Ottheinrich-Bibel

Die Ottheinrich-Bibel ist eine der kostbarsten Bilderhandschriften der Welt. Die wohl um 1425/30 geschriebene und wahrscheinlich in Regensburg teilweise illuminierte Handschrift überliefert eine frühe deutsche Übersetzung des Neuen Testaments. Sie basiert textlich auf der etwa 80 Jahre älteren Augsburger Bibelhandschrift. 1530 bis 1532 ließ Ottheinrich die vorgesehene Bildausstattung durch Matthias Gerung im Renaissance-Stil vollenden. Im Dreißigjährigen Krieg gelangte die Schrift nach Gotha. Hier wurde der riesige Band in den 1860er Jahren in acht Einzelbände zerlegt. Drei Bände (I, II und VII) erwarb die Bayerische Staatsbibliothek 1950, die restlichen fünf im Jahr 2007 (Signatur: Cgm 8010).

Illustration der Apokalypse durch Gerung, Blatt 294 recto

Auftraggeber

Dass nur ein fürstlicher Auftraggeber sich das höfische Prachtwerk geleistet haben konnte, scheint unstrittig. Sotheby’s entscheidet sich für den Bayern-Herzog Ludwig den Bärtigen (Ludwig VII. von Bayern) und den mutmaßlichen Schreibort Ingolstadt. Gesichert ist dies freilich nicht.

Geschichte der Handschrift

Erster nachgewiesener Eigentümer war Pfalzgraf Ottheinrich von Pfalz-Neuburg, der im Dezember 1530 den ersten Vertrag mit Matthias Gerung schloss, um die Illumination des kostbaren Codex zu vollenden. Ottheinrich nahm den Band nach Heidelberg mit. Im November 1622 entführte Kurfürst Maximilian von Bayern die Bibel nach München. Bei der schwedischen Besetzung Münchens 1632 nahm König Gustav Adolf von Schweden mit anderen Handschriften das Stück an sich. Er übergab es später Herzog Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar, von dem es an dessen Bruder Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha überging. Von etwa 1647 ab befand es sich in der Bibliothek von Schloss Friedenstein in Gotha.

Fünf der acht Bände gingen 1936 an das Kurpfälzische Museum in Heidelberg im Tausch gegen zwei Cranach-Gemälde.[1] 2003 wurden diese Bände der Herzog-von-Sachsen-Coburg-und-Gotha’schen Stiftung für Kunst und Wissenschaft zurückgegeben. Am 10. März 2006[2] wurden sie kurz vor der Einleitung des Verfahrens zur Eintragung in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes[3] aus Deutschland nach London verbracht, wo sie am 4. Dezember 2007 bei Sotheby’s zur Versteigerung (Lot 40) kommen sollten zum Mindestgebot von zwei Millionen Pfund (2,9 Millionen Euro). Kurz zuvor wurden sie vom Freistaat Bayern für die Bayerische Staatsbibliothek erworben.

Die in Gotha verbliebenen Teile der Bibel brachten Familienangehörige des ehemals regierenden Hauses mit anderen Kulturgütern 1945 in ihren Besitz. Sie wurden bereits 1950 an die Bayerische Staatsbibliothek verkauft.

Literatur

  • Brigitte Gullath und Ulrich Montag: Ottheinrichs deutsche Bibel: der Beginn einer großen Büchersammlung. (Bayerische Staatsbibliothek, Ausstellung 22. März – 18. Mai 2002; Staatliche Bibliothek Neuburg an der Donau, Ausstellung in der Städtischen Galerie im Rathausfletz, 24. März – 20. Mai 2002) Bayerische Staatsbibliothek/Faksimile-Verlag, München/Luzern 2002, ISBN 3-9802700-8-4.
  • Die Ottheinrich-Bibel. Faksimile-Verlag, Luzern 2002.
    • Band 1: Faksimile-Band.
    • Band 2: Kommentar zur Faksimile-Ausgabe der Handschrift Cgm 8010/1.2 der Bayerischen Staatsbibliothek München ISBN 3-85672-080-4
  • Western and Oriental Manuscripts. Katalog Sotheby’s: London 4. Dezember 2007
  • Die Ottheinrich-Bibel. Das erste illustrierte Neue Testament in deutscher Sprache. Jubiläumsausgabe 2011, hrsg. von der Bayerischen Staatsbibliothek, Primus, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-89678-747-7.

Einzelnachweise

  1. Bildnis eines Mannes mit Backenbart und Bildnis einer Frau von 1526; siehe Max J. Friedländer, Jakob Rosenberg: Die Gemälde von Lucas Cranach. 2. Aufl. Stuttgart: Parkland 1989 ISBN 3-88059-343-4, Nr. 308 und 309; beide Bilder sind wahrscheinlich seit dem Zweiten Weltkrieg verloren (ebd., S. 130)
  2. n-tv.de (Memento vom 13. September 2012 im Webarchiv archive.today)Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt (Quelle: dpa)
  3. Einleitung der Eintragung nach § 4 KultgSchG: Bek. des BayStMWFK vom 23. März 2006 (BAnz. Nr. 66 S. 2442 (Memento vom 4. Januar 2014 im Internet Archive)); Eintragung nach § 1 KultgSchG: Bek. des BayStMWFK vom 2. Mai 2007 (BAnz. Nr. 91 S. 5029 (Memento vom 4. Januar 2014 im Internet Archive))
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