunst

Das Urteil des Paris auf den etruskischen Boccanera-Platten aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. Von links nach rechts: Alcsentre (Paris Alexandros); Turms (Hermes); Menrva (Athene); Uni (Hera); Turan (Aphrodite).

Das Urteil des Paris war bereits in der griechischen Vasenmalerei ein häufig dargestelltes Thema. Auch bei den Etruskern findet man dieses Sujet auf Bronzespiegeln und in der Malerei. In nachantiker Zeit und in einem historischen Umfeld, in dem die Darstellung von Nacktheit verpönt war, blieb das Thema beliebt für Gemälde und Skulpturen. Schließlich bot es die Gelegenheit, drei unbekleidete Frauen in unterschiedlicher Pose abzubilden, während der mythologisch-moralische Hintergrund der Szene die Maler vor dem Vorwurf der Obszönität bewahrte. Die Maler konnten die Spannung des Bildes in den verschiedenen Phasen der Vorbereitung suchen und wie Peter Paul Rubens in die beziehungsreichen Blicke der Urteilsfindung legen. Bei Paul Cézanne ist das Urteil gefallen, die eine Göttin verliert ihr Gesicht, die andere wendet sich bereits ab.[17]

Das Urteil des Paris, Mosaik in Kos-Stadt
Peter Paul Rubens: Das Urteil des Paris, um 1636, National Gallery (London)
Marcantonio Raimondi: Das Urteil des Paris, um 1515/16, Kupferstich nach einem verschollenen Bild von Raffael
Paul Cézanne: Das Urteil des Paris, 1862–1864. (Nach dem Urteil)
Enrique Simonet: Das Urteil des Paris, um 1904, Museo de Málaga

Bekannte Beispiele sind:

  • Römisches Mosaik in Kos auf der griechischen Insel Kos[18]
  • Sandro Botticelli, 1445–1510, Ölgemälde, 1485–1488
  • Lucas Cranach d. Ä., 1472–1553, und seine Malerwerkstatt haben zahlreiche Varianten des Themas geschaffen. Heute in u. a.

Literarische Bearbeitungen

In der Literatur und im Theater fand die Handlung ebenfalls ihren Niederschlag.

Literatur

Commons: Urteil des Paris – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Homer, Ilias 24, 28–30
  2. Kratinos, Dionysalexandros
  3. Lukian, Götterdialoge 20; Meeresgötterdialoge 5
  4. Apuleius, Metamorphosen 10,30–32
  5. Bei Lukian (Götterdialoge 20,7 und Meeresgötterdialoge 5) lautet die Inschrift ἡ καλὴ λαβέτω (Die Schöne soll [ihn] nehmen).
  6. Apollodorus, Epitome E.3.2
  7. Ovid, Heroides 16,65–72
  8. Pausanias, 5.19.5.
  9. "regna" (Ovid, Heroides 16, 81)
  10. "ἁπάσης … τῆς Ἀσίας βασιλεύειν" (Isokrates, Helena 41); "ἁπάσης … τῆς Ἀσίας δεσπότης" (Lukian, Götterdialoge 20,11); "πάσης … Ἀσίης ἡγήτορα" (Kolluthos, Raub der Helena 148)
  11. "Ἀσιάδ’ Εὐρώπης θ’ ὅρους τυραννίδ’ ἕξειν" (Euripides, Troerinnen 927–928); "βασιλείαν πάντων" (Apollodorus, Epitome 3,2; "in omnibus terris eum regnaturum" (Hyginus, Fabulae 92)
  12. "virtutem" (Ovid, Heroides 16, 81)
  13. "στρατηγοῦνθ’ Ἑλλάδ’ ἐξανιστάναι" (Euripides, Troerinnen 926); "κρατεῖν ἐν τοῖς πολέμοις" (Isokrates, Helena 41); "πολεμιστὴν … καὶ νικηφόρον" (Lukian, Götterdialoge 20,12); "πολέμου νίκην" (Apollodorus, Epitome 3,2); "σαόπτολιν" (Kolluthos, Raub der Helena 142)
  14. "omni artificio scium" (Hyginus, Fabulae 92)
  15. Euripides, Troerinnen 929–931
  16. Hyginus, Fabulae 92
  17. Martin R. Dean: Der Augenblick – für immer offengehalten. In: NZZ, 15. November 2014, S. 28
  18. Stefan O. Schüller: Die Westlichen Ausgrabungen.
  19. Raffael und Marcanton – ein kongeniales Team (Memento vom 25. Dezember 2004 im Internet Archive) Kunstgeschichtliches Institut der Ruhr-Universität Bochum
  20. Skulpturen und Plastiken in der Chemnitzer Innenstadt. Abgerufen am 23. August 2018.
  21. Ku’damm Eck im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
  22. Das Parisurteil. In: Verfasserlexikon. 2. Auflage. Band 7, Sp. 312–314.
  23. Digitalisat in der Library of Congress.
  24. Digitalisat bei Google Books.
  25. Digitalisat (PDF) im MDZ.
  26. Erschienen in: Almanach Dramatischer Spiele zur geselligen Unterhaltung auf dem Lande von A. von Kotzebue. zweiter Jahrgang. F. T. de La Garde, Berlin 1804, S. 5–48 (Digitalisat im MDZ).
  27. Erschienen in: J. V. Widmann: Jung und alt. Drei Dichtungen. Liebeskind, Leipzig 1897, S. 109–141 (Digitalisat im Internet Archive).
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