Ontario-Linie

Die Ontario-Linie (englisch Ontario Line) ist eine in Bau befindliche U-Bahn-Linie in der kanadischen Stadt Toronto. Die 15,6 km lange Linie mit 15 Stationen soll den Südwesten der Stadt mit dem Nordosten verbinden und das bestehende Netz der Toronto Subway entlasten. Sie wird auf etwa der Hälfte ihrer Länge als Tunnel errichtet, während der Rest auf einem Viadukt oder ebenerdig verlaufen wird. Der Baubeginn war im März 2022, die Eröffnung ist für das Jahr 2030 vorgesehen.

Ontario Line
Streckenlänge:15,6 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Stromsystem:1500 V =
Zweigleisigkeit:ja
Science Centre
Flemingdon Park
Don River
Betriebshof / Abstellanlage
Thorncliffe Park
Don River
Cosburn
Pape
GO Lakeshore East Line
Gerrard
Riverside–Leslieville
East Harbour
Don Valley Parkway
Don River
GO Richmond Hill Line
Corktown
Moss Park
Queen
Osgoode
Queen–Spadina
King–Bathurst
GO Kitchener Line
Exhibition
GO Lakeshore West Line

Beschreibung

Strecke

Blau: Zukünftige Ontario-Linie

Nach ihrer Fertigstellung soll die Ontario Line 15,6 km lang sein und 15 Stationen besitzen. Davon wären acht unterirdisch, vier ebenerdig und drei auf einem aufgeständerten Viadukt. Als nordöstliche Endstation ist Science Centre vorgesehen, die als Umsteigeknoten zu der in Bau befindlichen Eglinton-Linie konzipiert ist. Der Bahnsteig der Ontario-Linie soll über dem dortigen Busbahnhof nordöstlich der Kreuzung von Eglinton Avenue und der Don Mills Road entstehen. Auf einer Hochbahn in Richtung Süden wird die Strecke zur Station Flemingdon Park vorbeiführt. Unmittelbar südlich davon wird sie nach Westen abbiegen und den Don River überqueren. Auf der anderen Talseite wird die Strecke den zukünftigen Betriebshof mit der Abstellanlage passieren. Nach der Station Thorncliffe Park wird sie sich erneut nach Süden wenden und das tief eingeschnittene Tal des Don River erneut überqueren. Südlich der Talquerung wird sich unter dem Minton Place das Portal des ersten Tunnelabschnitts befinden.[1]

Der Tunnel wird südwärts unter der Pape Avenue führen, mit den Tunnelstationen Cosburn und Pape, wobei letztere das Umsteigen zur Bloor-Danforth-Linie ermöglichen wird. Unmittelbar nördlich der Station Gerrard wird die Strecke wieder an die Oberfläche treten und parallel zur bestehenden Trasse der Lakeshore-East-Linie von GO Transit verlaufen. Die Strecke wird ein drittes Mal den Don River überqueren und den neu zu errichtenden Bahnhof East Harbour erreichen. Dort wird es möglich sein, zu den Zügen von GO Transit umzusteigen. Östlich der Cherry Street wird die Ontario Linie den Innenstadttunnel erreichen.[2] Dieser wird zunächst in nördlicher Richtung unter der Ostseite der Berkeley Street durch die Station Corktown an der King Street verlaufen. Anschließend folgt eine weite Kurve, um unter die Queen Street einzuschwenken. Unter dieser Straße werden sich die Stationen Moss Park, Queen (an der Kreuzung mit der Yonge Street), Osgoode und Queen-Spadina befinden. Der Tunnel wird dann in südwestlicher Richtung abbiegen und über King-Bathurst das westliche Portal an der Strachan Avenue erreichen. Sie wird schließlich der Trasse der Lakeshore-West-Linie von GO Transit folgen und im Bahnhof am Exhibition Place enden.[3][4]

Technik

Die Ontario-Linie wird nicht mit den übrigen Linien der Toronto Subway kompatibel sein. Auf den älteren Linien sind die von Triebfahrzeugführern bedienten Züge 138 m lang und verwenden die ungewöhnliche Spurweite von 1495 mm. Hingegen wird die Ontario-Linie die Standardspurweite von 1435 mm aufweisen. Es sollen automatisch verkehrende Züge von 100 m Länge eingesetzt werden. Die Zugfolge soll flexibel angepasst werden können und bei maximalem Andrang lediglich 90 Sekunden betragen.[5][6] Die Wartungs- und Abstellanlage für die Ontario-Linie wird ein 17,5 Hektar großes Gelände nördlich des Overlea Boulevard zwischen dem Beth Nealson Drive und dem Nord-Toronto-Korridor von CP Rail einnehmen, in der Nähe der künftigen Station Thorncliffe Park. Die Anlage soll 200 Züge aufnehmen und hätte eine maximale Kapazität von 250 Zügen.[7]

