Niède Guidon

Niède Guidon (* 12. März 1933, in Jaú, Brasilien) ist eine brasilianische Archäologin. Sie steht im Mittelpunkt einer wissenschaftlichen Kontroverse um den Zeitpunkt der Besiedlung Amerikas.

Niede Guidon

Lebenslauf

Guidon begann ihre akademische Karriere mit dem Studium der Biologie und der Naturwissenschaften an der Universität von São Paulo. Später studierte sie in Frankreich Ur- und Frühgeschichte. Während sie 1963 in einem Museum in São Paulo arbeitete wurden ihr Fotografien von Felsmalereien aus São Raimundo Nonato in der Provinz Piauí vorgelegt. Sie stellten Jagd-, Sex- und Gewaltszenen dar, der Stil der Malereien unterschied sich deutlich von anderen, Guidon bekannten Felsmalereien. Nachdem sie sich während der Zeit der Militärdiktatur im französischen Exil aufgehalten hatte, kehrte sie nach Brasilien zurück. Sie besuchte in den 1970ern São Raimundo Nonato und begann dort die Felsmalereien im heutigen Brasilianischen Nationalpark Serra da Capivara zu erforschen. Die Serra da Capivara gilt heute als die größte Fundstelle von prähistorischen Siedlungen und Felsmalereien in Südamerika. Guidon ist dort die leitende Archäologin, hat aber 2018 mit 85 Jahren angekündigt, nach Frankreich umzuziehen.[1] Bis heute wurden in der Serra mehr als 400 Siedlungsplätze und über 30.000 Felszeichnungen entdeckt.

Zur Datierung der Felsmalereien griff sie unter anderem auf die Altersbestimmung von nahegelegenen Feuerstellen und deren Holzkohleresten zurück.

Boqueirão da Pedra Furada

Durch Altersbestimmung der Kohlereste einer Feuerstelle an der Felswand Boqueirão da Pedra Furada im Nationalpark Serra da Capivara kam sie zu dem Ergebnis, dass dieses Gebiet bereits vor etwa 30.000 Jahren besiedelt gewesen sein müsse.[2] Dies widersprach der nach der Clovis-Kultur benannten Clovis-Theorie, der zufolge die Besiedlung Amerikas über die Beringstraße erst vor etwa 12.000 Jahren durch Menschen der mongoliden „Großrasse“ erfolgt sein soll. Vertreter der Clovis-Theorie wenden ein, dass das von Guidon untersuchte Feuer auch natürlichen Ursprungs gewesen sein könnte.[3] Außerdem wird mittlerweile die Clovis-Theorie auch durch jüngere Funde infrage gestellt, etwa durch Funde im chilenischen Monte Verde und eine im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca bei Santo Tomás Jalieza entdeckte Fußspur in versteinerter Vulkanasche, die zwischen 25.000 und 30.000 Jahren alt sein soll.[4]

Auszeichnungen

2005 wurde Niède Guidon mit dem Prinz-Claus-Preis geehrt.

Seit Februar 2020 ist Guidon sechste Inhaberin des Stuhles 24 der Academia Piauiense de Letras.[5]

Commons: Niède Guidon – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Lilo Berg: Auf den spuren der ersten Amerikaner. 7. Juni 2018, abgerufen am 30. Juni 2018.
  2. Niède Guidon, Georgette Delibrias: Carbon-14 dates point to man in the Americas 32.000 years ago. In: Nature. Bd. 321, Nr. 6072, 1986, S. 769–771, doi:10.1038/321769a0.
  3. John Noble Wilford: Findings Plunge Archaeology of the Americas Into Turmoil Estimates of first Asian migration are 33,000 years apart. (Memento vom 26. Mai 2008 im Internet Archive) In: New York Times, vom 30. Mai 1989, (Englisch, zur Auseinandersetzung unter den Archäologen).
  4. Paul Bahn: Dating the first American: When did people first enter the New World? Clues from distinctive rock art may push the date back by thousands of years. In: New Scientist. Heft 1778, vom 20. Juli 1991, S. 26.
  5. Niède Guidon. In: org.br. Academia Piauiense de Letras, 2021, abgerufen am 13. Februar 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
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