Nordische Länder
Nordische Länder bzw. der Norden (dänisch/norwegisch/schwedisch Norden[1], isländisch Norðurlöndin, färöisch Norðurlond, finnisch Pohjoismaat, nordsamisch Davviriikkat) bezeichnet zusammenfassend die nordeuropäischen Staaten Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden[2] einschließlich der autonomen Gebiete Färöer, Grönland (beide zu Dänemark) und Åland (zu Finnland). Die nordischen Staaten umfassen knapp 3,5 Mio. km² und gut 26 Mio. Einwohner.
Der Begriff ist nicht unbedingt deckungsgleich mit Nordeuropa, zu dem je nach Definition teilweise das gesamte Baltikum, der Norden des europäischen Teiles von Russland oder auch das Vereinigte Königreich, beziehungsweise dessen nördlicher Teil, Schottland, gezählt werden. Diese Staaten hängen jedoch sprachlich, kulturell, politisch und geschichtlich meist enger mit anderen Staaten zusammen, weshalb eine Begriffsabgrenzung der nordischen Staaten von Nordeuropa entsteht.
Die Mehrheitsbevölkerungen Dänemarks, der Färöer, Islands, Norwegens, Schwedens und Ålands sprechen nordgermanische Sprachen, wogegen Finnisch, die samischen Sprachen sowie weitere Minderheitensprachen im Norden zur uralischen Sprachfamilie gehören. Die Inuit in Grönland sprechen Kalaallisut, eine eskimo-aleutische Sprache. Sprachlich-kulturelle Verbindungen zum Norden haben auch die dänischsprachigen Südschleswiger, die Bewohner der britischen Inseln Shetland und Orkney, deren nordgermanische Sprache Norn im 18. Jh. ausgestorben ist sowie die Estlandschweden.
Die skandinavischen Staaten (Dänemark, Norwegen, Schweden) bildeten seit der Eisenzeit ein gemeinsames nordgermanisches Kulturgebiet und wurden am Ende der Wikingerzeit in drei größere Königreiche vereinigt. Finnland geriet im Mittelalter unter schwedischen Einfluss. Die fünf modernen Staaten sind spätestens seit der Zeit der Kalmarer Union (15. Jahrhundert) auch politisch und wirtschaftlich eng miteinander verbunden; seit 1952 ist ihre Zusammenarbeit im Nordischen Rat formalisiert.[3] Die nordischen Länder teilen sich heute in mehr oder weniger starker Ausprägung das nordische Gesellschaftsmodell und gehören allesamt zu den technisch am höchsten entwickelten Staaten der Welt.[4]
Die fünf nordischen Staaten Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden haben ihre Botschaftskanzleien in Deutschland in einem gemeinsamen Komplex, den Nordischen Botschaften in Berlin. Er besteht aus fünf einzelnen Gebäuden mit einem gemeinsamen, öffentlichen Gebäude, verbunden durch ein umlaufendes Kupferband. Der Bau steht symbolisch für die enge Kooperation zwischen den nordischen Staaten.
Überblick und internationale Organisationen
Die nordischen Staaten weisen trotz ihrer geographischen Nähe und oftmals gemeinsamen Geschichte eine große politische und sprachliche Vielfalt auf. Auch auf internationaler Ebene sind sie teilweise sehr unterschiedlich vertreten, entgegen dem „Skandinavismus“ und Zielvorstellungen beispielsweise des Nordischen Rates.
