Palmen-Express

Der Palmen-Express war eine Parkeisenbahn im Palmengarten Frankfurt. Die Schmalspurbahn verkehrte seit 1972 regulär vom April bis zum Oktober. Je nach Bedarf wurde die Fahrsaison entweder verkürzt oder auch verlängert. 2021 wurde die Schließung bekannt gegeben.

Der Palmen-Express von 2012 im September 2013 in der Nähe der Haltestelle Spielwiese

Erste Bahn 1881

Elektrolokomotive von Werner Siemens auf der Gewerbeausstellung 1879 in Berlin
Palmen-Express von 2012 im 2012 neu errichteten Gebäude mit Kopfbahnhof und Depot
Palmen-Express mit nachgebildeter Western-Dampflokomotive an deren letztem Betriebstag, 16. Oktober 2011

Von Mai bis September 1881 fuhr im Rahmen der Allgemeinen Patent- und Musterschutz-Ausstellung im Palmengarten eine elektrisch betriebene Bahn. Der Zug entsprach dem, der 1879 mit der ersten Elektrischen Lokomotive von Siemens auf der Berliner Gewerbeausstellung am Lehrter Bahnhof eingesetzt worden war. Der Betrieb der Eisenbahn erfolgte im östlichen Teil des Palmengartens auf einem Rundkurs mit einer Spurweite von 550 mm und einer Geschwindigkeit von 7 km/h. Die Lokomotive mit einer Leistung von 2,2 kW wurde mit Gleichstrom von 150 V betrieben. Die Stromversorgung erfolgte durch eine Stromschiene in Mittellage.[1]

Bahnanlagen

1972 bis 2011

Die Bahn wurde 1972 zwischen den Endhaltestellen Bootsweiher vorbei an Rhododendrongarten, Blumenwiese und Bambus und dem Spielplatz Leonhardsbrunn eröffnet und hat eine Spurweite von 600 mm. Die eingleisige Strecke war 650 m lang. An beiden Enden änderte der Zug bis zum Ende der Fahrsaison im Oktober 2011 jeweils in einer Wendeschleife die Fahrtrichtung, eine führte um das 1997 eröffnete Papageno Musiktheater herum. Die Haltestelle Bootsweiher wurde später nach Spielplatz und die Haltestelle Spielplatz Leonhardsbrunn nach Spielwiese umbenannt. Ursprünglich wurde die Lokomotive mit ihren Wagen nachts und außerhalb der Fahrsaison in einem Tunnel in der Mitte der Strecke abgestellt. Nach 1980 wurde ein neuer Lokschuppen abseits der Strecke gebaut.[1]

Ab 2012

Im Bereich des Papageno Musiktheaters wurden im Palmengarten 2012 Umbauten vorgenommen. Es wurde ein direkter Zugang zu dem Theater von der Zeppelinallee aus geschaffen. Durch diese Umbauten entfiel ab der Fahrsaison 2012 die bisherige Wendeschleife rund um das Musiktheater. Gleichzeitig entstand daneben auch ein neues Betriebsgebäude aus Holz als Kopfbahnhof und Fahrzeugdepot. Die entfallene Haltestelle Spielplatz wurde durch die neue überdachte Haltestelle Bahnhof mit Bahnsteig im Kopfbahnhof ersetzt. Das Architekturbüro Turkali schuf die Atmosphäre einer Bahnhofshalle mit Hilfe einer handelsüblichen Gewächshauskonstruktion und einer durchgehenden Verglasung des Daches. Das Gebäude hat eine weitgehend geschlossene Fassade aus senkrechten Lärchenholzbrettern. Die Bahnsteigseite besitzt 12 verschließbare Durchgänge, von denen 8 in der Höhe der Größe von Kindern entsprechen und eine Bahnhofsuhr der Deutschen Bahn AG.[2] Zusätzlich wurden die Gleisanlagen erneuert. Insgesamt investierte der Palmengarten zwei Millionen Euro.[3] Die Strecke für eine Einzelfahrt begann an der Haltestelle Bahnhof und endete an der Haltestelle Spielwiese in der dortigen Wendeschleife. Die Fahrt des Zuges führte durch den Rhododendrongarten, passierte den Staudengarten, die Villa Leonhardi, das Haus Leonhardsbrunn und endete am Wasserspielplatz. Die Fahrzeit zwischen beiden Endhaltestellen dauerte etwa 6 Minuten. Neben den regulären Fahrten wurden auch Sonderfahrten angeboten.[4]

