Nikischerit

Nikischerit (IMA-Symbol Nik[2]) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“ mit der chemischen Zusammensetzung Fe2+6Al3(OH)18[Na(H2O)6](SO4)2·6H2O[3] oder in der kristallchemischen Strukturformelschreibweise NaFe2+6Al3[(OH)18|(SO4)2]·12H2O[4]. Nikischerit ist damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Eisen-Aluminium-Natrium-Sulfat mit zusätzlichen Hydroxidionen.

Nikischerit
Nikischerit aus der Huanuni Mine, Huanuni, Provinz Dalence, Oruro, Bolivien (Größe: 4,4 × 4,1 × 1,1 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2001-039[1]

IMA-Symbol

Nik[2]

Chemische Formel
  • Fe2+6Al3(OH)18[Na(H2O)6](SO4)2·6H2O[3]
  • NaFe2+6Al3[(OH)18|(SO4)2]·12H2O[4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VI/D.14-022

7.DD.35
31.01.02.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem trigonal
Kristallklasse; Symbol trigonal-rhomboedrisch; 3[5]
Raumgruppe R3 (Nr. 148)Vorlage:Raumgruppe/148
Gitterparameter a = 9,347 Å; c = 33,000 Å[6]
Formeleinheiten Z = 3[6]
Zwillingsbildung nicht beobachtet[7]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2[7]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,33; berechnet: 2,34[7]
Spaltbarkeit vollkommen nach {001}[7]
Bruch; Tenazität uneben; spröde
Farbe dunkelgrün, bräunlich
Strichfarbe hellgraugrün
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Fettglanz, matt
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,560(1)[8]
nε = nicht bestimmbar[8]
Optischer Charakter einachsig negativ[8]

Nikischerit kristallisiert im trigonalen Kristallsystem und entwickelt glimmerartige, blättrige Kristalle, die oft zu radialstrahligen Mineral-Aggregaten von bis zu einem Zentimeter Durchmesser verbunden sind. Frische Proben des durchsichtigen bis durchscheinenden Minerals zeigen eine hell- bis dunkelgrüne Farbe und einen harzähnlichen Glanz auf den Kristalloberflächen. Mit der Zeit oxidiert es jedoch, färbt sich ockerbraun und wird matt.[9]

Nikischerit ist das Fe2+-Analogon von Shigait (Mn2+6Al3[(OH)18|(SO4)2]·12H2O[4]).[10]

Etymologie und Geschichte

Bräunliches, kugeliges Nikischerit-Aggregat aus der Huanuni Mine (Größe: 0,6 cm × 0,6 cm × 0,5 cm)

Erstmals entdeckt wurde Nikischerit in Mineralproben aus der Grube Huanuni bei Huanuni im bolivianischen Departamento Oruro. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte durch Danielle Huminicki, Frank C. Hawthorne, Joel D. Grice und John Leslie Jambor, die das Mineral nach dessen Entdecker, dem Mineralogen und Mineralhändler Anthony J. Nikischer (* 1949), benannten.

Das Mineralogenteam sandte seine Untersuchungsergebnisse und den gewählten Namen 2001 zur Prüfung an die International Mineralogical Association (interne Eingangs-Nr. der IMA: 2001-039[3]), die den Nikischerit als eigenständige Mineralart anerkannte. Die Publikation der Erstbeschreibung erschien 2003 im Fachmagazin Mineralogical Record.

Das Typmaterial des Minerals wird im Canadian Museum of Nature in Ottawa aufbewahrt.[8]

Klassifikation

Da der Nikischerit erst 2001 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet. Einzig im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VI/D.14-22. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Sulfate, Chromate, Molybdate und Wolframate“ und dort der Abteilung „Wasserhaltige Sulfate, mit fremden Anionen“, wo Nikischerit zusammen mit Lannonit, Metavoltin, Motukoreait, Natroglaukokerinit, Shigait, Slavíkit und Wermlandit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet (Stand 2018).[4]

