Otto von Bismarck (Musiker)

Otto von Bismarck (* 1959 als Ottmar Seum in Alsfeld) ist ein deutscher Sänger und Songwriter.

Otto von Bismarck im Lido, Berlin 16. Januar 2019

Leben

Ottmar Seum brach 1975 die Schule ab, um mit Hans Riffer, Rainer Theobald, Harald Gnade und Dieter Steinmann die Band Grabhund[1] zu gründen. 1979 übersiedelte man nach Frankfurt a. M., wo zwei Jahre später ihre erste LP Grabhund ABC bei Zweitausendeins erschien. Zwei Konzerte 1982 mit der amerikanischen Gruppe Defunkt sowie Zatopek im Metropol Theater bzw. Ballhaus Tiergarten in Berlin markierten den Höhepunkt und gleichzeitig das Ende der Formation.

Seum gründete 1983 das Kollektiv Forbach S.A. mit Hans Dieter Richardt und Faldon B. Wald, Robert Janitz, Hans-Jürgen Roth, Enno Maus u. a. –, das Musique concrète, Fluxus und Punk spielte – eine musikalische Praxis, aus der Seum auch im Folgenden immer wieder schöpfte.

Im gleichen Jahr zog er endgültig nach Berlin. Gemeinsam mit Borries von dem Bussche, Drummer bei Zatopek und Mekanik Destrüktiw Komandöh, entstanden verschiedene Video- und Sound-Arbeiten. 1984 trafen sie im Café Swing auf Caspar Brötzmann. Sie gründeten die Band The Bonkers[2] und tourten durch Europa.

Mit den Turbo Hi Dramatics, einer New Yorker Punkband, tourte Seum durch Deutschland, Österreich und die Schweiz.

1985 formierten sich die Space Cowboys[3] aus der engen Freundschaft zwischen Alfred Mommertz, Borries von dem Bussche und Seum – alias Apollo Jones, Bishop and Legion Mars – und The Chip Rainer Matthias im Umfeld des Fischbüros. Beim Berlin Atonal Festival[4] von Dimitri Hegemann sprangen sie für den britischen Top Act Test Departement ein. Das Publikum war gespalten: Teutonische Schwulen-Disko trifft auf Krach, Melodien und martialische Show. Kurz darauf nahmen sie ihre erste EP Without You auf.[5] Sänger und Frontmann Mommertz verließ die Band aus privaten Gründen, Seum übernahm als Frontmann und nannte sich von nun an Otto von Bismarck. Mit den Kostümen der neu hinzugekommenen Danielle de Picciotto und dem halsbrecherischen Stage Diving des Mike Vamp avancierten sie zu einer der besten deutschen Livebands.

Sie unterschrieben bei Rough Trade Records/Our Choice, eine Zusammenarbeit, die bis 1993 andauerte. Mit den nächsten drei Platten (Maxi Too high; CD/LP Locked n Loaded, Single-Auskopplung You got me goin’), produziert von David Harrow, erreichten sie ein internationales Publikum. Daraufhin folgte eine Tour durch die Niederlande und Konzertreisen im In- und Ausland. Spannungen mit der Plattenfirma führten zum Bruch und einem Deal mit dem Label U.S.S.R. von K. P. Schleinitz,[6] dem Manager der Band Alphaville. Mit der EP Terrorist im Gepäck, produziert von Danny Saber und Jamie Rose, reisten die Space Cowboys zum SxSW in Austin, Texas (1994). Kurz darauf löste sich die Band aus persönlichen Gründen auf.

Bismarck wandte sich nun intensiv dem Songwriting zu. Er begann 1998 eine Reihe von Solo-Konzerten. Er trat als Gast bei Moritz Wolpert und The Screaming Meat in der Lore-Bar, im Oxymoron in Berlin-Mitte und in der Trompete am Lützowplatz auf, mit u. a.: Yoyo Röhm, Bruno Adams, Jamie Klimek, Kristof Hahn, Ben Becker, Bobo, Martin Dean, Alexander Hacke und Meret Becker.

Mit den eigenen Formationen Pony mit Friedel Kriete und der Ultramarine-Festival-Band mit Sebastian Krajewski konzertierte Bismarck[7] z. B. mit Calvin Russell im Berliner Loft oder im eigenen Vocalion Club im Kato am Schlesischen Tor.

Im Jahr 2000 arbeitete er erneut mit Caspar Brötzmann zusammen. Sie nahmen die Platte Mute Massacre auf und spielten ein Silvester-Konzert in Nantes, bei dem Caspars Vater Peter Brötzmann sich ihnen anschloss. Bismarck schrieb für Marian Golds Soloalbum den Song Soulman und tourte als Bandmitglied mit Alphaville.

2002 traf Bismarck Yelka Wehmeier, kurze Zeit darauf Daniel Nentwig und Sebastian Maschat, eine jüngere Generation von Musikern. Sie gründeten Two Chix and a Beer und arbeiteten die nächsten zehn Jahre sehr produktiv zusammen.

