Orgelbau Vier

Orgelbau Vier ist ein deutsches Orgelbauunternehmen mit Sitz in Friesenheim (Schwarzwald). Aus der Werkstatt sind mehr als 350 Orgelneubauten hervorgegangen.

Geschichte

Peter Vier (* 29. Dezember 1930; † 2. Juli 2019) erlernte den Orgelbau ab 1950 bei Wilhelm Wagner in Grötzingen und wurde 1957 Teilhaber seiner Werkstatt, die fortan als Wagner & Vier firmierte. Im Jahr 1957 legte er seine Meisterprüfung ab. 1965 wurde er alleiniger Inhaber der Firma, die er im selben Jahr nach Oberweier verlegte. Zwischen 1957 und 1965 entstanden etwa 50 neue Orgeln, in den folgenden 25 Jahren arbeitete er an etwa 250 Orgeln, darunter 70 % Neubauten und 30 % Restaurierungen.

Von 1974 bis 1993 hatte Peter Vier einen Lehrauftrag an der Hochschule für Musik Trossingen inne. Der Orgelbaumeister Gaston Kern, der ab 1968 Mitarbeiter bei Vier war, gründete 1974 im elsässischen Hattmatt die „Manufacture d’orgues alsacienne“ mit Beteiligung von Peter Vier. 1991 wurde Vier zum Ehrensenator der Universität Tübingen ernannt.[1]

Vier baute Orgeln in der oberrheinischen Tradition und knüpfte stark an den Orgelbau von Johann Andreas Silbermann und Johann Ferdinand Balthasar Stieffell an. Er verwendete regelmäßig hängende Trakturen mit mechanischer Schleiflade und setzte gerne Vorabzüge und Wechselschleifen ein. Die Gehäuse wurden bis 1960 offen und bis 1965 mit Rahmen gestaltet, seitdem werden selbsttragende Gehäuse aus Massivholz verwendet.[2]

Sein Sohn Martin Vier (* 1965) erlernte den Orgelbau von 1984 bis 1988 und vertiefte seine Kenntnisse 1988/1989 bei Kern und Marc Garnier in Frankreich. 1994 absolvierte er die Meisterprüfung und übernahm 1996 den Betrieb. Bis heute gingen mehr als 350 Orgelneubauten aus der Werkstatt Vier hervor.[3]

Werkliste (Auswahl)

Die Größe der Instrumente wird in der fünften Spalte durch die Anzahl der Manuale und die Anzahl der klingenden Register in der sechsten Spalte angezeigt. Ein großes „P“ steht für ein selbständiges Pedal.

JahrOrtKircheBildManualeRegisterBemerkungen
1966 Baden-Baden Spitalkirche
(Altkatholische Kirche)
II/P 24 Neubau in altem barocken Prospekt
1966 Lörrach Evangelische Stadtkirche III/P 42 Umbau der Walcker-Orgel von 1882 und Erweiterung auf drei Manuale und Pedal mit 42 Registern → Orgel
1969 Oppenau St. Johannes III/P 38 Restaurierung der Orgel von den Söhnen Johann Ferdinand Balthasar Stieffells (1832)
1972 Mappach Evangelische Kirche
III/P 9 Orgel
1973 Ettenheim St. Bartholomäus
III/P 43 Neubau hinter Gehäuse von Johann Ferdinand Balthasar Stieffell (1776) - Orgelbeschrieb
1975 Bickensohl Evangelische Kirche II/P 12 Neubau im Gehäuse von Mathias Martin (1814) → Orgel
1976 Münsingen (Württemberg) Martinskirche III/P 30 Neubau hinter Obergehäuse von Christian Gotthilf Haussdörffer (1759), Untergehäuse neu, mit Koppelmanual und 5 Vorabzügen
1976 Rottweil Predigerkirche
III/P 26 (31) mit Koppelmanual, 5 Vorabzüge und 9 Wechselschleifen, Verwendung von Material der Vorgängerorgeln (Weigle 1898 und 1952) → Orgel
1978 Pfullingen Martinskirche III/P 40 Neubau
1980 Schuttern Mariä Himmelfahrt III/P 32 1980 neu gebaut (Schleifladen); Gehäuse und 24 Register von Forrell ganz oder teilweise erhalten → Orgel
1981 Oberkirch (Baden) Stadtpfarrkirche St. Cyriak III/P 35 Neubau mit Koppelmanual
1985 Mannheim-Feudenheim St. Peter und Paul II/P 28 Neubau, 1 weiteres Register vorgesehen.
1986 Tübingen Jakobuskirche II/P 19 Neubau mit 2 Vorabzügen und 6 Pedaltransmissionen über Wechselschleifen → Orgel
1986 Lichtental St. Bonifatius III/P 32 Orgel
1987 Erlangen Schlossgarten, Musiksaal IV/P 29 Neubau, 3 Vorabzüge, Pedal vollständig mit 10 Wechselschleifen aus dem Hauptwerk entlehnt
1988 Bietigheim-Bissingen Kilianskirche
II/P 20 Neubau mit Koppelmanual, 3 Wechselschleifen und 4 Vorabzügen
1988 St. Wendel Evangelische Kirche
II/P 20
1988 Emmendingen Evangelische Stadtkirche III/P 32 Neubau mit 4 Vorabzügen und 5 Transmissionen
1989 Tübingen Pfleghof (Musikwissenschaftliches Institut der Universität) IV/P 27 Neubau, Pedal vollständig mit 9 Transmissionen aus dem Grand Jeu entlehnt → Orgel