Die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Nikischerit ebenfalls in die Abteilung der „Sulfate (Selenate usw.) mit zusätzlichen Anionen, mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „mit mittelgroßen Kationen; Lagen von kantenverknüpften Oktaedern“ zu finden ist, wo es zusammen mit Carrboydit, Glaukokerinit, Honessit, Hydrohonessit, Hydrowoodwardit, Motukoreait, Mountkeithit, Natroglaukokerinit, Shigait, Wermlandit, Woodwardit, Zinkaluminit (Q), Zincowoodwardit die „Woodwarditgruppe“ mit der System-Nr. 7.DD.35 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Nikischerit in die Klasse der „Sulfate, Chromate und Molybdate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltige Sulfate mit Hydroxyl oder Halogen“ ein. Hier ist er nur zusammen mit Shigait in der unbenannten Gruppe 31.01.02 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Sulfate mit Hydroxyl oder Halogen und (A+B2+)m(XO4)pZq × x(H2O), mit m : p > 6 : 1“ zu finden.

Kristallstruktur

Nikischerit kristallisiert trigonal in der Raumgruppe R3 (Raumgruppen-Nr. 148)Vorlage:Raumgruppe/148 mit den Gitterparametern a = 9,347 Å und c = 33,000 Å sowie drei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[6]

Bildung und Fundorte

Nikischerit bildet sich zusammen mit Vivianit durch hydrothermale Vorgänge bei relativ niedrigen Temperaturen[9] sowie als Sekundärmineral in der Oxidationszone sulfidischer Lagerstätten.[5] Als weitere Begleitminerale können Pyrit, Pyrrhotin, Siderit und Cronstedtit auftreten.

Der bisher einzige bekannte Fundort ist seine Typlokalität Huanuni Mine in Bolivien.[12]

Siehe auch

Literatur

  • Danielle Huminicki, Frank C. Hawthorne, Joel D. Grice, John Leslie Jambor: Nikischerite, a new mineral from the Huanuni tin mine, Dalence Province, Oruro Department, Bolivia. In: Mineralogical Record. Band 34, Nr. 2, März 2003, S. 155–158 (englisch, rruff.info [PDF; 677 kB; abgerufen am 6. September 2022]).
  • Danielle M. C. Huminicki, Frank C. Hawthorne: The crystal structure of nikischerite, NaFe2+6Al3(SO4)2(OH)18(H2O)12, a mineral of the shigaite group. In: The Canadian Mineralogist. Band 41, 2003, S. 79–82 (englisch, rruff.info [PDF; 163 kB; abgerufen am 6. September 2022]).
  • Peter Tarassoff: Who's who in mineral names: Anthony J. Nikischer (* 1949). In: Rocks and Minerals. Band 79, Nr. 3, 2004, S. 190–191 (englisch, proquest.com [PDF; 626 kB; abgerufen am 6. September 2022]).
Commons: Nikischerite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 7. September 2022]).
  3. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2022. (PDF; 3,5 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2022, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. August 2022; abgerufen am 6. September 2022 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/cnmnc.main.jp
  4. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. David Barthelmy: Nikischerite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 6. September 2022 (englisch).
  6. Danielle M. C. Huminicki, Frank C. Hawthorne: The crystal structure of nikischerite, NaFe2+6Al3(SO4)2(OH)18(H2O)12, a mineral of the shigaite group. In: The Canadian Mineralogist. Band 41, 2003, S. 79–82 (englisch, rruff.info [PDF; 163 kB; abgerufen am 6. September 2022]).
  7. Nikischerite (Mineraldatenblatt). (PDF 18 kB) Mineralogical Association of Canada, abgerufen am 6. September 2022 (englisch).
  8. John Leslie Jambor, Andrew C. Roberts: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 88, 2003, S. 1836–1840 (englisch, rruff.info [PDF; 332 kB; abgerufen am 6. September 2022]).
  9. Nikischerite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 6. September 2022 (englisch).
  10. S. J. Mills, A. G. Christy, J.-M. R. Génin, T. Kameda, F. Colombo: Nomenclature of the hydrotalcite supergroup: Natural layered double hydroxides. In: Mineralogical Magazine. Band 76, Nr. 5, Oktober 2012, S. 1289–1336, doi:10.1180/minmag.2012.076.5.10 (englisch, rruff.info [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 6. September 2022]).
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 7. September 2022 (englisch).
  12. Fundortliste für Nikischerit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 6. September 2022.
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