Obertor (Schweinfurt)

Obertor ist der Name für einen Verkehrsknotenpunkt und zwei einstige Stadttore in Schweinfurt. Das Innere Obertor am Südende des Kornmarkts, an der Einmündung der Oberen Straße, wurde 1554 zerstört. Das Äußere Obertor am Nordende des Kornmarkts wurde im Zuge der Industrialisierung und Verbreiterung der Straßen 1872 abgebrochen.[1]

Das Äußere Obertor am Kornmarkt um 1871, links mit angebauter Sattlervilla. Das Haus rechts des Tores (Baulücke) wurde 1870 und das Tor 1872 abgebrochen. Rechts der Baulücke steht heute das neungeschossige Gretel-Baumbach-Haus.

Lage

Die fünf Schweinfurter Stadttore, die alle im 19. Jahrhundert abgerissen wurden, waren (vom Süden am Main gegen den Uhrzeigersinn) Brückentor, Mühltor, Obertor, Spitaltor und Fischertor. Das Obertor lag am höchsten Punkt der Altstadt, an der Nordseite der Stadtmauer, daher sein Name. Hier begann die alte Landstraße nach Bad Kissingen und Thüringen.

Das Innere Obertor war der nördliche Stadtausgang der ersten Stadtmauer, bis zur Stadterweiterung im 15. Jahrhundert (siehe: Altstadt, Stadterweiterung). Es stand am Nordende der Oberen Straße, auf der Höhe der westlichen, heute nicht in die Obere Straße einmündenden Bodengasse (Sackgasse).[2] Die Fundamente des Inneren Obertors wurden aufgefunden und die Stelle gekennzeichnet.

Sattler-Villa (vor 1873/barockisiert 1911), neben dem einstigen Obertor, das rechts daneben stand

Das Äußere Obertor wurde zur Stadterweiterung in Höhe des heutigen Hauses Kornmarkt 17 errichtet.[3] Die heute noch bestehende Sattlervilla des Schweinfurter Industriellen Wilhelm Sattler wurde westlich an das Tor angebaut (siehe oberes Bild). Das Obertor als Adresse entstand erst um 1955, für den unweit nördlich des einstigen Tores gelegenen Verkehrsknotenpunkt.[4]

Geschichte

Im Zweiten Markgrafenkrieg 1554 wurden Inneres und Äußeres Obertor zerstört. Der äußere Torturm wurde 1556 repariert. Jedoch wurde er 1562 abgebrochen und bis 1564 neu aufgebaut, mit Türmerwohnung, großer Durchfahrt und Fallgatter. Im April 1647, am Ende des Dreißigjährigen Kriegs, durchlöcherten schwedische Truppen den Torturm mit Kanonenkugeln.[5][1] 1728 wurde vor dem Tor eine steinerne Brücke über den Stadtgraben errichtet.[5] 1762 wurde das Fallgatter im Siebenjährigen Krieg von den Preußen gesprengt.[1]

1870 ließen die Stadtväter das städtische Häuschen rechts des Turms (vom Kornmarkt aus gesehen), das die Ausfahrt beengte, abreißen und 1872 den Torturm.[1] Trotz allem blieb das Obertor bis heute in Form seiner bekannten historischen Abbildung mit Blick vom Kornmarkt das Wahrzeichen der nördlichen Altstadt und ist dort in einer Abbildung am Haus der Gaststätte Obertor verewigt. Die steinerne Brücke vor dem Obertor ging beim Auffüllen des Grabens vor dem Tor für die heutige Obertorkreuzung verloren.[1]

Beschreibung

Äußeres Obertor

Nach dem Wiederaufbau des Tores nach seiner Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg wurde die Außenseite des Tores mit dem Wappen von Generalfeldmarschall Wrangel und dem der Königin Christina von Schweden geziert. 1681 wurde der Turm mit einer Glocke ausgestattet.

Vor dem Tor führte eine 1728 erbaute Brücke zum Tor mit der lateinischen Inschrift: „Der goldene Friede möge gedeihen, unsere Freiheit möge dauern soviel Jahre, als diese Brücke Steine hat.“ 75 Jahre später verlor Schweinfurt seine Reichsfreiheit.[1]

Schanzen

Fichtel's Garten in einstiger Schanze
Fichtel's Garten in einstiger Schanze
Obertorschanze
Obertorschanze

Vor dem Äußeren Obertor lag zu beiden Seiten eine Schanze. Auf der westlichen Schanze wurde die Fichtelsvilla des Schweinfurter Industriellen Karl Fichtel errichtet, die im letzten Krieg zerstört wurde. Heute nimmt Fichtel's Garten die Schanze ein, die sich im Parkgrundriss abzeichnet und den vorgelagerten Graben und die Glacis. An die einstige Schanze erinnert die westlich davor verlaufende Straße An den Schanzen, am Rande der Neutorvorstadt.

Die Mauern der östlichen Obertorschanze blieben erhalten, wurde in den 1980er  saniert und stehen unter Denkmalschutz. Damals wurde auf der Schanze der Motherwellpark angelegt, benannt nach der schottischen Partnerstadt Motherwell.

Obertorkreuzung

An dem unweit nördlich des einstigen Tores gelegenen Verkehrsknotenpunkt am Stadtring-Nord laufen sechs Straßen zusammen. Bereits in den 1960er Jahren war hier ein Großprojekt mit Straßentunnel und einer großstädtischen Rahmenbebauung geplant, das bis heute nicht ausgeführt wurde. Deshalb hat das Areal der Obertorkreuzung und seiner Umgebung heute noch den Charakter eines Provisoriums aus der früheren Nachkriegszeit.

Das Bayerische Landesamt für Umwelt unterhält im Rahmen des Lufthygienischen Landesüberwachungssystems Bayern (LÜB) eine Messstation an der Obertorkreuzung.[6]

Gastronomie

Im Gebiet um das einstige Äußere Obertor befindet sich ein Kneipenviertel. Das Altstadtquartier südlich des einstigen Tores, mit seinen historischen Wirtshäusern, entwickelte sich in den 1990er Jahren zu einem Kneipenviertel, das in neuerer Zeit wieder etwas verödete. Dafür erfuhr das nördliche Gebiet um die Obertorkreuzung eine gastronomische Belebung.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Paul Ultsch: Damals in Schweinfurt. Buch- und Idee-Verlags-GmbH, Schweinfurt, ISBN 3-9800480-1-2, S. 10 ff.
  2. BayernAtlas: Topografische Karte, Katasterplan, Planausschnitt Bereich Bodengasse. Abgerufen am 3. Oktober 2019.
  3. BayernAtlas: Historische Karte, Katasterplan Blatt Schweinfurt (zwischen 1833 und 1852), Planausschnitt Bereich Obertor. Abgerufen am 3. Oktober 2019.
  4. Peter Hofmann: schweinfurtfuehrer.de/Obertor. Abgerufen am 25. September 2019.
  5. Peter Hofmann: schweinfurtfuehrer.de/Die alten Stadttore von Schweinfurt
  6. Bayerisches Landesamt für Umwelt: Lufthygienisches Landesüberwachungssystem Bayern (LÜB), Station Schweinfurt-Obertor. (PDF) Abgerufen am 26. September 2019.

This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.