Orient-Buche
Die Orient-Buche (Fagus orientalis) ist ein Baum aus der Gattung der Buchen (Fagus). Sie ist nahe verwandt mit der Rotbuche (F. sylvatica); verbreitet wird sie als deren Unterart Fagus sylvatica ssp. orientalis (Lipsky) Greuter & Burdet beschrieben.
Orient-Buche | ||||||||||||
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Blätter, Früchte und Stamm der Orient-Buche (Fagus orientalis) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Fagus orientalis | ||||||||||||
Lipsky |
Beschreibung
Die Orient-Buche[1][2][3] ist ein Waldbaum mit Wuchshöhen bis 40 Meter (Maximum sogar bis 50), sie ist damit etwas höher als die gewöhnliche Rotbuche (Fagus sylvatica), die meist nur 30 Meter Wuchshöhe erreicht. Der Brusthöhendurchmesser des Stamms erreicht einen Meter. Wie Fagus sylvatica s. str. besitzt sie eine graue, glatte Rinde, die oft etwas heller ist als bei dieser. Die spitzen Knospen erreichen etwa 20 (15–30) Millimeter Länge. Die kurz gestielten Laubblätter sind im Umriss von eiförmig über lanzettlich bis umgekehrt eiförmig (obovat) und am Apex zugespitzt; die Blattform soll bei der Orient-Buche häufiger umgekehrt-eiförmig sein als bei der gewöhnlichen Rotbuche. Der Blattrand ist meist ganzrandig und glatt bis wellig, insbesondere bei Populationen aus den östlichen Teilen des Verbreitungsgebiets können aber insbesondere Schattenblätter einen deutlich gezähnten Blattrand aufweisen. Die Blätter erreichen meist 9 bis 12 (selten bis 15) Zentimeter Länge mit 8 bis 12 (-13) Paaren von Seitennerven; sie sind damit größer als diejenigen von Fagus slyvatica s. str. Sie sind papierartig dünn bis ledrig. Reife Blätter sind auf der Unterseite entlang der Mittelrippe und in den Achseln der Seitennerven behaart, seltener sind sie kahl oder fast kahl. Der Blattrand und die Spreite junger Blätter ist seidig behaart.
Die männlichen Blüten sitzen in hängenden, büschelartigen Blütenständen, die Blütenhülle (Perianth) ist vier- bis sechslappig und meist nur wenig tief eingeschnitten, meist sind die Zipfel nur halb so lang wie die Röhre, mit meist 12 (von 8 bis 16) Staubblättern. Die weiblichen Blüten sitzen zu zweien, jede mit drei Narben, sie sind von vier Hüllblättern umgeben, die bei Fruchtreife verholzen und eine vierlappige becherförmige Hülle, Fruchtbecher oder Cupula genannt, ausbilden, in der jeweils zwei Früchte (Bucheckern) sitzen. Die geflügelten Nüsschen sind etwa so lang wie die Cupula. Wichtigstes unterscheidendes morphologisches Merkmal zur gewöhnlichen Rotbuche sind die Schuppen außen auf der Cupula. Diese sind, zumindest zur Spitze hin, abgeflacht und deutlich spatelförmig. Sie können, besonders in kleinasiatischen Populationen, sogar einen langen, immergrünen Anhang tragen, dieser fehlt aber den europäischen Vertretern.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 24, seltener 22 oder 34.[4]
Verbreitung
