O. E. Hasse

Otto Eduard „O. E.“ Hasse (* 11. Juli 1903 in Obersitzko; † 12. September 1978 in Berlin) war ein deutscher Schauspieler, Regisseur, Hörspiel- und Synchronsprecher.

O. E. Hasse als Mephisto in Faust I, 1945

Leben

Schon als Kind sammelte der Sohn eines Schmieds erste Theatererfahrungen zusammen mit Mitschülerin Berta Drews an seiner Schule in Kolmar/Posen. Nach dem Abitur begann Hasse in Berlin ein Jurastudium, das er allerdings nach drei Semestern abbrach. Er wechselte zur weiteren Ausbildung als Schauspieler an die Max-Reinhardt-Schule am Deutschen Theater. Nachdem er diese erfolgreich abgeschlossen hatte, trat er an der Berliner „Jungen Bühne“, am Harzer Sommertheater in Thale, in Breslau und an den Münchner Kammerspielen auf. Hier arbeitete er auch als Regisseur.

Im Frühjahr 1939 wurde Hasse in München wegen Homosexualität gemäß § 175 zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt, was nach der damaligen Strafpraxis als ein relativ mildes Urteil galt. Als strafmildernd wurden seine Unbescholtenheit, sein Geständnis und seine künstlerischen Leistungen gewertet. So sei Adolf Hitler von Hasses Auftritt in Cäsar und Cleopatra „stark beeindruckt“ gewesen. Nach Hasses Haftentlassung gab ihm der Münchner Inspekteur der Sicherheitspolizei (IdS), SS-Oberführer Lothar Beutel, die Zusicherung, dass er „keine beruflichen Schwierigkeiten“ zu erwarten habe.[1] Dies war einer sogenannten „Sondergenehmigung“ durch Joseph Goebbels zu verdanken.[2] 1939 erhielt Hasse einen Vertrag in Prag für das dort gegründete Deutsche Theater und verwendete von da an den Namen O. E. Hasse. Nachdem er dort im Oktober 1940 auf Betreiben eines konkurrierenden Schauspielers erneut als „untragbar“ suspendiert worden war, setzte sich Goebbels gegen den deutschen Statthalter in Prag Karl Hermann Frank durch und ließ die Suspendierung aufheben.[1]

Seine Filmkarriere begann Hasse bereits 1941 mit kleineren Nebenrollen, z. B. in Stukas (1941), Rembrandt (1942) oder Dr. Crippen an Bord (1942).

Seinen großen internationalen Erfolg hatte Hasse erst nach 1945 in dem Alfred-Hitchcock-Film Ich beichte (I Confess, 1953) an der Seite von Montgomery Clift und in Deutschland mit der Titelrolle in dem Film Canaris (1954). Hasse spielte mit in zwei Teilen der „08/15“-Trilogie (neben Joachim Fuchsberger) (1955), in der Filmkomödie Kitty und die große Welt (1956) (neben Romy Schneider), in Arsène Lupin, der Millionendieb (1957) als Kaiser Wilhelm II. (neben Liselotte Pulver) sowie als Staatsanwalt von Treskow in der Spoerl-Verfilmung Der Maulkorb von Wolfgang Staudte (1958). Auch an den Romanverfilmungen von Frau Warrens Gewerbe (1960) nach George Bernard Shaw und Die Ehe des Herrn Mississippi (1961) nach Friedrich Dürrenmatt war er beteiligt. Krimi-Fans kennen O. E. Hasse auch aus Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse (1964).

Bekannt war seine Darstellung des Stabsarztes in dem auf dem Roman von Heinz G. Konsalik basierenden Film Der Arzt von Stalingrad über die Erlebnisse des Arztes Ottmar Kohler in der Kriegsgefangenschaft – neben Eva Bartok als russische Ärztin und dem jungen Mario Adorf als Sanitäter.

Hasse war mit Auftritten auf der Bühne und auf der Filmleinwand präsent. 1961 unternahm er zusammen mit Elisabeth Bergner eine Gastspielreise durch die USA mit dem Bühnenstück Geliebter Lügner (einem für die Bühne bearbeiteten Briefwechsel zwischen G. B. Shaw und Stella Patrick Campbell) von Jerome Kilty. 1967 trat er als Winston Churchill in Rolf Hochhuths umstrittenem Stück Soldaten an der Freien Volksbühne in Berlin auf. 1971 spielte er am Burgtheater in Wien unter der Regie von Gerhard Klingenberg die Titelrolle von William Shakespeares Julius Caesar.