Schließung 2021

Im September 2021 berichtete der hr4, dass der Palmen-Express ersatzlos eingestellt werde. Als Grund wurden Finanzierungsprobleme angegeben.[5][6]

Fahrzeuge

1972 bis 2011

Der erste Zug von 1972 bestand aus einer Akku-Lokomotive von Schwingel in Leverkusen mit der Achsfolge 2'B, also einem Drehgestell mit zwei Laufachsen und zwei mit Kuppelstangen gekuppelten Treibradsätzen. Das Äußere der Lokomotive war einer Western-Dampflokomotive nachempfunden. Bei einer echten Dampflokomotive wären ein Treibradsatz von den Zylindern über die Treibstange direkt und der andere über die Kuppelstange verbunden indirekt angetrieben worden. Der Antrieb dieser Lokomotive erfolgte jedoch tatsächlich von einem Elektromotor auf die beiden Treibachsen. Die nicht für den tatsächlichen Antrieb benötigten Zylinder und Stangen waren nur Attrappen, genau wie der Schlepptender, der keine Brennstoffe befördern musste. Zum Personentransport dienten der Schlepptender und vier offene Sommerwagen in Rot, Gelb, Blau und Grün mit je zwei zweiachsigen Drehgestellen. Der Zug fuhr von Anfang an mit etwa 5 km/h durch den Park. Der ursprüngliche 20 Minuten-Takt nach einem Fahrplan wurde in der Zeit bis 1984 durch einen Bedarfsverkehr ersetzt.[1] Dieser ursprüngliche Zug des Palmen-Expresses verkehrte letztmals am 16. Oktober 2011. Er wurde für 10.000 Euro nach Hannover verkauft.[3]

Technische Daten

Kenngröße[7] Lokomotive Tender Wagen Zug (gesamt)
Baujahr1972197219721972
letzte Hauptuntersuchung03/200003/200003/2001 (Wagen 1 und 4)
03/2002 (Wagen 2 und 3)
TypKardan-Lokomotive
Typ CEL 20 mit elektrischem Antrieb
Achsfolge2'B
Eigengewichtca. 2.850 kg600 kg600 kg5.850 kg
Verkehrslast1.200 kg1.200 kg5.400 kg
Gewicht des voll besetzten Zuges11.150 kg
Länge4.250 mm2.500 mm3.600 mm21.150 mm
Höhe2.030 mm1.800 mm1.800 mm1.800 mm
Breite1.100 mm1.100 mm1.100 mm1.100 mm
Achsabstand1.000 mm
Drehgestellabstand1.300 mm2.400 mm
Treibraddurchmesser450 mm
Leistung7,5 kW / 10,2 PS
Geschwindigkeit6 km/h
Spurweite600 mm600 mm600 mm600 mm
Ø Laufleistung / Jahr4.500 km
Laufleistung 1972–2002ca. 135.000 km

Ab 2012

FOTG-Triebwagen 8 mit Beiwagen 13 von 1884: ältester erhaltener Elektrotriebwagen der Welt und Design-Vorbild für den Palmen-Express von 2012
Der Palmen-Express von 2012 im September 2013 an der Haltestelle Spielwiese

Für die Fahrsaison 2012 wurde von dem Sondermaschinenbauer SLZ-Maschinenbau GmbH in Hanau in Einzelfertigung ein neuer Triebzug gebaut.