Sie spielten Konzerte in England[8] und Deutschland und veröffentlichten zahlreiche Alben[9]. Der Song The Easiest Rider wurde 2007 von Alexander Scheer im Film Das wilde Leben interpretiert.[10] 2009 überraschten die Bandkollegen Bismarck anlässlich seines 50. Geburtstag mit Marching Band, Sänften-Umzug rund um das Kottbusser Tor und einer musikalischen Revue der Freunde und Wegbegleiter im Festsaal Kreuzberg, mit Too Far Gone, Adrian vom Hove, Danny Bruder, Jan Opoczynski, Olivia Stahn, Nathan Vanderpool, Sebastian Krajewski, Arne Neumann, Alexander Scheer, Rainer Theobald u. a. Als letztes Album erschien 2010 Friends of Dolores bei Butterama,[11][12][13] bevor die Band 2013 getrennte Wege ging.

Bismarck konzertierte mit Sebastian Maschat als Zwei Tote Deutsche. Musique Conrète und Fluxus traten wieder in den Vordergrund. Er spielte mit Daniel Nentwig (Bass, Gesang) und Robert Kretzschmar (Schlagzeug) Konzerte in Bayreuth[14], Jena und Berlin[15]. 2017 begann Bismarck mit Daniel Nentwig in dessen Butterama-Studio die Arbeit am ersten Soloalbum. Es ist am 2. September 2022 beim Staatsakt-Label erschienen.[16]

Diskografie

  • Grabhund – Ein Stuhl ist ein Stuhl (1981), 7″, Gulp
  • Grabhund – Grabhund ABC (1981), LP, Portobello, Zweitausendeins
  • Space Cowboys – Without You (1988), 12″, Interfisch Records
  • Space Cowboys – Satisfaction(1989), The Ghost of Brian, Black Fantasy
  • Space Cowboys – Home on the Range (1990), LP/CD, Vielklang
  • Space Cowboys – 2 Hi (1990), 12″, Roughmix
  • Space Cowboys – You Got Me Goin’ (1992), CD/Maxi, Our Choice
  • Space Cowboys – Locked N Loaded (1992), LP/CD, Our Choice
  • Space Cowboys – Initiated (1992), Music For The 90’s – Volume 4, Roughtrade
  • Space Cowboys – Ace Of Space (1992), Various – Nur Mut!, Roughtrade
  • Space Cowboys – Terrorist (1994), 12″, U.S.S.R
  • Marian Gold – United (1996), CD/Album, Navigator Music Ltd.
  • Caspar Brötzmann – Mute Massaker (1999), Doppel-LP, Our Choice
  • Two Chix & A Beer – Two Chix & A Beer (2003), CD/Album, Butterama
  • Two Chix & A Beer – Everybody Should Be Happy (2004), CD/Album, Butterama
  • Two Chix & A Beer – Disco Boots (2006), CD/Album, Butterama
  • Stoneage Kid – Into Depravity(2016), Vinyl/EP, Smile For A While
  • Two Chix & A Beer – Can’t Go Home Again (2006), CD, Butterama
  • Two Chix & A Beer – Friends Of Dolores (2010), LP/CD, Butterama
  • Otto von Bismarck & Two Chix & A Beer – Five Easy Pieces (2017), MP3 Album, MW
  • Otto von Bismarck – Weihnachten in Neukölln (2018), EP digital, Smile For A While
  • Otto von Bismarck – Zu viele Erinnerungen (2022), Album, Staatsakt

Einzelnachweise

  1. Franz Schöler: „Wollt ihr den totalen Tanz?“ In: Die Zeit, Nr. 29/1982
  2. Ulrich Stock: Nie schön. In: Die Zeit, Nr. 33/1988
  3. Jacek Slaski: 100 Berliner Platten. In: tip. 2. Februar 2018, abgerufen am 6. Juli 2018.
  4. 1986 Berlin Atonal. In: RockinBerlin. Abgerufen am 4. September 2023.
  5. Karsten Wolff: Independentmusik in Berlin: z. B. Interfisch-Records. In: die tageszeitung. 26. Januar 1990, abgerufen am 6. Juli 2018.
  6. Klaus-Peter Schleinitz
  7. Thomas Winkler: Durchs Dröhnland – den Originalen zum Verwechseln ähnlich. In: taz. taz. die tageszeitung, 22. August 1997, abgerufen am 6. Juli 2018.
  8. Two Chix & A Beer at Islington Mill. In: Video Jam. 4. April 2013, abgerufen am 6. Juli 2018 (englisch).
  9. Two Chix & A Beer. Torstrassen Kreuzberg, 8. Juni 2012, abgerufen am 6. Juli 2018.
  10. The Easiest Rider by Alexander Scheer. In: tunes zone. Abgerufen am 6. Juli 2018.
  11. David Hintz: FolkWorld CD Reviews. In: FolkWorld Issue 43. 1. November 2010, abgerufen am 6. Juli 2018 (englisch).
  12. Jan Schimmang: Two Chix & A Beer im Festsaal Kreuzberg. In: tip Berlin. 5. Oktober 2010, abgerufen am 6. Juli 2018.
  13. Musik ist scheiße. Intro, 29. Oktober 2010, abgerufen am 6. Juli 2018.
  14. Marlene Ebertshäuser: sübkültür. kültürklüb e. V., 31. Oktober 2017, abgerufen am 6. Juli 2018.
  15. Special Guest Otto von Bismarck. In: Bi Nuu. Abgerufen am 6. Juli 2018.
  16. Otto von Bismarck: Zu viele Erinnerungen - staatsakt - indie label. Abgerufen am 2. September 2022 (deutsch).
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