Octocorallia

Die Octocorallia sind eine Unterklasse der Blumentiere (Anthozoa). Im Deutschen werden die verschiedenen Gruppen je nach Wuchsform oder Festigkeit als Weich- (Alcyonacea), Leder- (Alcyoniidae), Röhren- (Stolonifera) oder Hornkorallen, Gorgonien (Gorgonacea), Seefächer oder Seefedern (Pennatuloidea) bezeichnet, Namen, die heute zum größten Teil keine taxonomische Gültigkeit mehr haben. Mehr als 3.500 der über 10.000 Nesseltierarten gehören zu den Octocorallia.[1] Am Bau der Korallenriffe sind die Octocorallia, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht beteiligt, da ihr Skelett nach dem Tod der Tiere rasch zerfällt.

Octocorallia

Eine voll expandierte Weichkoralle der Gattung Dendronephthya an der Nordküste Osttimors

Systematik
ohne Rang: Holozoa
ohne Rang: Vielzellige Tiere (Metazoa)
ohne Rang: Gewebetiere (Eumetazoa)
Stamm: Nesseltiere (Cnidaria)
Klasse: Blumentiere (Anthozoa)
Unterklasse: Octocorallia
Wissenschaftlicher Name
Octocorallia
Haeckel, 1866

Etymologie

Der Name Octocorallia ist ein Hinweis auf die achtstrahlige Symmetrie der Einzelpolypen, von der es keine Ausnahmen gibt. Im Deutschen werden sie auch Achtstrahlige Blumentiere, Achtstrahlige Korallen oder Oktokorallen genannt. Ein älterer und damit nach den Regeln der zoologischen Nomenklatur eigentlich gültiger wissenschaftlicher Name ist Alcyonaria Dana, 1846. Da dieser Name aber auch für die eigentlichen Weichkorallen (Alcyonacea) benutzt wurde und es oft zu Verwechselungen kam, wird das eindeutige Synonym Octocorallia vorgezogen.[2]

Verbreitung

Octocorallia leben in allen Weltmeeren von der Arktis bis zur Antarktis auch in großen Tiefen. Selbst auf dem Wrack der Titanic in 4000 Metern Tiefe wurde eine Gorgonie fotografiert. Die meisten leben auf Hartsubstraten wie Felsriffen oder als Sekundärbesiedler auf abgestorbenen Steinkorallen, die Seefedern eher auf Schlammböden. Oft bewachsen sie mehr als 50 % der zur Verfügung stehenden Substrate und verhindern die Ansiedlung und das Wachstum anderer sessiler Organismen.[3] Verbreitungsschwerpunkt sind die tropischen Korallenriffe. In flachen Bereichen des Indopazifiks leben eher Weich- und Lederkorallen, in der Karibik sowie in Tiefseebiotopen dominieren gorgonienähnliche Korallen,[3] die hier oft artenreicher als die Steinkorallen vertreten sind.[4] In den Korallenriffen des tropischen Indopazifiks kommen insgesamt 90 Gattungen aus 12 Familien vor.[5] Auch in der Nordsee lebt ein Vertreter der Gruppe, die Tote Meerhand (Alcyonium digitatum).[6]

Merkmale

Polypen einer besonders farbigen Clavularia-Form mit gefiederten Tentakeln
Weichkoralle mit weißen Skleriten im durchsichtigen Körper, Polypen rot

