Okruschit

Okruschit (IMA-Symbol Okr[2]) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ mit der chemischen Zusammensetzung Ca2Mn2+5Be4(AsO4)6(OH)4·6H2O[3] oder in der kristallchemischen Strukturformel Ca2Mn2+5Be4[(OH)4|(AsO4)6]·6H2O.[4] Okruschit ist damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Calcium-Mangan-Beryllium-Arsenat mit zusätzlichen Hydroxidionen und das Arsenat-Analogon des Phosphatminerals Roscherit.

Okruschit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2013-097[1]

IMA-Symbol

Okr[2]

Chemische Formel
  • Ca2Mn2+5Be4(AsO4)6(OH)4·6H2O[3]
  • Ca2Mn2+5Be4[(OH)4|(AsO4)6]·6H2O[4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)

VII/D.01-062
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe C2/c (Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15[5]
Gitterparameter a = 16,33(4) Å; b = 12,03(3) Å; c = 6,93(1) Å
β = 94,84(5)°[5]
Formeleinheiten Z = 2[5]
Häufige Kristallflächen {010}, {100}, {001}[6]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3,5[5]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,33(2); berechnet: 3,340[5]
Spaltbarkeit deutlich nach {010}; Absonderung nach {100}[6]
Bruch; Tenazität spröde
Farbe weiß[5]
Strichfarbe nicht definiert
Transparenz durchscheinend[5]
Glanz Glasglanz[5]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,671(3)[5]
nβ = 1,682(2)[5]
nγ = 1,687(3)[5]
Doppelbrechung δ = 0,016[7]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 65(5)° (gemessen); 68° (berechnet)[5]

Okruschit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt unvollkommene, dicktafelige Kristalle und blockige Mineral-Aggregate bis etwa 0,3 mm Größe. Das Mineral ist durchscheinend weiß und zeigt auf den Oberflächen einen glasähnlichen Glanz.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Okruschit in Mineralproben aus dem Steinbruch „Fuchs“ an der Hartkoppe in der Gemeinde Sailauf im unterfränkischen Landkreis Aschaffenburg (Bayern, Deutschland). Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte durch Nikita V. Chukanov, Gerhard Möhn, Igor V. Pekov, Dmitriy I. Belakovskiy, Yana V. Bychkova, Vladislav V. Gurzhiy und Joachim A. Lorenz. Das Mineral wurde nach der Entscheidung des Mineralogenteams nach dem deutschen Mineralogen und Petrologen Martin Okrusch benannt, um dessen herausragende Leistungen auf den Gebieten der Mineralogie und Petrologie magmatischer und metamorpher Gesteine sowie Erzpetrologie und -vorkommen zu ehren. Okrusch ist zudem Autor von über 200 Publikationen, von denen einige dem Spessart gewidmet sind.[5]

Das Mineralogenteam um Chukanov sandte seine Untersuchungsergebnisse und den gewählten Namen 2013 zur Prüfung an die International Mineralogical Association (interne Eingangs-Nr. der IMA: 2013-097[3]), die den Okruschit noch im gleichen Jahr als eigenständige Mineralart anerkannte.[8] Die Publikation der Erstbeschreibung folgte ein Jahr später im Fachmagazin European Journal of Mineralogy.[5]

Typmaterial des Minerals wird im Mineralogischen Museum, benannt nach A. J. Fersman (FMM) in Moskau (Russland) unter der Sammlungs-Nr. 94233 (T)[9][10] und im Mineralogischen Museum der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg (Deutschland) unter der Sammlungs-Nr. M4667/ V38 R2 (CT)[11] aufbewahrt.

Klassifikation

Da der Okruschit erst 2013 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er weder in der seit 1977 veralteten 8. Auflage noch in der zuletzt 2009 aktualisierten 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik verzeichnet.

Einzig im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen allerdings noch nach der alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VII/D.01-62. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, mit fremden Anionen“, wo Okruschit zusammen mit Moraesit, Bearsit, Glucin, Weinebeneit, Uralolith, Atencioit, Zanazziit, Guimarãesit, Greifensteinit, Roscherit, Footemineit, Ruifrancoit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe.[4]

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana kennt den Okruschit ebenfalls noch nicht.

Chemismus

In der idealen (theoretischen) Zusammensetzung von Okruschit (Ca2Mn2+5Be4(AsO4)6(OH)4·6H2O) besteht das Mineral aus einem Massenanteil (Gewichtsprozenz) von

5,72 Gew.-% Calcium (Ca), 19,61 Gew.-% Mangan (Mn), 2,57 Gew.-% Beryllium (Be), 32,10 Gew.-% Arsen (As), 38,84 Gew.-% Sauerstoff (O) und 1,15 Gew.-% Wasserstoff (H)[12]

oder in der Oxidform aus

8,01 Gew.-% CaO, 25,33 Gew.-% MnO, 7,14 Gew.-% BeO, 49,23 Gew.-% As2O5 und 10,29 Gew.-% H2O.[6]

