Orotsäure

Orotsäure ist ein Pyrimidin-Derivat und Zwischenprodukt der Biosynthese des Uridinmonophosphats (UMP). Sie kommt unter anderem als Bestandteil des Nukleosids Orotidin vor. Die Salze der Orotsäure heißen „Orotate“.

Strukturformel
Struktur von Orotsäure
Allgemeines
Name Orotsäure
Andere Namen
  • 1,2,3,6-Tetrahydro-2,6-dioxopyrimidin-4-carbonsäure
  • Uracil-6-carbonsäure
  • Molkensäure
  • 6-Carboxy-2,4-dihydroxypyrimidin
  • Vitamin B13 (veraltet)[1]
  • OROTIC ACID (INCI)[2]
Summenformel C5H4N2O4
Kurzbeschreibung

farb- und geruchloses Pulver[3]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 65-86-1
EG-Nummer 200-619-8
ECHA-InfoCard 100.000.563
PubChem 967
ChemSpider 942
DrugBank DB02262
Wikidata Q425536
Eigenschaften
Molare Masse 156,1 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

348–350 °C[3]

pKS-Wert
Löslichkeit
  • schwer in Wasser (1,82 g·l−1 bei 25 °C)[5]
  • nahezu unlöslich in Ethanol[4]
  • löslich in wässrg. Alkalien[4]
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[5]
Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 302315319335
P: 301+312+330302+352305+351+338[5]
Toxikologische Daten

2000 mg·kg−1 (LD50, Maus, oral)[6]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Geschichte

Orotsäure wurde erstmals 1904 durch die italienischen Forscher Biscaro und Belloni aus Kuhmolke isoliert. Sie bezeichneten die saure Substanz als Orotsäure, abgeleitet vom griechischen „orós“, Molke. Da man früher davon ausging, dass Orotsäure lebensnotwendig sei, wurde sie auch als Vitamin B13 bezeichnet.

Vorkommen

Orotsäure ist ein Stoffwechselzwischenprodukt und kommt in Hefen sowie Schimmelpilzen der Gattung Neurospora wie Neurospora crassa, insbesondere Milchprodukten (auch Kolostrum) sowie zahlreichen Lebensmitteln vor.[4]

Eigenschaften

Orotsäure ist ein weißes, geruchloses, süßlich schmeckendes, kristallines Pulver, das sich fast nicht in Wasser oder Ethanol löst. In organischen Lösungsmitteln ist sie praktisch unlöslich.[4] Die dreibasige mittelstarke Säure löst sich besser in wässriger Alkalilauge. Beim langsamen Auskristallisieren bilden sich farblose, prismenförmige Kristalle. In fester, kristalliner Form ist Orotsäure nahezu unbegrenzt haltbar.[4]

Darstellung

Erstmals gelang die Darstellung durch die Chemiker Treat B. Johnson und Elmar F. Schröder 1931.[7][4] Diese konnten Orotsäure durch Oxidation aus 4-Thiouracil-4-aldehyd bzw. 4-Uracilaldehyd an Chromsäure synthetisieren.

Reaktionen

Orotsäure ist ein Zwischenprodukt der Biosynthese des Uridinmonophosphats. In Organismen wird Orotsäure durch die Oxidation von Dihydroorotsäure gebildet. Es handelt sich bei dieser Reaktion um den vierten Schritt der Pyrimidin-De-Novo-Synthese und wird durch die Dihydroorotsäure-Dehydrogenase katalysiert.

Biosynthese von Orotsäure
Biosynthese von Orotsäure

Durch Übertragung eines Phosphoribosylrestes durch die Orotat-Phosphoribosyltransferase reagiert Orotsäure im anschließenden Schritt weiter zu Orotidinmonophosphat (OMP), dessen Decarboxylierung zur Bildung von Uridinmonophosphat führt. Dieses wiederum ist das Ausgangsprodukt bei der Biosynthese der Pyrimidinbasen Cytosin, Thymidin und Uracil.