Projektentwicklung

Nicht verwirklichte Projekte

Projekt für U-Bahn und U-Straßenbahn (1944)

1910 gab es erstmals einen konkreten Vorschlag für eine Tunnelstrecke unter der Queen Street in der Innenstadt Torontos, jedoch in Form einer U-Straßenbahn, die zur Entlastung straßenbündiger Trassen der Straßenbahn Toronto beitragen sollte. 1944 stellte die Toronto Transit Commission ein konkretes Projekt für einen Straßenbahntunnel in West-Ost-Richtung unter der Queen Street durch. Sie sollte die ebenfalls geplante, von Süden nach Norden verlaufende U-Bahn unter der Yonge Street ergänzen.[8] Die Einwohner Torontos sprachen sich im Januar 1946 in einem Referendum mit 89 % Ja-Stimmen für das Projekt aus. Während die U-Bahn verwirklicht werden konnte, musste der Straßenbahntunnel aufgrund ausbleibender Finanzierung seitens der Bundesregierung immer wieder zurückgestellt werden. Gebaut wurde lediglich als Rohbau eine zweite Ebene in der U-Bahn-Station Queen.[9]

In den 1980er Jahren führten die TTC, Metropolitan Toronto und die Regierung der Provinz Ontario mehrere Analysen des prognostizierten städtischen Wachstums und alternativer Verkehrsszenarien für das Gebiet zwischen Downtown und Bloor Street durch. Die 1982 veröffentlichte Studie Accelerated Rapid Transit Study untersuchte mehrere Optionen für eine Radiallinie, welche die Bahnhöfe Dundas West und Donlands mit einer U-förmigen Linie durch die Innenstadt verbinden sollte. Diese Planung wurde bis 1985 fortgesetzt, wobei die Linienführung in der Innenstadt entlang der King Street, der Queen Street, der Front Street und der Bahnlinien zur und von der Union Station verlief.[10]

1985 veröffentlichte die TTC 1985 den Plan Network 2011, wobei sie die Relief Line („Entlastungsstrecke“) als eine von drei neu zu bauenden Strecken vorschlug.[11] Sie sollte zwischen der U-Bahn-Station Pape an der Bloor-Danforth-Linie nach Süden zur Eastern Avenue und von dort nach Westen zur Union Station, zum Rogers Centre (damals SkyDome genannt) und zur Spadina Avenue führen. Ab dort bestanden drei mögliche Trassenvarianten nach Westen: entlang der bestehenden Bahntrasse von GO Transit zum Bahnhof Dundas West, entlang der Roncesvalles Avenue zur U-Bahn-Station Dundas West oder als Hochbahn am östlichen Rand des High Park entlang zur U-Bahn-Station Keele. Aufgrund der hohen Kosten verzichtete die Provinzregierung darauf, die Planungen zu konkretisieren.[12]

2008 veröffentlichte Metrolinx The Big Move, den regionalen Verkehrsplan für den Großraum Toronto und Hamilton. Erneut war eine Relief Line von Pape nach Dundas West vorgesehen, die innerhalb der nächsten 25 Jahre verwirklicht werden sollte.[13] 2012 schloss die TTC eine Studie ab, die mögliche Streckenvarianten genauer untersuchte. In einer weiteren Studie von 2015 wurden vier potenzielle Korridore ermittelt.[14] Am 31. März 2016 genehmigte der Toronto City Council den Korridor zwischen Pape und der City Hall über die Pape Avenue und die Queen Street.[15] Im Oktober 2018 waren die Detailplanungen für die Relief Line zwischen den Stationen Pape und Osgoode abgeschlossen und drei Monate später gingen die Verantwortlichen davon aus, dass die Strecke im Jahr 2029 eröffnet werden könnte.[16] Sie würde 7,4 km lang sein und die Baukosten würden rund acht Milliarden kanadische Dollar betragen. Täglich sollten bis zu 206.000 Fahrgäste befördert werden können.[5][6]

Neuplanung

Doch dazu kam es nicht. Nachdem der U-Bahn-Bau von der Stadt in die Zuständigkeit der Provinzverwaltung übertragen worden war, kündigte Premierminister Doug Ford im April 2019 überraschend die Ontario-Linie an.[17] Vom Streckenverlauf her ähnelte sie zwar der Relief Line, würde sonst aber bedeutende Unterschiede aufweisen. Mit 15,6 km Länge würde sie mehr als doppelt so lange sein, bei vergleichsweise geringen Mehrkosten (Schätzungen gingen von 10,4 bis 12 Milliarden Dollar aus). Dies war insbesondere darauf zurückzuführen, dass drei Streckenabschnitte oberirdisch statt im Tunnel verlaufen würden. Ebenso gab man die technische Kompatibilität mit dem übrigen U-Bahn-Netz auf, wovon man sich weitere Kostensenkungen versprach. Trotz der geringeren Kapazität der einzelnen Züge rechnete man mit 389.000 Fahrgästen täglich, nicht zuletzt wegen der deutlich geringeren Zugfolgezeit.[5][6] Metrolinx hatte bereits 2018 mit der Planung der Ontario Line begonnen, diese aber bis zur Ankündigung im April 2019 geheim gehalten, sodass bereits zu Beginn ein bereits umsetzbares Projekt vorlag.[18]