Schweden | Dänemark | Finnland | Norwegen | Island | Grönland | Färöer | Åland | |
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Einwohner (in Mio.) | 10,33 | 5,82 | 5,53 | 5,37 | 0,364 | 0,056 | 0,052 | 0,030 |
Staatsform | Monarchie (1523) | Monarchie (10. Jh.) | Republik (1917) | Monarchie (1905) | Republik (1944) | Auton. Nation (1979) | Auton. Nation (1948) | Auton. Prov. (1921) |
Amtierender Regierungschef | Ulf Kristersson | Mette Frederiksen | Petteri Orpo | Jonas Gahr Støre | Katrín Jakobsdóttir | Múte B. Egede | Aksel V. Johannesen | Katrin Sjögren |
Amtssprache(n) | Schwedisch | Dänisch | Finnisch und Schwedisch | Norwegisch | Isländisch | Grönländisch und Dänisch | Färöisch und Dänisch | Schwedisch |
Nordischer Rat | Mitglied seit 1952 | Mitglied seit 1952 | Mitglied seit 1955 | Mitglied seit 1952 | Mitglied seit 1952 | Ministerrat seit 1971 | Ministerrat seit 1971 | Ministerrat seit 1971 |
Westnordischer Rat | seit 1985 | seit 1985 | seit 1985 | |||||
NATO | seit 2024 | seit 1949 | seit 2023 | seit 1949 | seit 1949 | über Dänemark | über Dänemark | über Finnland |
EFTA/EWR | Mitglied 1960–1995 | Mitglied 1960–1973 | Assoz. 1961, Mitglied 1986–1995 | seit 1960 | seit 1970 | |||
EU | seit 1995 | seit 1973 | seit 1995 | Ref. 1972 & 1994 gegen Beitritt | war ab Sommer 2010 EU-Beitrittskandidat, Beitrittsgesuch am 12. März 2015 zurückgezogen[5] | über Dänemark ab 1973, Austritt 1985 | 1972 gegen Beitritt | seit 1995 nach Ref. |
Währung | SEK, Euro-Ref. 2003 | DKK, WKM II | Euro seit 1999 | NOK | ISK | DKK | DKK | Euro |
Nord. Passunion | seit 1954 | seit 1954 | seit 1954 | seit 1954 | seit 1954 | |||
Schengen | 1996/2001 | 1996/2001 | 1996/2001 | 1996/2001 | 1996/2001 |
Siehe auch
Literatur
- Bernd Brunner: Die Erfindung des Nordens. Kulturgeschichte einer Himmelsrichtung. Galiani, Berlin 2019, ISBN 978-3-86971-192-8.
- Ewald Gläßer, Rolf Lindemann, Jörg-Friedhelm Venzke: Nordeuropa. Geographie, Geschichte, Wirtschaft, Politik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-14782-0.
- Norbert Götz: Norden – Structures That Do Not Make a Region. In: European Review of History 10 (2003), S. 323–341. doi:10.1080/1350748032000140822
- Norbert Götz: Neutralität und Kooperation, Engagement und Intervention: Außen- und Sicherheitspolitik. In: Der Bürger im Staat [Sonderheft zu Skandinavien] 2014, Heft 2–3, S. 176–182.
- Anders Kjellberg (2022) The Nordic Model of Industrial Relations. Department of Sociology, Lund 2022.
- Axel Sømme (Hrsg.): Die Nordischen Länder. Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Schweden. Westermann, Braunschweig 1967 (englisch: A Geography of Norden. Denmark, Finnland, Iceland, Norway, Sweden. Oslo 1960. Übersetzt von Wolfgang Tietze).
Weblinks
- Botschaften der nordischen Staaten in Berlin
- Fakten über die nordischen Staaten (Website von The Nordic Council and the Nordic Council of Ministers, mehrsprachig)
- vifanord Virtuelle Fachbibliothek für Literatur mit Bezug zu Nordeuropa und dem Ostseeraum (Projekt der Universitäten in Greifswald, Göttingen und Kiel)
Einzelnachweise
- Das dänische / norwegische/schwedische Wort Norden entspricht wortwörtlich dem deutschen Ausdruck „der Norden“ (die Endung -en markiert die bestimmte Form des Substantivs nord). Neben der Bezeichnung für die Himmelsrichtung wird das Wort in diesen drei kontinentalskandinavischen Sprachen auch als Eigenname für die hier beschriebene Region verwendet. Deshalb ist die im Deutschen manchmal verwendete Übersetzung „der Norden“ ganz wortgerecht.
- Axel Sømme (Hrsg.): Die Nordischen Länder. Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Schweden. Westermann, Braunschweig 1967, S. 19.
- Axel Sømme (Hrsg.): Die Nordischen Länder. Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Schweden. Westermann, Braunschweig 1967, S. 19.
- Ewald Gläßer, Rolf Lindemann, Jörg-Friedhelm Venzke: Nordeuropa. Geographie, Geschichte, Wirtschaft, Politik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-14782-0, S. 149.
- Island zieht Beitrittsantrag zurück, abgerufen am 13. März 2015