Fast alle Octocorallia leben in Kolonien, die aus vielen Einzelpolypen bestehen. Einzeltiere in Kolonien werden als Zooide bezeichnet. Lediglich die Gattung Talaroa hat nur einen einzigen Polypen. Die Kolonien können als nur wenige Millimeter hoher flächiger oder netzartiger Belag das Substrat überwachsen, aber auch pilz-, strauch-, baum- oder fächerförmig sein, Durchmesser bis zu einem Meter und Höhen von mehreren Metern erreichen sowie mehrere Kilogramm schwer werden. Die Polypen der Octocorallia sind sehr einheitlich gebaut, sie haben, soweit vorhanden, acht, meist gefiederte Tentakeln und auch der Gastralraum wird durch acht Längswände (Mesenterien) in acht Kammern unterteilt. Der Gastralraum reicht aufwärts in die hohlen Tentakel. Die Polypen sind im Schnitt kleiner als die der Hexacorallia. Wichtigster Polypentyp ist der „Autozooid“, ein mit gefiederten Tentakeln versehener Fresspolyp, der bei allen Gattungen vorhanden und bei vielen der einzige Polypentyp ist. Die Tentakelfieder können in seltenen Fällen, wie bei Pachyclavularia violacea, sekundär zurückgebildet sein, oder, wie bei Knopia octocontacanalis, zusammengewachsen sein, so dass die Tentakel ein paddelähnliches Aussehen haben. Ein weiterer Polypentyp ist der tentakellose „Siphozooid“, ein Schlauchpolyp, der kleiner als der Autozooid ist und bei großen Octocorallia, die durch den inneren Wasserdruck stabilisiert werden, das Ein- und Auspumpen des Wassers übernimmt. Bei einigen Gorgonien sind die Siphozooiden nur für das Einpumpen des Wassers zuständig. Das Auspumpen übernehmen sogenannte „Mesozooiden“. Bei den Seefedern sitzen Auto- und Siphozooiden an einem großen zentralen Primär- oder Axialpolypen, der „Oozooid“ genannt wird.[4]

Skelett

Skelett von Keratoisis flexibilis. Weiß die Internodien (kalkhaltige Verdickungen), schwarz die flexiblen, gorgoninhaltigen Nodien

Im Unterschied zu den Steinkorallen besitzen die meisten Octocorallia kein festes Kalkskelett, sondern haben als Festigungselemente nur kleine Kalknadeln (Sklerite) im Körper, der ansonsten durch den Wasserdruck im Innern stabilisiert wird. Die genaue Untersuchung der Sklerite ist oft die einzige Möglichkeit, Octocorallia-Arten voneinander zu unterscheiden.[7] Die Sklerite sitzen bei den Lederkorallen (Alcyoniidae) so dicht, dass eine gewisse Festigkeit erreicht wird und die Oberfläche der Koralle sich bei Berührung rau anfühlt. Bei Sclerophytum leptoclados und Sclerophytum minima sind die Sklerite in der Koloniebasis so dicht gepackt, dass umfangreiche Riffstrukturen entstehen können, die so fest sind wie die harten Skelette der Steinkoralle Acropora palmata. Sie sind die einzigen riffbildenden Lederkorallen.[8] Bei den übrigen werden die Sklerite mit dem Tod der Tiere frei und tragen zur Riffbildung nur bei, indem sie Lücken verfüllen.

Die gorgonienartigen Korallen haben ein zentrales Achsenskelett, die Medulla, in dem die Sklerite in unterschiedlicher Weise durch das Protein Gorgonin verbunden sind. Bei den Calcaxonia und Holaxonia besteht das flexible, hornartige Achsenskelett aus Einzelfasern von Gorgonin, zwischen denen kristallines Calciumcarbonat in Form von Aragonit oder Calcit eingelagert ist. Die Medulla der Kalkachsenkorallen besteht aus mehr oder weniger zusammengewachsenen Skleriten, die nicht durch Gorgonin verstärkt werden. Das Skelett der gorgonienartigen Korallen zerfällt nach dem Tod der Tiere.

Blaue Koralle in einem privaten Aquarium

Eine Ausnahme unter den Octocorallia ist die Blaue Koralle (Heliopora coerulea), die ein massives Skelett aus Calciumcarbonat bildet. Das Skelett wird nicht durch miteinander verbundene Sklerite gebildet, sondern durch Fasern aus Aragonit, die zu dünnen Plättchen verschmelzen. Es ist durch eingelagerte Eisensalze im Innern blau gefärbt. Die Blaue Koralle ist ein lebendes Fossil und kam vor 100 Millionen Jahren zahlreich in allen Meeren vor. Sie ist kälteempfindlich und heute nur noch im Roten Meer und im zentralen Indopazifik zu finden. In einigen dortigen Korallenriffen ist sie die wichtigste riffbildende Koralle und dominiert den Korallenbestand.[9][10]