Im Oktober 2019 erzielten Bürgermeister John Tory und Premierminister Doug Ford eine vorläufige Einigung, wonach die Stadt den Bau der Ontario-Linie unterstützen und im Gegenzug das U-Bahn-Netz der TTC nicht von der Provinzregierung übernommen werden würde.[19] Im selben Monat genehmigte der Toronto City Council diese Vereinbarung mit 22 zu 3 Stimmen.[20]

Die Arbeiten an der Ontario-Linie werden im Rahmen von drei separaten öffentlich-privaten Beschaffungsverträgen vergeben: Ein Vertrag regelt Fahrzeuge, Systeme, Betrieb und Wartung für die gesamte Strecke. Zwei weitere Verträge betreffen Bauarbeiten, Bahnhöfe und Tunnel – einer für den südlichen und einer für den nördlichen Abschnitt der Strecke. Die Zeitpläne für jeden Vertrag sind so aufeinander abgestimmt, dass die gesamte Ontario-Linie zu einem einzigen Termin in Betrieb genommen werden kann.[21] Die Bauarbeiten begannen offiziell am 27. März 2022 am Exhibition Place mit einem Spatenstich in Anwesenheit von Doug Ford, John Tory sowie anderen Politikern und Beamten.[22]

Commons: Ontario Line – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Updated plans for the Ontario Line’s North segment: A better fit for the community. Metrolinx, 6. Oktober 2020, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  2. The Ontario Line - Neighbourhood Updates - East. Metrolinx, 2021, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  3. Zooming in on Ontario Line plans from Osgoode to the Don River – Delivering a line below Toronto’s Queen Street that’s been anticipated for more than a century. Metrolinx, 23. September 2020, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  4. Zooming in on Ontario Line plans from Exhibition to Spadina: Travel time savings and heritage protections. Metrolinx, 17. September 2020, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  5. Oliver Moore: ‘A greater potential for disruption’: Confidential business case details plans for proposed Ontario Line subway project. The Globe and Mail, 24. Juli 2019, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  6. Ben Spurr: Experts cast doubt on deadline, budget in Ontario Line business case. The Globe and Mail, 25. Juli 2019, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  7. East York site selected for Ontario Line maintenance and storage facility. Metrolinx, 8. April 2021, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  8. Royson James: Toronto Downtown Relief Line: 105 years of wishing and waiting. Toronto Star, 27. Februar 2015, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  9. Early Subway Proposals. Transit Toronto, 2006, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  10. Edward J. Levy: Rapid Transit in Toronto: A Century of Plans, Progress, Politics and Paralysis (Kapitel 12.1). levyrapidtransit.ca, 2015, archiviert vom Original am 25. Juli 2015; abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  11. James Bow: Network 2011 … To think of what could have been. Transit Toronto, 8. Juni 2017, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  12. Jonathan English: A History of the Downtown Relief Subway Line. Transit Toronto, 6. September 2017, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  13. Donovan Vincent: City favours relief line over subway. Toronto Star, 29. Januar 2009, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  14. A New Relief Line in Toronto. Stadt Toronto, Toronto Transit Commission, 2015, archiviert vom Original am 21. Juli 2015; abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  15. Toronto Council Endorses Transit Plan, Seeks Background Details. Steve Munro Transport & Politics, 6. April 2016, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  16. Edward Keenan: Longtime subway relief line fantasy lurches closer to reality. Toronto Star, 18. Januar 2019, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  17. Edward Keenan: Longtime subway relief line fantasy lurches closer to reality. Toronto Star, 18. Januar 2019, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  18. Ben Spurr: How Ford’s Ontario Line plan came together in just three months — with secrecy, a shifting route and a consultant. Toronto Star, 16. Februar 2020, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  19. Ben Spurr: Mayor John Tory throws support behind Ontario Line as province drops subway upload. Toronto Star, 17. Oktober 2019, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  20. Joshua Freeman: Council votes to approve transit expansion deal with the province. CP24, 19. Oktober 2019, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  21. Requests for Qualifications Issued for Ontario Line. Infrastructure Ontario, 2. Juni 2020, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
  22. Isaac Callan: ‘Game changer’: Ford, Tory break ground on Ontario line, vow to protect local businesses. Global News, 27. März 2022, abgerufen am 25. April 2022 (englisch).
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