Otto Groth

Otto Groth (* 2. Juli 1875 in Schlettstadt, Elsass; † 15. November 1965 in München) war ein deutscher Journalist und Medienwissenschaftler (Schwerpunkt: Zeitung). Er gilt neben Emil Dovifat und Karl Bücher als einer der Gründungsväter der deutschen Zeitungswissenschaft.

Leben

Otto Groth kam als Achtjähriger nach München, nachdem sein Vater Paul Groth 1883 zum Professor für Mineralogie und Kurator der Mineralogischen Staatssammlung in München berufen worden war. Nach dem Abitur begann er 1895 ein Studium der Volkswirtschaft und Jura an der Universität München. 1900 wurde er Journalist bei dem 1892 gegründeten Volksblatt Der Beobachter[1] in Stuttgart, 1906 leitender Redakteur der Ulmer Zeitung und zwei Jahre später Korrespondent der Frankfurter Zeitung, deren Redaktion aus politischen Gründen 1866 nach Stuttgart verlegt worden war. 1915 wurde Groth an der Universität Tübingen mit der Arbeit Die politische Presse Württembergs promoviert. Ab 1920 war er Korrespondent der Frankfurter Zeitung in München. Otto Groth bot in seinem mehrbändigen Opus magnum Die Zeitung, das 1928 bis 1930 erschien, eine schier unerschöpfliche Faktenfülle zur historischen Entwicklung des deutschen Pressewesens.

Groth war zwar – wie sein Vater – evangelisch getauft, galt als Sohn seiner zum Christentum konvertierten Mutter jüdischer Herkunft[2] jedoch als Halbjude. Zwar war er sogar vor Emil Dovifat auf der Berliner Berufungsliste platziert, bekam jedoch schon vor 1933 letztlich keinen Lehrstuhl.[3]

1934 verschärfte sich seine berufliche Situation, da er vom Schriftleitergesetz der nationalsozialistischen Reichsregierung unmittelbar betroffen war: Er erhielt Berufsverbot. Nach Ende des Krieges beteiligte sich Groth an der Organisation von Bildungskursen für Journalisten und war ab 1948 Mitherausgeber der Münchener Schriften. Als Vorsitzender des neugegründeten Journalistenverbands in Bayern leitete er ab 1946 die ersten Journalistischen Vorbildungskurse in München. Zu diesen (von der US-Besatzungsmacht auf Grundlage der damaligen Reeducation-Phase geförderten) Lehrgängen war keine Hochschulreife erforderlich; sie waren auf 10 Monate Dauer und berufsbegleitend im Stil einer Abendschule angelegt.[4] Dies erleichterte hunderten von Nachwuchsjournalisten den Berufseinstieg, bis das Provisorium 1949 durch die Gründung der Deutschen Journalistenschule hinfällig wurde.

Groth definierte die Zeitung mit Hilfe folgender vier „Wesensmerkmale“:

  • Aktualität
  • Universalität
  • Publizität
  • Periodizität

Die materielle Basis der Zeitung legte er in seiner bis heute in der Kommunikationswissenschaft gebräuchlichen Definition nicht fest. „Zeitung“ meint also nicht so sehr das gedruckte Tageblatt, als die ihm zugrundeliegende „geistige Gestalt“ des Inhalts, was durch Begriffe wie Kulturwerk Zeitung, Zeitgespräch der Gesellschaft oder Gespräch der Gesellschaft mit sich selbst über Fragen der Zeit verdeutlicht wird.

Otto Groth war seit 1903 mit Marie Hörlin (* 1881) verheiratet. Der Ehe entstammten drei Kinder.