Die Analyse der natürlichen Mineralproben im Typmaterial ergab dagegen leicht abweichende Werte von 8,28 Gew.-% CaO, 16,27 Gew.-% MnO, 7,70 Gew.-% BeO, 51,11 Gew.-% As2O5 und 11,0 Gew.-% H2O sowie zusätzliche Fremdbeimengungen von 4,89 Gew.-% FeO, 1,68 Gew.-% MgO, 0,22 Gew.-% Al2O3 und 0,04 Gew.-% Li2O. Aus den Werten ergibt sich die empirische Formel – bezogen auf 34 Sauerstoffatome pro Formeleinheit (apfu) sowie Wasserstoff nach Ladungsbilanz aufgeteilt auf OH und H2O und unter der Annahme, dass andere H-tragende Gruppen fehlen – mit Ca1,99(Mn3,09Fe0,92Mg0,56Al0,06Li0,04)Σ=4,67Be4,15(AsO4)5,99(OH)3,64 · 6,40H2O, die zur eingangs genannten Idealformel vereinfacht wurde.[5]

Kristallstruktur

Okruschit kristallisiert in der monoklinen Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15 mit den Gitterparametern a = 16,33(4) Å; b = 12,03(3) Å; c = 6,93(1) Å und β = 94,84(5)° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]

Bildung und Fundorte

Okruschit bildete sich in Hydrothermal-Adern, die den anstehenden Rhyolith durchschneiden. Als Begleitminerale traten hier Braunit, manganhaltiger Calcit und Arseniosiderit auf.

Seine Typlokalität, der Steinbruch „Fuchs“ an der Hartkoppe bei Sailauf im bayerischen Landkreis Aschaffenburg, ist der bisher weltweit einzige bekannte Fundort für Okruschit.[13]

Siehe auch

Literatur

  • Peter A. Williams, Frédéric Hatert, Marco Pasero, Stuart J. Mills: IMA Commission on new minerals, nomenclature and classification (CNMNC) Newsletter 18. New minerals and nomenclature modifications approved in 2013. In: Mineralogical Magazine. Band 77, 2013, S. 3249–3258 (englisch, rruff.info [PDF; 109 kB]).
  • Nikita V. Chukanov, Gerhard Möhn, Igor V. Pekov, Dmitriy I. Belakovskiy, Yana V. Bychkova, Vladislav V. Gurzhiy, Joachim A. Lorenz: Okruschite, Ca2Mn2+5Be4(AsO4)6(OH)4·6H2O, a new roscherite-group mineral from Sailauf, Bavaria, Germany. In: European Journal of Mineralogy. Band 26, 2014, S. 589–595 (englisch, rruff.info [PDF; 251 kB]).
  • Fernando Cámara, Dmitriy Belakovskiy: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 101, 2016, S. 748–751 (englisch, rruff.info [PDF; 379 kB; abgerufen am 26. Juni 2022]).

Einzelnachweise

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 27. Juni 2022]).
  3. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: May 2022. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Mai 2022, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. Mai 2022; abgerufen am 27. Juni 2022 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/cnmnc.main.jp
  4. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. Nikita V. Chukanov, Gerhard Möhn, Igor V. Pekov, Dmitriy I. Belakovskiy, Yana V. Bychkova, Vladislav V. Gurzhiy, Joachim A. Lorenz: Okruschite, Ca2Mn2+5Be4(AsO4)6(OH)4·6H2O, a new roscherite-group mineral from Sailauf, Bavaria, Germany. In: European Journal of Mineralogy. Band 26, 2014, S. 589–595 (englisch, rruff.info [PDF; 251 kB; abgerufen am 26. Juni 2022]).
  6. Okruschite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 292 kB; abgerufen am 26. Juni 2022]).
  7. Okruschite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 27. Juni 2022 (englisch).
  8. Peter A. Williams, Frédéric Hatert, Marco Pasero, Stuart J. Mills: IMA Commission on new minerals, nomenclature and classification (CNMNC) Newsletter 18. New minerals and nomenclature modifications approved in 2013. In: Mineralogical Magazine. Band 77, 2013, S. 3257 (englisch, rruff.info [PDF; 109 kB; abgerufen am 27. Juni 2022]).
  9. Catalogue of Type Mineral Specimens – O. (PDF 117 kB) Commission on Museums (IMA), 10. Februar 2021, abgerufen am 27. Juni 2022.
  10. Catalogue of Type Mineral Specimens – Depositories. (PDF 311 kB) Commission on Museums (IMA), 18. Dezember 2010, abgerufen am 27. Juni 2022.
  11. A. Matthies: Typmineral-Katalog Deutschland – Okruschit. In: typmineral.uni-hamburg.de. Mineralogisches Museum der Universität Hamburg, 27. April 2022, abgerufen am 27. Juni 2022.
  12. Okruschit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 26. Juni 2022.
  13. Fundortliste für Okruschit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 27. Juni 2022.
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