Vorbild

Der neue Zug ist in seinem Design einem der weltweit ersten kommerziell eingesetzten elektrischen Straßenbahn-Triebwagen der Frankfurt-Offenbacher Trambahn-Gesellschaft (FOTG) Siemens & Halske und Herbrand & Cie. nachempfunden, eine Idee der damaligen Frankfurter Umweltdezernentin Manuela Rottmann.[8] Das meterspurige Vorbild verkehrte von 1884 bis 1906 zwischen der Alten Brücke in Frankfurt-Sachsenhausen und dem Mathildenplatz in Offenbach am Main. Eines dieser Fahrzeuge von 1884 befindet sich heute mit einem Beiwagen im Verkehrsmuseum Frankfurt am Main in Frankfurt-Schwanheim.[9]

Neuer Zug

Bedingt durch den Wegfall der Wendeschleife an der Zeppelinallee war ein Zweirichtungsfahrzeug erforderlich, das an einem Streckenende als Wendezug eingesetzt werden konnte. Dieses Fahrzeug hatte am 2. April 2012 im Palmengarten seine Jungfernfahrt mit dem Direktor des Palmengartens Matthias Jenny.[3] Der neue Akku-Triebzug besitzt zwei Triebköpfe mit den Nummern 1 und 2. Diese haben jeweils an einem Ende einen Führerstand und laufen auf zwei zweiachsigen Drehgestellen. Darüber hinaus wird der Zug aus mindestens zwei Mittelwagen gebildet, die um maximal zwei weitere Mittelwagen ergänzt werden können. Maximal 60 Passagiere können gleichzeitig befördert werden. Alle eingesetzten Personenwagen mit den Nummern 3, 4, 5 und 6 haben ebenfalls zwei zweiachsige Drehgestelle, davon ist pro Wagen ein Radsatz angetrieben, der zusätzlich mit einer Sandstreueinrichtung für die Räder versehen ist. Zwei der Wagen besitzen eine Rollstuhlrampe für den barrierefreien Zugang von Rollstuhlfahrern und Kinderwagen. Nach Anlaufschwierigkeiten wegen technischer Probleme des Prototyps in der Fahrsaison 2012 musste sich der Palmen-Express bis August 2012 mehreren Werkstattaufenthalten unterziehen um notwendige Nacharbeiten durchzuführen. Mehr als 100.000 der bis zu 800.000 Besucher des Palmengartens benutzen den Palmen-Express pro Jahr.[3] Während der wärmeren Monate wird ein Teil der Fensterscheiben entfernt, um während der Fahrt für eine angenehme Luftzirkulation zu sorgen.[10]

Die Triebköpfe 1 und 2 bestehen aus einem Führerstand und einem Fahrgastraum. Beide sind durch eine Kunststoffscheibe getrennt. Der Fahrgastraum hat jeweils zwei von einem Zwischenraum getrennte Sitzbänke mit je vier Sitzplätzen. Der Zwischenraum ist barrierefrei und kann für Kinderwagen oder Rollstuhlfahrer genutzt werden. Der Zugang erfolgt durch große Doppeltüren im Fahrgastraum. Beide Triebköpfe verfügen über eine Rollstuhlrampe. Die einzeln angetriebenen Mittelwagen 3, 4, 5 und 6 sind jeweils identisch eingerichtet. Jeder Wagen verfügt über drei Abteile mit je 2 gegenüberliegend angeordneten Sitzbänken. Der Zugang zu den Abteilen erfolgt über zwei Schiebetüren. In jedem Wagen können bis zu 12 Personen Platz finden. In den etwas wärmeren Monaten werden die Scheiben in den jeweils sechs Türen der Mittelwagen entfernt.[11]

