Nicole Niquille

Nicole Niquille (* 13. Mai 1956 in Freiburg im Üechtland) ist eine ehemalige Schweizer Bergführerin und die erste Frau, die in der Schweiz das Bergführerdiplom erhalten hat. Seit einem Unfall lebt sie im Rollstuhl, ist Autorin und unterstützt ein Spitalprojekt in Nepal.

Nicole Niquille (2011)

Leben

Nicole Niquille wuchs im freiburgischen Voralpengebiet von Charmey auf. Sie schloss ihr Studium als Sekundarlehrerin ab. 1975 hatte sie einen schweren Motorradunfall, bei dem sie sich den linken Unterschenkel zertrümmerte. Nach zahlreichen Operationen rieten ihr die Ärzte, Sport zu treiben, damit sich der Streckmuskel des Schienbeins reaktiviert. Im selben Jahr begleitete sie ihre Zwillingsschwester zum Klettern in den Gastlosen und lernte Erhard Loretan kennen. Gemeinsam mit dem Ausnahmealpinisten unternahm sie anspruchsvolle Touren in den Alpen und im Himalaya, u. a. 1985 mit Erhard Loretan, Jean Troillet, Marcel Rüedi, Pierre Morand, Jacques Grandjean und Norbert Joos zum K2, wo sie über 8000 m erreichte,[1] und 1986 mit Erhard Loretan, Jean Troillet und Pierre Béghin zum Mount Everest von der tibetischen Seite.[2]

1984 schrieb sich die Bergsteigerin für den Aspirantenkurs des Schweizer Bergführerverbands ein. Um in den Kurs reinzukommen, meldete sie sich als Mann an, da die Bergführerausbildung den Frauen bis anhin verwehrt war. 1986 bestand sie die Prüfung und erhielt als erste Frau das Diplom als Bergführerin in der Schweiz.[3] In den folgenden acht Jahren arbeitet sie als Bergführerin, Kletterlehrerin und Reiseleiterin.[4] Der Dokumentarfilm Gesichter der Schweiz von 1991 zeigt sie als Bergführerin beim Aufstieg aufs Zinalrothorn mit einem Kunden. Im Mai 1994 wurde sie beim Sammeln von Pilzen von einem Stein getroffen, erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma mit Schädigung des Mobilitätszentrums. Nach 20 Monaten Rehabilitation machte sie die Fachprüfung als Wirtin und führte 14 Jahre lang ein Restaurant am Lac de Taney in den Walliser Alpen.

Im Restaurant arbeitete ein Sherpa, der Bruder von Pasang Lhamu, der ersten nepalischen Frau, die den Everest bestiegen hatte und im Abstieg ums Leben gekommen war. Mit ihrem zweiten Mann Marco Vuadens unterstützt Nicole Niquille die Stiftung zu Ehren von Pasang Lhamu, die 2005 in Lukla am Fuss des Everest das «Hôpital Pasang Lhamu & Nicole Niquille» eröffnete.[5]

Für ihr Projekt bereist Nicole Niquille mehrmals im Jahr Nepal, ist daneben wieder in ihrem ursprünglichen Beruf als Lehrerin tätig. Sie ist Ehrenmitglied des Schweizer Begführerverbandes.[6]

Im Sommer 2022 bestieg Niquille mithilfe von 16 Frauen das Breithorn. Sie sass dabei in einem speziell dafür angefertigten Schlitten, der von 16 Bergsteigerinnen auf den 4164 Meter hohen Gipfel gezogen wurde.[7]

Werke (Auswahl)

  • Et soudain, une montagne dans le ciel ... Editions Favre SA, Lausanne 2009, ISBN 978-2-8289-1087-7

Literatur

  • Jean-François Robert (éd.): Un hôpital dans la vallée des Sherpas. Editions Nature Evasion, La Chaux-de-Fonds 2010

Einzelnachweise

  1. Jean Amman, Erhard Loretan: Erhard Loretan. Den Bergen verfallen. Paulusverlag, Freiburg 1996, ISBN 3-7228-0396-9, S. 80.
  2. Jean Ammann, Erhard Loretan: Erhard Loretan. Den Bergen verfallen. Paulusverlag, Freiburg 1996, ISBN 3-7228-0396-9, S. 108.
  3. Daniela Schwegler: Himmelwärts. Bergführerinnen im Porträt. Rotpunktverlag, Zürich 2019, S. 14.
  4. Nicole Niquille, Aimé Corbaz: Und plötzlich... am Himmel ein Berg. AS Verlag, Zürich 2013, ISBN 978-3-906055-10-7, S. 78.
  5. «Ich glaube, das Rezept zum Glück ist simpel». Interview mit Nicole Niquille, Neue Zürcher Zeitung, 23. Dezember 2011
  6. Caroline Fink, Karin Steinbach Tarnutzer: Erste am Seil. Pionierinnen in Fels und Eis. Tyrolia Verlag, Innsbruck-Wien 2013.
  7. Bergführerin Nicole Niquille: Von 16 Frauen aufs Breithorn gezogen. In: Neue Zürcher Zeitung. (nzz.ch [abgerufen am 3. September 2022]).
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