Eine weitere riffbildende Octocorallia ist die Orgelkoralle (Tubipora musica), die ein massives, polsterförmiges Skelett bildet, das aus ein bis zwei Millimeter im Durchmesser messenden, parallelen, senkrechten Kalkröhren besteht, die etagenförmig durch waagerechte Platten miteinander verbunden sind und einen Durchmesser von zehn Zentimeter bis einen Meter erreichen können.[11]

Lebensweise

Alle Octocorallia leben sessil, die meisten Arten und Gattungen im Flachwasser tropischer Korallenriffe. Aber auch Höhlen, senkrechte Felsen und Tiefseeregionen werden besiedelt.

Ernährung

Fächerförmige, gorgonienartige Koralle
Xenia sp.

Octocorallia-Arten ernähren sich von Plankton, das sie, hauptsächlich in der Nacht, mit ihren zahlreichen Polypen einfangen. Die fächerförmigen Arten sind, um möglichst viel zu fangen, meist quer zur Hauptrichtung der Wasserströmung ausgerichtet. Untersuchungen an Dendronephthya hemprichi und einiger weiterer Weichkorallen zeigen, dass dabei fast nur Phytoplankton aufgenommen wird, die Tiere also herbivor sind. Damit haben sie sich eine Nahrungsquelle erschlossen, deren Biomasse wesentlich größer ist als die des Zooplanktons. Da Phytoplankton meist wesentlich kleiner als Zooplankton ist, haben die Fieder der Tentakel einen Abstand von nur 60 bis 80 Mikrometer.[12] Da die Nesselkraft der Octocorallia-Arten nur sehr schwach ist, kann aktiv schwimmendes tierisches Plankton gar nicht festgehalten werden. Gefangen wird nur, was nicht aktiv schwimmt und die passende Größe hat. Die phytoplanktonfressenden Gattungen sind durch Carotinoide oft gelb, orange oder rot gefärbt. Den Farbstoff müssen sie durch ihre Pflanzennahrung beziehen, denn nur Pflanzen können Carotinoide produzieren.[5]

Die im tropischen Flachwasser vorkommenden Arten leben, wie die meisten Steinkorallen, in mutualistischer Symbiose mit Zooxanthellen, einzelligen Algen, die in der Haut der Korallenpolypen leben. Die Korallen beziehen den Hauptteil der benötigten Nährstoffe von den Zooxanthellen. Die Zooxanthellen betreiben Photosynthese und verbrauchen dabei das Kohlenstoffdioxid, das zusammen mit Sauerstoff zu Kohlenhydraten umgesetzt wird. Die so gebildeten Nährstoffe kommen der Ernährung der Polypen zugute. Das Zusammenleben von Zooxanthelle und Koralle ist ein Beispiel für eine Symbiose im engeren Sinn, da beide beteiligten Organismen deutliche Vorteile gewinnen. Zahlreiche Octocorallia-Familien enthalten einige oder nur symbiosealgenhaltige Gattungen, Gattungen aus vielen Familien leben ohne Zooxanthellen.[5]

Viele Octocorallia-Arten können wahrscheinlich auch im Wasser gelöste organische Stoffe direkt durch die Haut aufnehmen. Nachgewiesen wurde diese Ernährungsstrategie bei Xenia und Heteroxenia, zwei Gattungen, deren Gastralraum mit einer gelartigen Masse gefüllt und somit funktionslos ist.[12]

Eine weitere Ernährungsstrategie zeigt die antarktische Weichkoralle Gersemia antarctica. Sie beugt sich mit ihrer Spitze zum Boden und tupft nach Art der Seegurken organische Substanzen vom Meeresgrund. Hat sie die Umgebung ihres Standortes abgeweidet, kann sie sich spannerraupenartig fortbewegen und neue Nahrungsgründe suchen.[12]

Schutz gegen Fressfeinde und Platzkonkurrenten

Eischnecke Cyphoma gibbosum mit Fraßspur auf einer Gorgonie
Eine Gruppe von Troglederkorallen (Sarcophyton trocheliophorum) im Korallenriff

