Paris-Soir

Paris-Soir war eine französische Tageszeitung für die Region von Paris, die von Eugène Merle begründet wurde.

Paris-Soir
Beschreibung französische Tageszeitung
Sprache Französisch
Erstausgabe 4. Oktober 1923
Einstellung 17. August 1944
Gründer Eugène Merle
Verkaufte Auflage 2.500.000 Exemplare
ISSN (Print) 1256-0421

Geschichte

Ihre erste Ausgabe wurde am 4. Oktober 1923 veröffentlicht. Sie erschien in den Jahren 1923 bis 1944 und erreichte eine Auflage von bis zu 2,5 Millionen Stück. Vom 22. Dezember 1935 bis zum 16. September 1939 erschien auch eine Sonntagsausgabe namens Paris-soir dimanche. Nach dem 11. Juni 1940 publizierte ihr Herausgeber, Jean Prouvost, sie weiterhin im Vichy-Frankreich: In Clermont-Ferrand, Lyon,[1] Marseille und Vichy während der Besetzung von Paris (Juni 1940 – August 1944) unter deutscher Kontrolle[2] vom 22. Juni 1940 bis zum 17. August 1944.[3]

1937 hatte die Zeitung bereits eine Auflage von 1,8 Millionen Exemplaren[4][5] und unmittelbar vor der Besetzung von Paris erreichte die Paris-Soir eine Gesamtauflage von 2,5 Millionen Exemplaren und war somit die auflagenstärkste Tageszeitung Europas. Zu ihren Herausgebern gehörte auch Pierre-Antoine Cousteau, der Bruder des Meeresforschers Jacques-Yves Cousteau.

Charakteristik

1931 hatte sie in der französischen Zeitungsszene für eine Revolution gesorgt, als auf ihrer Titelseite insgesamt neun Fotografien platziert waren. Provoust hatte eine besondere Begabung die besten Journalisten für seine Arbeit heranzuziehen und die Paris-Soir hatte bald einen guten Ruf als Journalistenschule. 1955 zählte man allein 38 Herausgeber und Chefredakteure in Frankreich, die allesamt durch die Schule der Paris-Soir gegangen waren. Albert Camus, der bekannte Autor und spätere Literaturnobelpreisträger, begann seine journalistische Karriere bei dieser Tageszeitung.[6] Georges Simenon, der Urheber der Maigret-Reihe, arbeitete hier als Kriminalreporter. Die hochangesehensten und populärsten Schriftsteller der 1930er Jahre Frankreichs veröffentlichten im Paris-Soir: u. a. Francis Carco, Blaise Cendrars, Colette, Jean Cocteau,[7] Pierre Mac Orlan, André Maurais und François Mauriac. Aber auch der österreichische Journalist Anton Zischka arbeitete für Paris Soir.[8] Bekannte Journalisten der Tageszeitung waren Titaÿna, Emmanuel Bove, Georges Cravenne, Raoul de Roussy de Sales und Indro Montanelli; die Komponisten Georges Auric und Pierre Octave Ferroud arbeiteten dort als Musikkritiker, während André Zucca sich einen ambivalenten Namen als Pressefotograf machte.[9] In jener Phase war Pierre Lazareff für den Erfolg der Zeitung zuständig.[10]

Die Zeitgenossen beschuldigten damals Lazareff unterschwellig für die Amerikanisierung der Zeitung verantwortlich zu sein, indem man auf großaufgemachte schockierende Schlagzeilen setzte.[11] Eine andere Stärke der Zeitung war ihre Unabhängigkeit von ausländischen Investoren und dem politischen Druck auswärtiger Botschaften, was sie gleichermaßen gefährlich für deren Außenpolitik machte.[12][13] Außerdem setzte kaum eine andere französische Tageszeitung der 30er Jahre so sehr auf die Sportberichterstattung insbesondere der prestigeträchtigen Tour de France, indem man alleine 40 Mitarbeiter darauf ansetzte, um die Auflagen von L’Auto einzuholen und schließlich gar zu übertreffen.[14] 1934 erreichte der technische Aufwand ein neues Ausmaß: zwei Flugzeuge, fünf Autos, fünf Motorräder und einen Belinographwagen stellte man für die Tour de France ab.[15]

Literatur

  • Raymond Barillon: Le cas Paris-Soir. Paris 1960
  • Marc Martin: Médias et journalistes de la République. Odile Jacob, Paris 1997.

Einzelnachweise

  1. Raymond Kuhn: The Media in France. Routledge, London 2002, S. 18.
  2. z. B.: Kathrin Engel: Deutsche Kulturpolitik im besetzten Paris 1940–1944: Film und Theater. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2003. S. 171.
  3. Allan Mitchell: Nazi Paris: The History of an Occupation, 1940–1944. Berghahn Books, New York 2010, S. 122.
  4. Herbert Rutledge Southworth: Guernica! Guernica!: A study of journalism, diplomacy, propaganda, and history. University of California Press, Berkeley 1977, S. 408.
  5. Jens Ivo Engels: Kleine Geschichte der dritten französischen Republik (1870–1940). UTB Böhlau, Köln 2007, S. 170ff.
  6. Neil Heims: Biography of Albert Camus. In: Harold Bloom: Albert Camus. Philadelphia 2003, S. 26.
  7. Hier schrieb er eine Artikelreihe mit dem Titel In 80 Tagen um die Welt, indem er Phileas Foggs Reiseweg folgte. Vgl. Stéphane Groueff: My Odyssey. New York 2003, S. 208.
  8. Chun-Shik Kim: Ostasien zwischen Angst und Bewunderung: das populäre deutsche Ostasienbild der 1930er und 40er Jahre in Reiseberichten aus dem japanischen Imperium. Hamburg 2001, S. 63.
  9. Johannes Wetzel: Streit in Paris um idyllische Nazifotos. In: Die Welt, 25. April 2008
  10. Clyde Thogmartin: The national daily press of France. Birmingham 1998, S. 123.
  11. Clyde Thogmartin: The national daily press of France. Birmingham 1998, S. 124.
  12. Clyde Thogmartin: The national daily press of France. Birmingham 1998, S. 125.
  13. Theodore Zeldin: A History of French Passions 1848–1945: Intellect, taste and anxiety. Oxford University Press/Clarendon Press, Oxford 1993, S. 536.
  14. Christopher S. Thompson: The Tour de France: A Cultural History. University of California Press, Berkeley/London 2008, S. 42.
  15. Judith Keilbach: Fasten your seatbelt! Bewegtbilder vom Fliegen. Münster 2009, S. 80.
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