Technische Daten

Kenngröße[11] Triebkopf 1 und 2 Waggons 3, 4, 5 und 6 Zug (gesamt)
Baujahr201220122012
AchsfolgeB’B’B’B’B’B’+ B’B’+ B’B’+ B’B’+ B’B’+ B’B’
Eigengewicht3.000 kg2.700 kg16.800 kg
Gesamtgewicht3.400 kg3.600 kg21.200 kg
Länge Wagenkasten4.000 mm4.000 mm24.000 mm
Länge inkl. Kupplung4.549 mm4.489 mm27.054 mm
Kurzzug 12113.500 mm
Kurzzug 22218.000 mm
Kurzzug 32322.500 mm
Vollzug2427.054 mm
Höhe2.309 mm2.309 mm2.309 mm
Breite vorn1.000 mm1.200 mm1.000 mm
Breite hinten1.200 mm1.200 mm1.000 mm
Abteile2316
Sonderabteile12
Sitzplätze41256
Geschwindigkeit6 km/h6 km/h6 km/h
Spurweite600 mm600 mm600 mm

Literatur

  • Dieter Höltge, Günter H. Köhler: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. 2. Auflage. Band 1: Hessen. EK-Verlag, Freiburg 1992, ISBN 3-88255-335-9, S. 152 (Erste Auflage: Beschreibt die Siemens-Bahn von 1881 und den ursprünglichen Western-Zug, Stand von 1984).
Commons: Palmen-Express Frankfurt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dieter Höltge, Günter H. Köhler: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. 2. Auflage. Band 1: Hessen. EK-Verlag, Freiburg 1992, ISBN 3-88255-335-9, S. 152.
  2. Christian Eblenkamp: Bahnhof im Palmengarten. In: Webseite des Unternehmens. Turkali Architekten – Professor Zvonko Turkali Architekt BDA, 2012, abgerufen am 19. November 2018.
  3. Lukas Gedziorowski und Stephan Loichinger: Palmenexpress – Volldampf voraus für die Kleinen. In: fr-online.de. Frankfurter Rundschau, 3. April 2012, abgerufen am 19. November 2018.
  4. Hendrik Schweiger: Herzlich Willkommen beim Palmen-Express im Frankfurter Palmengarten – Sonderfahrt. In: Webseite des Unternehmens. Hendrik Schweiger Parkbahnbetrieb, 2018, abgerufen am 19. November 2018.
  5. hr4 de, Frankfurt Germany: Schienen-Bähnchen im Frankfurter Palmengarten stellt Betrieb ein (12.30h). Abgerufen am 10. September 2021 (deutsch).
  6. Aktivitäten – Palmen-Express außer Betrieb. Abgerufen am 8. Juni 2023.
  7. Hendrik Schweiger: Technik: Zur Technik des ehemaligen Palmen-Express. In: Webseite der Parkeisenbahn Palmen-Express. Hendrik Schweiger Parkbahnbetrieb Wiesbaden, 2012, abgerufen am 30. September 2013.
  8. Jungfernfahrt des Palmen-Express im Frankfurter Palmengarten. In: Webseite von YouTube. rheinmaintv, 31. Oktober 2012, abgerufen am 19. November 2018.
  9. Hendrik Schweiger: Aktuelles/Termine/Erinnerungen „Aus alt mach neu“ oder: Der neue Zug sieht ziemlich alt aus. In: Webseite der Parkeisenbahn Palmen-Express. Hendrik Schweiger Parkbahnbetrieb Wiesbaden, 2012, abgerufen am 30. September 2013.
  10. Hendrik Schweiger: Herzlich Willkommen beim Palmen-Express im Frankfurter Palmengarten – Saison. In: Webseite des Unternehmens. Hendrik Schweiger Parkbahnbetrieb, 2018, abgerufen am 19. November 2018.
  11. Hendrik Schweiger: Zug und Technik. In: Webseite der Parkeisenbahn Palmen-Express. Hendrik Schweiger Parkbahnbetrieb Wiesbaden, 2012, abgerufen am 19. November 2018.

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