Octocorallia-Arten werden u. a. von Meeresschildkröten, Falterfischen, dem Imperator-Kaiserfisch und verschiedenen Eischnecken gefressen. Als sessile Tiere können sie nicht fliehen und sich auch nicht, wie Steinkorallenpolypen, in ein massives Außenskelett zurückziehen. Einen gewissen mechanischen Fraßschutz bilden zugespitzte Sklerite, die zum Beispiel bei der Gattung Dendronephthya relativ groß sind, bei der zusammengezogenen Koralle deutlich aus der Korallenoberfläche hervorragen und der Tierkolonie das Aussehen eines Nadelkissens geben. Auch Lederkorallen sind durch den hohen Anteil von Skleriten an der Gesamtmasse der Kolonie relativ gut geschützt. Bei einigen Arten der Gattung Sinularia können die Sklerite 75 % der Koloniemasse ausmachen.

Insgesamt reicht der mechanische Schutz jedoch nicht aus. Octocorallia-Arten setzen stattdessen auf eine chemische Verteidigung. Sie produzieren verschiedene toxische sowie widerwärtig schmeckende Stoffe. Bei einer Untersuchung von 150 Weichkorallen am Great Barrier Reef zeigten 90 % der Arten eine abschreckende Wirkung auf Fische, bei 60 % der Arten wurden toxische Stoffe nachgewiesen. Als Toxine dienen hauptsächlich verschiedene Terpene, vor allem Sesquiterpene und Diterpene. Letztere waren schon in einer Konzentration von 5 bis 20 ppm für Testfische giftig. Die Menge der chemischen Abwehrstoffe im Gewebe kann recht groß sein. Bei Lemnalia humesi wurde ein Sesquiterpen-Anteil von 3 bis 5 % festgestellt, bei einigen Sarcophyton- und Lobophytum-Arten liegt der Diterpen-Anteil bei bis zu 10 % der Trockenmasse.

Auch die Planula-Larven der Octocorallia scheinen toxische Stoffe zu enthalten. In Versuchen spuckte der Augenfleck-Spitzkopfkugelfisch (Canthigaster solandri) verschluckte Larven gleich wieder aus.

Neben dem Fraßschutz dienen die chemischen Stoffe auch dem Kampf um Siedlungsraum (Allelopathie). Dazu werden die toxischen Stoffe in das umgebende Wasser ausgeschieden. Bei Experimenten in Meerwasseraquarien wurde festgestellt, dass schon geringe Konzentrationen ausreichen, um Acropora- und Porites-Steinkorallen zum Ausstoß ihrer Zooxanthellen zu bewegen und somit auszubleichen, ein Vorgang, der zum Absterben der Steinkorallen führen kann. Die Stoffe verhindern zudem ein Überwachsen der Octocorallia-Kolonien durch andere Organismen.[12]

Vermehrung

Capnella sp. stößt Planula-Larven aus (die roten Kügelchen). (Aquarienaufnahme)

Octocorallia können sich, wie die Steinkorallen, sowohl geschlechtlich als auch ungeschlechtlich fortpflanzen. Die Kolonien sind meist männlich oder weiblich. Einige Weichkorallen, zum Beispiel Xenia oder Heteroxenia sind aber Zwitter und haben sowohl weibliche als auch männliche Gonaden. Kolonien mit getrennten Geschlechtern nennt man „gonochorisch“. Die geschlechtliche Fortpflanzung geschieht, abhängig von der Gattung, auf zwei verschiedene Arten.