Auszeichnungen

Zitat

„Die Nachricht muß wahr sein, den Tatsachen entsprechend, sie muß möglichst frei von persönlichen Auffassungen und Gefühlen des Berichtenden, von Werturteil und Zwecksetzungen sein, sie muß sich auf tatsächliche Vorgänge beschränken.“

Otto Groth: Die Zeitung. Band 1, S. 484

Schriften (Auswahl)

  • Politisch-Wirtschaftliches Konversationslexikon. Levy & Müller, Stuttgart 1911 (zusammen mit Hermann Gustav Bayer; Titelaufnahme im BVB).
  • Die politische Presse Württembergs. Dissertation. Scheufele, Stuttgart 1915, DNB 570670756.
  • Die Zeitung. Ein System der Zeitungskunde (Journalistik). 4 Bände. Verlag Bensheimer, Mannheim/Leipzig 1928–1930, DNB 560527330.
  • Zur Historie der Zeitungswissenschaft. In: Zeitungswissenschaft. 6. Jg. (1931), ZDB-ID 552392-8, S. 378–383.
  • Die Geschichte der deutschen Zeitungswissenschaft. Probleme und Methoden. Weinmayer, München 1948, DNB 451688953.
  • Die unerkannte Kulturmacht. Grundlegung der Zeitungswissenschaft (Periodik). 7 Bände. de Gruyter, Berlin 1960–1972, DNB 456823840 (Band 1–6), DNB 540005622 (Band 7).
  • Allgemeinen Betrachtungen zur Kunstkritik. In: Publizistik. 8. Jg. (1963), S. 478–488.
  • Vermittelte Mitteilung. Ein journalistisches Modell der Massenkommunikation (= Reihe ex libris Kommunikation. Band 7). Hrsg. von Wolfgang R. Langenbucher. Fischer, München 1998, ISBN 3-88927-161-8.

Literatur (Auswahl)

  • Günter Kieslich, Walter J. Schütz (Hrsg.): Festschrift für Otto Groth. Verlag Heye, Bremen 1965, DNB 451249720.[5]
  • Ángel Faus Belau: La ciencia periodística de Otto Groth (= Instituto de Periodismo [Hrsg.]: Cuadernos de trabajo. Heft 9). Universidad de Navarra, Pamplona 1966, OCLC 715882271 (spanisch).
  • Wolfgang R. Langenbucher: Einführung – Zu Person und Werk. In: Otto Groth: Vermittelte Mitteilung. Ein journalistisches Modell der Massenkommunikation (= Reihe ex libris Kommunikation. Band 7). Hrsg. von Wolfgang R. Langenbucher. Fischer, München 1998, ISBN 3-88927-161-8, S. 151–186.
  • Karl-Ursus Marhenke: Die periodikalische Vermittlung von Wissen. Otto Groth und seine theoretische Forschung. Eine rationale Rekonstruktion. Dissertation. Universität Leipzig, 2008, DNB 995682143.

Einzelnachweise

  1. ZDB-ID 130536-0.
  2. Rosalie Maria Groth (1846–1925) war die Tochter des jüdischen Kaufmanns Julius Levy; sie war zur protestantischen Konfession übergetreten.
  3. 1945 bezeichnete Groth seinen Kollegen, der inzwischen als Chefredakteur der [DDR-]CDU-Zeitung Neue Zeit tätig war, als „redseligen Verkünder nationalsozialistischer Irrlehren“ und forderte ihn zum Rückzug aus dem öffentlichen Leben auf; Mehr Zurückhaltung! Leserbrief. In: Die Neue Zeitung. 28. Oktober 1945. Nach: Klaus-Ulrich Benedikt: Ein deutsches Leben – mal sachlich betrachtet. In: Bernd Sösemann (Hrsg.): Emil Dovifat: Studien und Dokumente zu Leben und Werk (= Beiträge zur Kommunikationsgeschichte. Band 8). Walter de Gruyter, Berlin/New York 1998, ISBN 3-11-015771-3, S. 3–16, hier S. 13 und Anm. 22, 23.
  4. Otto Groth: Das Nachwuchsproblem in Dietrich Oppenberg (Hrsg.): Handbuch Deutsche Presse 1947. Reprint des Zeitungsteils. Econ Verlag, Düsseldorf 1996, ISBN 3-430-17288-8, S. 96–101.
  5. Zuerst veröffentlicht in der Zeitschrift Publizistik. 10. Jg. (1965).
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