Nun lob, mein Seel, den Herren
Nun lob, mein Seel, den Herren ist ein lutherisches Kirchenlied. Den Text schrieb Johann Gramann vor 1540 als Nachdichtung von Psalm 103. Die erschien 1540 bei Hans Kugelmann.
Entstehung und Rezeption
Nachdem Martin Luther die ersten reformatorischen Psalmlieder geschrieben hatte, folgten bald verschiedene Autoren seinem Beispiel. Laut einer auf Martin Chemnitz zurückgeführten Überlieferung war es Albrecht, der erste lutherische Herzog von Preußen, der Gramann schon 1525, also zeitgleich mit dessen Berufung nach Königsberg, um eine Nachdichtung von Psalm 103 bat; Albrecht habe das Lied auch auf seinem Sterbebett gesungen. Gustav Adolf von Schweden ließ es am 24. April 1632 beim ersten lutherischen Gottesdienst nach der Eroberung Augsburgs singen. Und am 25. Oktober 1648 stimmte das Volk auf dem Marktplatz von Osnabrück spontan Nun lob, mein Seel, den Herren an, als der Westfälische Friede verkündet wurde.[1] Jahrhundertelang gehörte es zu den populärsten evangelischen Kirchenliedern und wurde vielfach musikalisch bearbeitet. Johann Sebastian Bach schuf neben mehreren Choralharmonisierungen (unter anderem für die Kantate Wir danken dir, Gott, wir danken dir, BWV 29) zwei kontrapunktische Motettensätze (BWV 28.2 und BWV 225.2) und einen konzertanten Solosatz (BWV 51.4).
Inhalt
Gramann folgt in seinen vier zwölfzeiligen Strophen eng der biblischen Vorlage. Wie sie ist das Lied eine (Selbst-)Aufforderung zum Lob des Herrn für all seine Wohltaten an seinen sterblichen Geschöpfen und an seinem Volk, an erster Stelle für die Vergebung der Sünden. Die fünfte Strophe eines unbekannten Verfassers wurde 1555 hinzugefügt; sie paraphrasiert das Gloria Patri, mit dem in den christlichen Liturgien jeder Psalm endet.
Textzusammenschau
Psalm 103 (Luther 1984) |
Liedtext (EG 289) |
Lobe den Herrn, meine Seele, |
1. Nun lob, mein Seel, den Herren, |
Er hat seine Wege Mose wissen lassen, |
2. Er hat uns wissen lassen |
Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt,
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3. Wie sich ein Mann erbarmet |
Die Gnade aber des Herrn |
4. Die Gottesgnad alleine Ihr starken Engel, waltet
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Ehre sei dem Vater und dem Sohn
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5. Sei Lob und Preis mit Ehren |
Melodie
Die Melodie, in ungetrübtem Dur und im schwingenden 6/4-Takt gehalten, ist dem Psalmlied erstmals 1540 in Hans Kugelmanns Concentus novi trium vocum unterlegt und gilt als dessen Schöpfung. Dabei ging Kugelmann wahrscheinlich von einer kürzeren und einfacheren Volksweise aus, die zwar erst 1582 in der Straßburger Sammlung Christliche Reuterlieder belegt ist – dort mit dem Text Wer Gott will recht vertrauen[2] –, jedoch als bedeutend älter gilt. Diese wurde 1893 von Franz Magnus Böhme mit dem ebenfalls aus dem 16. Jahrhundert stammenden weltlichen Liedtext Weiß mir ein Blümlein blaue verbunden,[3][4] weshalb dieser Liedanfang in heutigen Gesangbüchern als Vorlage für Kugelmanns Melodie genannt wird.[5]
Literatur
- Bernhard Leube: 289 – Nun lob, mein Seel, den Herren. In: Martin Evang, Ilsabe Alpermann (Hrsg.): Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Band 23. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2017, ISBN 978-3-525-50346-1, S. 37–43, doi:10.13109/9783666503467.37.
Weblinks
Einzelnachweise
- hymnary.org (englisch)
- Digitalisat
- Frauke Schmitz-Gropengiesser: Weiß mir ein Blümlein blaue (2013). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon
- Ludwig Erk, Franz Magnus Böhme (Hrsg.): Deutscher Liederhort. Zweiter Band. Breitkopf und Härtel, Leipzig 1893, S. 198 f. (Digitalisat).
- so zu EG 289