Die meisten Weich- und Lederkorallen (zum Beispiel Sarcophyton) und einige Gorgonien stoßen Eizellen und Spermien einfach in das freie Wasser aus, wo die Befruchtung stattfindet. Da die Chancen der Befruchtung relativ gering sind – die Keimzellen werden schnell von der Strömung verdriftet –, ist es wichtig, dass der Laichakt koordiniert zur gleichen Zeit stattfindet. Die Laichzeit wird von Mondphasen oder von der Wassertemperatur gesteuert. In Regionen wie dem Great Barrier Reef, in dem die Steinkorallen zu bestimmten Zeiten ihre Keimzellen massenhaft ausstoßen, beteiligen sich auch die Octocorallia daran. Die sich aus befruchteten Eizellen entwickelnden Larven leben für Tage oder Wochen planktonisch und setzen sich dann, oft hunderte oder tausende Kilometer entfernt, auf Hartsubstrat fest und wandeln sich dann zum Gründungspolypen um.

Bei einer anderen Vermehrungsstrategie werden nur die Spermien, niemals Eizellen, in das freie Wasser abgegeben, normalerweise einige Stunden nach Sonnenuntergang. Die Eizellen bleiben im Polypen und werden von Spermien befruchtet, die der Polyp mit dem Umgebungswasser aufgenommen hat. Die Anzahl der produzierten Eizellen ist hierbei viel geringer. Tage oder Wochen später werden die fertigen Larven ausgestoßen, wenn sie schon für die Metamorphose bereit sind. Oktokorallen mit dieser Vermehrungsstrategie nennt man „Brüter“. Zu ihnen zählen zum Beispiel alle Xeniidae, die meisten Gorgonien und die Gattungen Clavularia und Briareum.

Alle Planula-Larven leben kürzere oder längere Zeit planktonisch und siedeln sich an, wenn sie ein geeignetes Substrat gefunden haben. Sie können zunächst noch auf einer Schleimschicht etwas herumkriechen. Haben sie sich endgültig festgesetzt, machen sie eine Metamorphose durch und der mit Tentakel ausgestattete Primärpolyp entsteht. Dieser vermehrt sich ungeschlechtlich und durch Knospung entstehen nach und nach weitere Polypen und die Korallenkolonie wächst heran.[13][14]

Eine Form der ungeschlechtlichen Fortpflanzung, bei der eine neue Kolonie entsteht, ist das Wiederanwachsen von Kolonieteilen, Ästen und Bruchstücken, die durch äußere mechanische Einwirkung von der Mutterkolonie abgetrennt wurden. Dabei wird das Risikostadium der Planula-Larve übersprungen. Die Überlebenswahrscheinlichkeit eines Bruchstücks soll zum Beispiel bei der karibischen Gorgonie Plexaura 25-mal so hoch sein wie die der Planula.[13] Das Wiederanwachsen eines Polypenbüschels der Gattung Xenia dauert nur wenige Tage, bei den meisten anderen Gattungen allerdings wesentlich länger.

Stammesgeschichte und äußere Systematik

Abdruck eines Oktokorallen-Standorts auf pleistozänem Kalkstein aus Sizilien

Die Octocorallia sind eine Unterklasse der Blumentiere und die Schwestergruppe der Hexacorallia, der sechsstrahligen Blumentiere, zu denen u. a. Seeanemonen und Steinkorallen gehören. Fossil sind sie nur durch wenige Sklerite aus dem Silur und dem Jura sowie Gorgonien-Achsenskelette aus der Kreide bekannt. Ein Einzelfund eines Skleriten aus dem Ordovizium könnte ebenfalls von einer Oktokoralle stammen. Achsenskelette der Seefedern kennt man seit der Trias. Die Seefedern werden manchmal mit den Petalo-Organismen aus der proterozoischen Ediacara-Fauna in Verbindung gebracht. Die riffbildenden Helioporacea, zu denen die rezente Blaue Koralle gehört, erschienen in der Oberkreide vor etwa 100 Millionen Jahren. Wegen der sehr lückenhaften fossilen Überlieferung ist die Stammesgeschichte der Octocorallia weitgehend unbekannt.[15]

Innere Systematik

Traditionell wurden die Octocorallia in die drei Ordnungen Weichkorallen (Alcyonacea), Helioporacea und Seefedern (Pennatulacea) unterteilt. Zur Einteilung wurden sowohl Merkmale der Kolonieform als auch der Skelettstruktur benutzt. Die drei alten Ordnungen und die meisten Familien waren jedoch poly- oder paraphyletisch und repräsentierten eher einen Grad der Koloniearchitektur als monophyletische Gruppen.

