Noviziat

Das Noviziat (von lateinisch novicius, ‚Neuling‘[1]) ist die Zeit der Ausbildung, in der jemand, der neu in eine christliche Ordensgemeinschaft eingetreten ist, sich in der Ausbildung und Vorbereitung auf die zeitlichen Ordensgelübde befindet. Die neu in die Gemeinschaft Aufgenommenen werden als Novize, beziehungsweise Novizin, bezeichnet (veraltend ist Novize auch als Femininum gebräuchlich).

Nonnen in Sevilla. Die Novizin ist am weißen Schleier erkennbar.

Eigenschaften

Diese Bezeichnung geht vermutlich auf die Regel des hl. Benedikt zurück, in der es in Kap. 58, 1 heißt:

„Noviter veniens quis ad conversationem, non ei facilis tribuatur ingressus (Kommt einer neu und will das klösterliche Leben beginnen, werde ihm der Eintritt nicht leicht gewährt.) RB 58,1“

Im Noviziat wird der Novize durch die Gemeinschaft geprüft, ob er dazu berufen ist, die Ordensgelübde (in der Regel die drei evangelischen Räte Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam) zu halten und die Fähigkeit und Neigung hat, im Orden und der konkreten Gemeinschaft zu leben. Desgleichen ist der Novize dazu aufgerufen, sich selbst zu prüfen und den Orden möglichst gut kennenzulernen, um eine vor Gott, dem eigenen Gewissen und den Oberen verantwortete Entscheidung für oder gegen die Ablegung der Profess zu treffen.

Frühzeit

Im vierten Buch seiner Schrift Von den Einrichtungen der Klöster[2], die das abendländische Ordenswesen stark beeinflusste, berichtete Johannes Cassianus († 435) seiner gallischen Leserschaft, wie die ägyptischen Wüstenväter Novizen aufnahmen:

  1. Alle müssen sich völlig der Leitung des Abts unterwerfen (1).
  2. Die Postulanten müssen wenigstens zehn Tage an der Pforte stehen und alle vorübergehenden Brüder um Aufnahme anflehen, erfahren aber absichtlich Zurückweisung und Verachtung (3).
  3. Sie dürfen nicht das geringste an Geld mit ins Kloster bringen, weder für sich selbst (3) noch für die Zwecke des Klosters (4).
  4. Die Postulanten legen ihre bisherige Kleidung ab und erhalten stattdessen ein Ordenskleid (5).
  5. Die alten Kleider werden zunächst aufbewahrt. Bewährt sich der Bewerber, werden seine Kleider an die Armen verschenkt, ansonsten erhält er sie zurück und wird davongeschickt (6).
  6. Niemand darf sich heimlich entfernen (6).
  7. Nach Annahme des Ordenskleides wohnt der Novize zunächst ein Jahr lang im Klostervorhof und muss die Fremden und Reisenden betreuen. Währenddessen steht er mit neun weiteren Novizen unter der Aufsicht eines älteren Bruders (7).
  8. Dieser Novizenmeister muss dem Neuling absichtlich Dinge befehlen, die diesem gegen sein Naturell gehen. Dies hat den Zweck, seinen Eigensinn zu besiegen (8).
  9. Die Novizen dürfen ihrem Vorsteher keinen ihrer Gedanken vorenthalten (9).
  10. Ohne Wissen und Erlaubnis ihres Vorgesetzten dürfen die Novizen ihre Zellen nicht verlassen, nicht einmal zur Erfüllung ihrer natürlichen Bedürfnisse (10).

Die weiteren Vorschriften (§§ 11 ff.) galten allen Brüdern gemeinsam und nicht speziell für Novizen.

Rechtliche Grundlagen

Das Noviziat beginnt meist mit der Einkleidung und endet mit der ersten Profess. Der Zulassung zur zeitlichen Profess geht die formelle Abstimmung aller Professen oder des Rates über den Novizen voraus.

Nach den Bestimmungen des kanonischen Rechtes muss das Noviziat mindestens ein (sogenanntes „kanonisches“) Jahr dauern, und es darf um nicht mehr als ein weiteres Jahr verlängert werden (648 §3 CIC). Dem Noviziat geht meistens, aber nicht notwendigerweise ein Postulat oder eine Kandidatur voraus, bei dem die Bewerber innerhalb eines Zeitraums, der von einigen Monaten bis zu zwei Jahren dauern kann, das Ordensleben in der Gemeinschaft kennenlernen können. Der CIC legt im Einzelnen fest, unter welchen Bedingungen ein Kandidat gültig ins Noviziat eintreten kann (645-648 CIC) und welche rechtlichen Hindernisse dem möglicherweise entgegenstehen. (642 CIC).

Gestaltung

Die Novizen erhalten Unterricht durch einen Novizenmeister oder ein sonst dazu bestelltes Mitglied des Konvents, das die feierliche Profess vor längerer Zeit abgelegt hat. Zum Unterricht im Noviziat gehört beispielsweise ein grundlegendes Studium der Bibel, der Kirchenväter sowie Kirchen- und Ordensgeschichte. Im Besonderen befasst sich der Unterricht im Noviziat mit der Spiritualität des Ordenslebens und der Ordensgelübde. Der Novize soll die Ordensregel kennenlernen und verinnerlichen. Ferner erhält der Novize Hilfen für das Einüben in das Gebet und die Liturgie, das Schweigen, die Askese und die verschiedenen Meditationsformen und eventuell Sprachunterricht. Bei den Jesuiten kann auch eine wochenlange Wanderung ohne Geld zur Pflicht gemacht werden, in der die Novizen um Nahrung und Unterkunft bitten lernen.[3]

Dauert das Noviziat länger als ein Jahr, ist das erste das kanonische Jahr, in dem der Novize das Kloster in der Regel nicht verlässt und eine möglichst große Zurückgezogenheit angestrebt wird. Im zweiten Jahr können dann Praktika anschließen, um beispielsweise verschiedene Berufsfelder oder auch verschiedene Konvente innerhalb des Ordens kennenzulernen.

Literatur

  • Dominicus M. Meier: Noviziat. In: Walter Kasper (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche. 3. Auflage. Band 7. Herder, Freiburg im Breisgau 1998, Sp. 940 f.
  • M. Magdalena Aust OCSO: Herausforderungen für die Ausbildung. Noviziat in der individualisierten und fragmentierten Welt von heute. In: Cistercienser Chronik, 126. Jg. (2019), S. 296–303.
  • Mirko Breitenstein: Das Noviziat im hohen Mittelalter. Zur Organisation des Eintritts bei den Cluniazensern, Cisterziensern und Franziskanern (Vita regularis. Ordnungen und Deutungen religiosen Lebens im Mittelalter 38). Lit Verlag, Berlin 2008. ISBN 978-3-8258-1259-1.
  • Michael Casey OCSO: Monastische Formation in unserer Zeit. In: Erbe und Auftrag, 96. Jg. (2020), S. 126–143.

Einzelnachweise

  1. Der bereits antike lateinische Begriff findet sich spätestens bei Cassian († 435) im Zusammenhang mit dem Klosterleben. Collationes XX, cap. 1: „… ubi velut incipiens atque novicius in illo, in quo nos degebamus, monasterii receptus habitaculo …“
  2. Cassian, inst. coenobiorum (deutsch)
  3. Sebastian Maly, Sebastian Ortner: Die Reise der Gottesnarren. faz.net, 5. Oktober 2014, abgerufen am 5. Oktober 2014
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