Die Orient-Buche kommt auf dem südöstlichen Balkan, in Kleinasien, Nordpersien und im Kaukasus als Baum der Bergwälder von 500 bis 2100 Höhenmetern vor. Die europäischen Vorkommen liegen an der bulgarischen Schwarzmeerküste (isolierte Vorposten bis nach Rumänien) und im Nordosten Griechenlands, sie schließen ostwärts an das geschlossene Verbreitungsgebiet von Fagus sylvatica s. str. an, in der Kontaktzone bevorzugt sie die wärmeren und trockeneren Standorte. Sie kommt in einem geschlossenen Gebiet in der europäischen Türkei, südlich des Marmarameers im asiatischen Teil und von da an ostwärts, in den Gebirgen entlang der Schwarzmeerküste (Pontisches Gebirge) bis zum Osten des Kaukasus vor. Isolierte, inselartige Vorkommen weitab davon gibt es zudem auf der Halbinsel Krim nördlich des Schwarzen Meeres (diese aber verbreitet als eigenständige Sippe Krim-Buche abgetrennt) und im Amanosgebirge an der türkischen Mittelmeerküste. Die östlichsten Vorkommen liegen in der Hyrkanien genannten Landschaft (Hyrcanischer Wald), zwischen dem Kaspischen Meer und den Ketten des Elburs-Gebirge im Iran.[3][5]
Auf dem Balkan, insbesondere in Bulgarien und im östlichen Griechenland, gibt es ausgedehnte Populationen, die in den morphologischen Merkmalen intermediär zur gewöhnlichen Rotbuche sind; diese wurden als Mösische Buche Fagus moesiaca (Domin, Maly) Czeczott formal beschrieben (nach dem antiken Moesia benannt). Auch die Buchen der Gebirge der Halbinsel Krim besitzen eine Morphologie mit Merkmalen zwischen denjenigen der Orientbuche und der gewöhnlichen Rotbuche, sie wurden als Fagus taurica Popl. gefasst (benannt nach Tauris, dem antiken Namen der Krim). Bei beiden wurde seit langer Zeit eine Entstehung aufgrund von Hybridisierung zwischen Rotbuche und Orientbuche vermutet. Nach neueren genetischen Erkenntnissen[5] geht vermutlich nur Fagus taurica tatsächlich auf eine Hybridisierung zurück, während die Buchen des Balkan in ihrer Merkmalsausprägung schon im Ursprung intermediär waren, also auf eine unvollständige Trennung der Sippen verweisen. Orientbuchen aus den östlichsten Teilen des Verbreitungsgebiets wurden als Fagus sylvatica subsp. hohenackeriana Shen differenziert; diese Unterart wird aber gewöhnlich nicht mehr anerkannt.
In den Gebirgen der türkischen Schwarzmeerküste steigt sie bis auf 2200 Meter ü. NN. Sie wächst in Mischwäldern mit der Nordmann-Tanne, mit Eichen und Kiefern. Im Westen des Verbreitungsgebietes kommen Hybriden mit der Rotbuche vor. In Mitteleuropa wird die Orient-Buche als Parkbaum gepflanzt. Die Orient-Buche gehört zu den wüchsigsten und forstwirtschaftlich bedeutendsten waldbildenden Laubbäumen Kleinasiens und benachbarter Regionen.
Verwendung
Das Holz der Fagus orientalis ist schwer, hart, stark und widerstandsfähig.[6] Diese Eigenschaften machen es für das Dampfbiegen geeignet. Das Holz eignet sich gut als Brennholz und kann für Furnier und Sperrholz, Spanplatten auch für Holzkonstruktionen, Möbel, Bodenbeläge, Grubenholz, Eisenbahnschwellen und zur Papierherstellung verwendet werden.