In einer 2022 veröffentlichen Revision der Systematik der Octocorallia werden die Achtstrahligen Blumentiere in zwei Ordnungen und fast 80 Familien eingeteilt.[1]

Phenganax stokvisi aus der Familie Acrossotidae
Eunicella papillosa
Paramuricea clavata
Tubipora musica mit eingezogenen Polypen
Chrysogorgia monitcola
Parisis sp.
Primona und Sebastes sp.
Rolandia rosea

Fast 50 Gattungen der Achtstrahligen Korallen konnten mit modernen, molekularbiologischen Methoden bisher keiner Familie zugeordnet werden. Sie werden bis auf weiteres incertae sedis geführt. Dabei handelt es sich um:[1]

  • Acanthomuricea Hentschel, 1903
  • Alaskagorgia Sánchez & Cairns, 2004
  • Aspera Dautova, 2018
  • Bayergorgia Williams & López-González, 2005
  • Briareopsis Bayer, 1993
  • Calcigorgia Broch, 1935
  • Caliacis Deichmann, 1936
  • Canarya Ocaña & van Ofwegen, 2003
  • Ceratocaulon Jungersen, 1892
  • Chalcogorgia Bayer, 1949
  • Chondronephthya Utinomi, 1960
  • Cryogorgia Williams, 2005
  • Cyclomuricea Nutting, 1908
  • Daniela Koch, 1891
  • Denhartogia Ocaña & van Ofwegen, 2003
  • Distichogorgia Bayer, 1979
  • Elasmogorgia Wright & Studer, 1889
  • Elenanthus Sanamyan & Sanamyan, 2020
  • Flagelligorgia Cairns & Cordeiro, 2017
  • Helicogorgia Verrill, 1883
  • Hypnogorgia Duchassaing & Michelotti, 1864
  • Ignis Dautova, 2018
  • Inflatocalyx Verseveldt & Bayer, 1988
  • Lanthanocephalus Williams & Starmer, 2000
  • Lignopsis Pérez & Zamponi, 2000
  • Mesogligorgia López-González, 2007
  • Moolabalia Alderslade, 2001
  • Pseudocladochonus Versluys, 1907
  • Pseudogorgia Utinomi & Harada, 1973
  • Pseudosuberia Kükenthal, 1916
  • Pseudothelogorgia van Ofwegen, 1991
  • Pseudothesea Kükenthal, 1919
  • Rolandia de Lacaze-Duthiers, 1900
  • Scleranthelia Studer, 1878
  • Sphaeralcyon López-González & Gili, 2000
  • Speirogorgia Williams, 2019
  • Stephanogorgia Bayer & Muzik, 1976
  • Stereacanthia Thomson & Henderson, 1906
  • Stereogorgia Kükenthal, 1916
  • Stereosoma Hickson, 1904
  • Tesseranthelia Bayer, 1981
  • Thelogorgia Bayer, 1991
  • Thesea Duchassaing & Michelotti, 1860
  • Trichogorgia Hickson, 1904
  • Tubigorgia Pasternak, 1985
  • Verseveldtia Williams, 1990
  • Williamsium Moore, Alderslade & Miller, 2017
  • Xenogorgia Bayer & Muzik, 1976

Phylogenie

Nutzung

Die Edelkoralle (Corallium rubrum), deren innerstes, fingerdickes Axialskelett von großer Festigkeit und leuchtend rot gefärbt ist, wird zu Schmuck verarbeitet.[16] Verwandte Arten mit ähnlichen Eigenschaften nutzt man in Südostasien. Die Tote Meerhand wird gefischt und zu Meerhand-Guano genanntem Dünger verarbeitet.[6]

Viele Octocorallia-Arten, die mit Zooxanthellen in Symbiose leben und von ihnen ernährt werden, können in Meerwasseraquarien gehalten werden. Sie sind für Anfänger leichter zu halten als Steinkorallen. Die farbenprächtigen, nur Plankton fressenden Arten wie Dendronephthya und Scleronephthya, werden zwar gelegentlich importiert, verhungern aber meist im Laufe eines halben Jahres.[10]