Biologische Bedeutung

Bei einem gestört ablaufenden Harnstoffzyklus führt das sich anstauende Carbamylphosphat zu einer erhöhten Synthese von Orotsäure. Eine Akkumulation von Orotsäure in Gewebe und Serum erfolgt auch auf Grund eines erblichen Mangels an Orotidin-5-phosphat-Pyrophosphorylase. Eine damit einhergehende vermehrte Ausscheidung über den Harn wird als Orotacidurie bezeichnet.

Obwohl Orotsäure in kleineren Mengen im Körper selbst synthetisiert wird, muss sie für eine tägliche Bedarfsdeckung durch Nahrung aufgenommen werden.

Orotsäure hat viele Funktionen im Organismus: So kann Orotsäure verhindern, dass der ATP-Spiegel im Herzen sich völlig entleert.[8] Dabei soll sie die Menge an Pyrimidinnukleotiden in der Leber erhöhen, welches dann eine erhöhte Produktion von ATP im myokardialen Bereich zur Folge hat.

Weiterhin können Orotsäure und Derivate Gedächtnis- und Lernleistungen verbessern (Nootropikum). Im Tierexperiment konnten verbesserte adaptive Leistungen wie verbesserte Bildung des Langzeitgedächtnisses nachgewiesen werden. Die nootrope Wirkung aufgenommener Orotsäure wird auf die Auffüllung des cerebralen Pyrimidinnucleotid-Pools zurückgeführt, da die De-novo-Synthese der Orotsäure im Gehirn limitierend für ihre Verfügbarkeit ist.[9]

Durch die Nahrung wird Orotsäure schlecht aufgenommen (5–6 %), da sie sich in Wasser oder Lipiden gering löst.[4] Im Blut beträgt die Halbwertszeit etwa eine Stunde.

Literatur

  • J. Schmidt: Magnesiumorotat. In: Deutsche Apotheker Zeitung. 18, 1998, S. 66–70.
  • Marcell Bachstez: Über die Konstitution der Orotsäure. In: Chemische Berichte. Band 63, Ausgabe 4, 1930, S. 1000–1007, doi:10.1002/cber.19300630437.
  • Lubert Stryer: Biochemie. Spektrum der Wissenschaft Verlag, Heidelberg 1990, ISBN 3-89330-690-0, S. 633–634.
  • Eckhart Buddecke: Grundriss der Biochemie. 8. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 1989, ISBN 3-11-012076-3, S. 138.

Einzelnachweise

  1. Klaus Pietrzik, Ines Golly, Dieter Loew: Handbuch Vitamine: für Prophylaxe, Beratung und Therapie. 1. Auflage. Elsevier, Urban&Fischer Verlag, München 2008, ISBN 978-3-437-55361-5, S. 460462.
  2. Eintrag zu OROTIC ACID in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 25. Mai 2020.
  3. Datenblatt Orotsäure (PDF) bei Carl Roth, abgerufen am 14. Dezember 2010.
  4. F. v. Bruchhausen, S. Ebel, A. W. Frahm, E. Hackenthal: Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis. Band 8: Stoffe E–O. Springer, ISBN 3-540-52688-9, S. 1241.
  5. Eintrag zu Orotsäure in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 8. Januar 2021. (JavaScript erforderlich)
  6. Datenblatt Orotic acid bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 16. April 2011 (PDF).
  7. Treat B. Johnson und Elmer F. Schroeder: RESEARCHES ON PYRIMIDINES. CXXII. IMPROVED METHODS FOR THE SYNTHESIS OF OROTIC ACID. In: Journal of the American Chemical Society. Band 53, Nr. 5, Mai 1931, S. 1989–1994, doi:10.1021/ja01356a057.
  8. F. L. Rosenfeldt u. a.: Mechanism of cardioprotective effect of orotic acid. In: Cardiovascular Drugs and Therapy. 12, Suppl. 2, 1998, PMID 9794090, S. 159–170.
  9. Wissenschaft-Online-Lexika: Eintrag zu Orotsäure im Lexikon der Neurowissenschaft. Abgerufen am 24. August 2009.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.