Ehrengrab, Hüttenweg 47, in Berlin-Dahlem

War Hasses Darstellungsstil zunächst geprägt durch eine expressive und oft theatralisch wirkende Spielweise der zwanziger Jahre, die sich auch in einer häufig exaltierten Sprechweise mit teilweise übertriebenen Betonungen einzelner Satzpassagen äußerte, so entwickelte er mit zunehmendem Alter eine sehr konzentrierte, zurückgenommene Spielweise. Dabei gelang es ihm, mit einer sehr zurückhaltend und gezielt eingesetzten Körpersprache und seiner immer markanter werdenden rauen, dunklen Stimme seinen Figuren eine einzigartige Wirkung zu verleihen.

Erst spät kam Hasse mit dem Fernsehen in Berührung. 1975 verfilmte Peter Zadek das Theaterstück Eiszeit von Tankred Dorst mit Hasse in der Rolle des neunzigjährigen Literatur-Nobelpreisträgers Knut Hamsun – nach Meinung vieler Kritiker eine der eindrucksvollsten Rollen des Schauspielers. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Zadek wiederholte Hasse 1977 in der Fernsehadaption von Brendan Behans Theaterstück Die Geisel. Seine letzte künstlerische Arbeit war die Theaterrolle des Dieners Shunderson in Curt GoetzDr. med. Hiob Prätorius in der Berliner Komödie am Kurfürstendamm.

1959 war Hasse Jury-Mitglied bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin. Er war unter anderem die markante deutsche Synchronstimme von Charles Laughton, Humphrey Bogart, Spencer Tracy und Clark Gable. Zu seinen Hörspielrollen gehört zum Beispiel die Figur des Kapitäns Queeg in der Funkfassung von Die Caine war ihr Schicksal nach Herman Wouk (1954).

Hasse mit Elisabeth Bergner (1960).

O. E. Hasse gehörte einer Generation an, die ihr Privatleben streng vom Beruf trennte. Auch wenn er seine Homosexualität nie leugnete, so war es doch für ihn als Künstler in den 1950er Jahren und angesichts möglicher Strafverfolgungen nach § 175 StGB schwierig, eine solche Identität zu leben. Er sah sich – wie andere seiner Zeitgenossen – gezwungen, seine Orientierung wie eine heimliche Angelegenheit zu behandeln. Sein Lebensgefährte der letzten drei Lebensjahrzehnte war Max Wiener, der für eine bestimmte Zeit Mitglied der Konzernleitung von Ringier war.

Seit 1981 wird jährlich der O.-E.-Hasse-Preis von der O.-E.-Hasse-Stiftung vergeben, die von der Akademie der Künste (Berlin) betreut wird. Damit wird das Vermächtnis des Schauspielers erfüllt, der zur Förderung des Schauspielernachwuchses eine Auszeichnung mit Geld bestimmt hatte. Die Preise werden von der Stiftung jungen Darstellern des Sprech- und Musiktheaters zuerkannt. Hasse wurde auf dem Waldfriedhof Dahlem beerdigt. Die Grabstätte gehört zu den Berliner Ehrengräbern.

Sein schriftlicher Nachlass befindet sich im Archiv der Akademie der Künste in Berlin.[3]

Filmografie

Hörspiele

Auszeichnungen

Medien

  • Theodor Fontane: Ja, das möcht ich noch erleben. Hörbuch, vorgelesen von O. E. Hasse. CD, Universal Music, ISBN 3-8291-1205-X.
  • Thomas Mann und O.E. Hasse lesen THOMAS MANN. „Schwere Stunde“ und „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 2007, ISBN 978-3-7857-3013-3.

Literatur

  • Otto Eduard Hasse: O. E.: Unvollendete Memoiren. Goldmann Verlag, München 1981, ISBN 3-442-06344-2.
  • Hans Knudsen: O. E. Hasse. Rembrandt-Verlag, 1960.
  • Jörg Schöning: O. E. Hasse – Schauspieler. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 1, 1984.
  • C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 272 f.
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 5: L – N. Rudolf Lettinger – Lloyd Nolan. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 564 ff.
Commons: Otto Eduard Hasse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Helmut Heiber (Herausgeber): Akten der Parteikanzlei der NSDAP. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 1992, S. 630–631. ISBN 3-486-50181-X.
  2. Bärbel Schrader: „Jederzeit widerruflich“ – die Reichskulturkammer und die Sondergenehmigungen in Theater und Film des NS-Staates. Metropol, Berlin 2008. ISBN 978-3-938690-70-3.
  3. O.-E.-Hasse-Archiv Bestandsübersicht auf den Webseiten der Akademie der Künste in Berlin.
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