Die Orientbuche zeigt ein eher langsames Jugendwachstum, sie erreicht maximale Zuwachsraten etwa mit 30 bis 40 Jahren (in Schattlagen bis 60) und wächst unter günstigen Bedingungen weiter bis zum Alter von ca. 100 Jahren, danach findet kein substantieller Zuwachs mehr statt. Auf ungünstigeren Standorten mit langsamem Jugendwachstum kann der Zuwachs bis zum Alter von ca. 200 Jahren anhalten. Die Art besitzt hell gefärbtes Holz, das Kernholz ist oft rötlich. In der Verwendung unterscheidet es sich nicht sehr vom Holz der gewöhnlichen Rotbuche, es ist besonders gut als Brennholz geeignet. Auch bei der Orientbuche kann aus den Bucheckern ein für die menschliche Ernährung verwendbares Öl gepresst werden.[3]
Die Art treibt nach dem Fällen oft vegetativ aus dem Stumpf aus, die so gewachsenen Stämme sind allerdings forstlich minderwertig. Sie kann durch Aussaat der Bucheckern vermehrt werden. Diese vertragen allerdings bei Zimmertemperaturen keine Austrocknung, sie können bei geringem Frost wenige Jahre aufbewahrt werden. Sie durchlaufen eine obligate Keimruhe von 9 bis 14 Wochen bei kühlen Temperaturen. Eine Vermehrung über Stecklinge ist nicht möglich. Wichtigster forstlicher Schädling ist der parasitische Pilz Phytophthora omnivora.[3]
Taxonomie und Systematik
Die Orientbuche wurde 1895 von dem ukrainischen Botaniker Wladimir Ippolitowitsch Lipski im Artrang beschrieben. Vorher hatte bereits Augustin-Pyrame de Candolle für die östlichen Buchen eine Varietät asiatica unterschieden. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts, bis heute, ist der taxonomische Status umstritten.[7] Meist wurde sie als Fagus sylvatica subsp. orientalis, also im Rang einer Unterart, gefasst, so zum Beispiel von Denk[2] und in der Flora Europaea[1]. Viele Botaniker und Forstleute betrachteten sie allerdings eher als getrennte Art. Die beiden Sippen können frei miteinander hybridisieren, sie sind anhand des Pollens nicht voneinander zu unterscheiden. Auch die Verteilung der unterscheidbaren Allele erlaubt keine sichere Differenzierung. Thomas Denk und andere Botaniker gingen, aufgrund der geringen genetischen Differenz sogar teilweise so weit, beide als Synonyme aufzufassen. Neuere genetische Untersuchungen[5], bei denen erstmals Material aus dem gesamten Verbreitungsgebiet der Orientbuche berücksichtigt wurde, lassen es wahrscheinlich erscheinen, dass die Buchen sich von Osten her nach Europa hin ausgebreitet haben, so dass die erste Aufspaltung die Buchen des Iran von den westlicher verbreiteten insgesamt trennt. Demnach würde, bei Anerkennung von Fagus sylvatica subsp. sylvatica in der traditionellen Auffassung die Orientbuche paraphyletisch. Eine Fassung der Sippe im Artrang wäre dann kaum gerechtfertigt.
Literatur
- Peter Schütt (Hrsg.): Lexikon der Forstbotanik. ecomed, Landsberg/Lech 1992, ISBN 3-609-65800-2, S. 166–167.
Einzelnachweise
- T.G. Tutin (revised by J.R. Akeroyd): Fagus L. In: T.G. Tutin, N.A. Burges, J.R. Edmondson, A.O. Chater, V.H. Heywood, D.M. Moore, J.R. Akeroyd, D.H. Valentine, S.M. Walters, R.R. Mill, D.A. Webb, M. E. Newton (editors): Flora Europaea. Volume 1: Psilotaceae to Platanaceae. 2., überarb. Auflage. Cambridge University Press, 1993. ISBN 0-521-41007-X. S. 36.
- Tomas Denk (1999): The taxonomy of Fagus in western Eurasia, 1: Fagus sylvatica subsp. orientalis (= F. orientalis). Feddes Repertorium 110 (3/4): 177-200.
- Gaye Kandemir & Zeki Kaya (2009): Oriental Beech, Fagus orientalis. EUFORGEN Technical guidelines for genetic conservation and use. Bioversity International, Rome, Italy, 6 Seiten. ISBN 978-92-9043-804-5.
- Fagus orientalis bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis
- Dušan Gömöry, Ladislav Paule, Vladimír Mačejovský (2018): Phylogeny of beech in western Eurasia as inferred by approximate Bayesian computation. Acta Societatis Botanicorum Poloniae 87(2): 3582. doi:10.5586/asbp.3582
- Orientalische Buche auf holzwurm-page.de, abgerufen am 17. November 2016.
- Hanna Czeczott (1932): Distribution of Fagus orientalis Lipsky. Veröffentlichungen des Geobotanischen Institutes Rübel in Zürich 8: 362-387.