Orgel

1989 Kirchhofen Paul-Gerhardt-Haus II/P 8 Orgel
1990 Pforzheim Ev. method. Kirche II/P 14 Neubau mit 3 Vorabzügen, Pedal vollständig mit 6 Doppelschleifen aus dem Hauptwerk entlehnt
1990 Friesenheim Ev. Kirche III/P 23 Neubau mit 7 Transmissionen im Bass
1990 Nürnberg St. Martha
II/P 28 Neubau mit zwei Vorabzügen und Koppelmanual; 2014 verbrannt →Orgel
1991 Triberg Evangelische Kirche II/P 11 Neubau mit zwei Vorabzügen und einer Wechselschleife

Orgel

1991 Horb am Neckar Ev. Kirche II/P 21 Neubau mit 3 Vorabzügen
1992 Mannheim Ökumenekirche St. Pius II/P 19 u. 3 Vorabzüge → Orgel
1992 Meßstetten Ev. Lamprechtskirche III/P 38 Neubau mit 3 Vorabzügen
1994 Nufringen Ev. Kirche II/P 15 Neubau mit Koppelmanual, 1 Vorabzug und 5 Wechselschleifen
1994 Torgau Schlosskirche III/P 19 Neubau mit 2 Vorabzügen und 4 Wechselschleifen
1994 Köngen Peter- und Pauls-Kirche III/P 40 Neubau mit 2 Vorabzügen, 4 Extensionen im Pedal sowie ein aus 8 Wechselschleifen aus dem Schwellwerk entlehntes Schwellpedal
1997 Kehl Friedenskirche
III/P 22 Neubau mit 4 Vorabzügen und 7 Wechselschleifen aus dem schwellbaren Basswerk → Orgel
1997 Waldbronn Wendelinkirche III/P 36 Neubau, Kleinpedal mit 8 Wechselschleifen zum Schwellwerk
1999 Ringsheim St. Johann Baptist II/P 27 Rekonstruktion der Schaxel-Orgel → Orgel
2001 Laas (Südtirol) St. Johannes
II/P 28 Rekonstruktion der Orgel von Josef Sies (1853)
2005 Liel St. Vinzenz
II/P 12 Orgel
2006 Alzey St. Joseph
II/P 20 Neubau unter Einbeziehung von Holzregistern der Vorgängerorgel (um 1960), Pedal vollständig mit Wechselschleifen zum Hauptwerk, 2 Transmissionen
2006 Val Müstair Hospizkirche Maria von Caravaggio II/P 13 Neubau → Orgel
2008 Geinsheim St. Peter und Paul III/P 40 Reorganisation der Orgel der Gebr. Link (1903) unter Einbeziehung der Originalregister, Ergänzung um Gebrauchtregister der Zeit und um 3 neue Register
2010 Eutingen an der Enz St. Josef II/P 20 Neubau im Stil von Aristide Cavaillé-Coll
2012 Worms St. Martin II/P 21 Neubau, Pedal vollständig mit Wechselschleifen zum Hauptwerk

Literatur

  • Hermann Fischer: 100 Jahre Bund deutscher Orgelbaumeister. Orgelbau-Fachverlag, Lauffen 1991, ISBN 3-921848-18-0, S. 325.
  • Hermann Fischer, Theodor Wohnhaas: Lexikon süddeutscher Orgelbauer. Florian Noetzel Verlag, Wilhelmshaven 1994, ISBN 3-7959-0598-2, S. 427.
Commons: Orgelbau Vier – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Fischer, Wohnhaas: Lexikon süddeutscher Orgelbauer. 1994, S. 427.
  2. Fischer: 100 Jahre Bund deutscher Orgelbaumeister. 1991, S. 325.
  3. orgelbau-vier.com: Firmengeschichte, abgerufen am 27. Oktober 2017.
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