Quellen

Einzelnachweise

  1. Catherine S. McFadden, Leen P. van Ofwegen u. Andrea M. Quattrini: Revisionary systematics of Octocorallia (Cnidaria: Anthozoa) guided by phylogenomics. Bulletin of the Society of Systematic Biologists, Vol. 1 Nr. 3 (2022), DOI: 10.18061/bssb.v1i3.8735
  2. Integrated Taxonomic Information System Alcyonaria Dana, 1846
  3. C. S. McFadden, S. C. France, J. A. Sánchez, P. Alderslade: A molecular phylogenetic analysis of the Octocorallia (Cnidaria: Anthozoa) based on mitochondrial protein-coding sequences, doi:10.1016/j.ympev.2006.06.010
  4. Philip Alderslade: Einführung in die Unterklasse Octocorallia, in Svein A. Fossa, Alf Jacob Nilsen: Korallenriffaquarium, Band 4, Schmettkamp Verlag, 1995, ISBN 3-928819-05-4
  5. Katharina Fabricius: Ökologie und Ernährung azooxanthellater Oktokorallen, in KORALLE, Meerwasseraquaristik-Fachmagazin, Nr. 12 Dezember/Januar 2002, Natur und Tier Verlag Münster, ISSN 1439-779X
  6. Jürgen Lange, Rainer Kaiser: Niedere Tiere tropischer und kalter Meere. Ulmer, Stuttgart 1991, ISBN 3-8001-7222-4
  7. Michael P. Janes, Lee Mei Wah: Octocoral Taxonomy Laboratory Manual. Results of the International Workshop on the Taxonomy of Octocorals March 20–26, 2005. University of Kerala, India PDF (Memento vom 11. Januar 2012 im Internet Archive)
  8. Götz B. Reinicke, Helmut Schuhmacher: Riffbildende Lederkorallen, in KORALLE, Meerwasseraquaristik-Fachmagazin, Nr. 29 Oktober/November 2004, Natur und Tier Verlag Münster, ISSN 1439-779X
  9. Volker Storch, Ulrich Welsch: Systematische Zoologie, Fischer, 1997, ISBN 3-437-25160-0
  10. Svein A. Fossa, Alf Jacob Nilsen: Korallenriff-Aquarium, Band 4, Birgit Schmettkamp Verlag, Bornheim, ISBN 3-928819-05-4
  11. Harry Erhardt, Horst Moosleitner: Mergus Meerwasser-Atlas Band 2. Seite 207, Mergus-Verlag, Melle, ISBN 3-88244-112-7
  12. Matthias Bergbauer: Weichkorallen (Alcyonaria) - Ausgewählte ökologische Aspekte. in Tagungsband des 5. Internationalen Meerwasser-Symposium, 1999
  13. Yossi Loya und Ramy Klein: Die Welt der Korallen, Jahr Verlag Hamburg, 1998, ISBN 3-86132-226-9
  14. Australian Institute of Marine Science: Soft corals and sea fans, Reproduction and Propagation (Memento vom 19. Oktober 2009 im Internet Archive)
  15. Bernhard Ziegler: Einführung in die Paläobiologie, Tl.2, Spezielle Paläontologie, Protisten, Spongien und Coelenteraten, Mollusken. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, ISBN 3-510-65036-0
  16. Steven Weinberg: Mittelmeer, Delius Klasing, 1996, ISBN 3-7688-0968-4

Literatur

  • Marymegan Daly, Mercer R. Brugler, Paulyn Cartwright, Allen G. Collin, Michael N. Dawson, Daphne G. Fautin, Scott C. France, Catherine S. McFadden, Dennis M. Opresko, Estefania Rodriguez, Sandra L. Romano & Joel L. Stake: The phylum Cnidaria: A review of phylogenetic patterns and diversity 300 years after Linnaeus. Zootaxa, 1668: 127–182, Wellington 2007 ISSN 1175-5326 (mapress.com [PDF])
Commons: Octocorallia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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