Neobank

Neobanken sind Kreditinstitute, die Bankgeschäfte über eine Mobile App im Zusammenhang mit dem Einsatz einer Zahlungskarte abwickeln.

Allgemeines

Eine Neobank (altgriechisch νέος néos, „neu, neuartig“) ist eine Unterart der Direktbank, die ausschließlich im Online Banking ohne Bankfilialen agiert.[1] Wegen der ausschließlichen Online-Verfügbarkeit ohne jeglichen persönlichen Kontakt zum Bankkunden gehören Neobanken zum Online-Banking. Da sie durch vollständige Digitalisierung ihrer Dienstleistungen[2] Finanzinnovationen nutzen, gehören sie zum Sektor der Finanztechnologie (FinTech). Von Direktbanken unterscheiden sie sich durch die vom Bankkunden einzusetzende Zahlungskarte (Prepaid-, Debit- oder Kreditkarte), die der Autorisierung des Bankkunden und der Verknüpfung mit dem Issuer der Karten dient.

In Deutschland entstand als erste Neobank im Januar 2015 die N26, es folgte im März 2016 die Solarisbank. Seit 2019 hält der Begriff Neobank als Anglizismus zunehmend Einzug in deutsche Medien wie beim Handelsblatt.[3]

Bankgeschäfte

Als typische Bankgeschäfte können über Neobanken der bargeldlose Zahlungsverkehr über ein Girokonto, Einlagengeschäft, Kreditgeschäft oder Wertpapiergeschäft abgewickelt werden, sofern eine gesetzlich vorgeschriebene Anlageberatung nicht erforderlich ist. Die Neobanken bieten ihren Kunden neben dem Kontoservice als Issuer im Regelfall eine Debitkarte von Mastercard oder Visa an, die auch in die Wallets von Apple und Google integrierbar sind.[4] Dadurch gehören die Neobanken zu den wichtigsten Partnern für die Markteinführung (englisch Rollout) von Apple Pay und Google Pay und unterstützen dabei die Bestrebungen internationaler Kartenorganisationen, ebenfalls in das meist national beherrschte Kartengeschäft Europas vorzudringen.

Da Neobanken in Deutschland einem Bankenverband angehören müssen, unterliegen Bankguthaben der gesetzlichen Einlagensicherung.

Vergleich

Traditionelle Banken und Neobanken lassen sich wie folgt vergleichen:[5]

Bankgeschäft / Merkmale klassische Banken Neobanken
Vertrieb von BankproduktenBankschalter, Online Bankingnur Online durch Mobile Apps
Unternehmensgründung1472[6]2009
Kundendienstlangfristige Kundenbindung
Kontakt persönlich, telefonisch, schriftlich oder online
kurzfristige Bankgeschäfte, virtuell
Kontakt über mobile App, ausnahmsweise Telefon
Bankgebührengeringe Markttransparenz durch hohe Preisdifferenzierungeinfach und überschaubar
BanklizenzVollbank-Lizenz oder Teil-LizenzTeil-Lizenz[7]
Filialbankenja, auch Einzelbank möglichnein

Kontakte zwischen Neobanken und ihren Bankkunden finden überwiegend durch Handy, Smartphone, Tabletcomputer oder Personal Computer statt, seltener durch Telefon.

Rechtsfragen

Wird auch nur eines der in § 1 Abs. 1 KWG abschließend aufgezählten Bankgeschäfte gewerbsmäßig betrieben, bedarf dies der schriftlichen Erlaubnis (Banklizenz) durch die Bankenaufsicht Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nach § 32 KWG. Deshalb sind bei Neobanken insbesondere die Annahme von Bankguthaben jeder Art (Passivgeschäft), die Gewährung von Krediten jeder Art (Aktivgeschäft) oder der bargeldlose Zahlungsverkehr (Zahlungsdienste nach § 10 Abs. 1 ZAG) erlaubnispflichtig.

Ist die Banklizenz erteilt, werden auch Neobanken wie alle Kreditinstitute im Rahmen der Bankenaufsicht durch die BaFin laufend überwacht. Diese Überwachung hat einige Mängel aufgedeckt. Im Mai 2019 hatte die BaFin bei der Berliner N26 – dem Marktführer unter den deutschen Neobanken – erhebliche Mängel im Risikomanagement (in den Bereichen Informationstechnologie und Auslagerungsmanagement) festgestellt. Diese seien im starken Wachstum von N26 begründet, weshalb eine Begrenzung erfolgte. Konkret darf die Bank nur noch maximal 50.000 Neukunden pro Monat hinzugewinnen. Zudem darf das Kreditvolumen an Immobilienkrediten maximal 500 Millionen Euro betragen. Diese Begrenzungen schließen alle Länder ein, in denen die N26 tätig ist.[8]

Bei der Berliner Neobank Solarisbank wurden während einer Sonderprüfung durch die BaFin im Dezember 2020 teilweise schwerwiegende Mängel festgestellt. Diese betrafen die Organisation und das Outsourcing von Bankaktivitäten.[9] Deshalb musste die Neobank ihre Eigenmittel erhöhen.

International

Neobanken und Online-Banken unterscheiden sich international im Hinblick auf den Rechtsstatus und im Regelfall auch hinsichtlich ihrer Aktionäre.[10] In Deutschland sind nach § 2a KWG alle Rechtsformen mit Ausnahme des Einzelunternehmens zugelassen.

Die wohl erste Neobank weltweit ist die 2009 in den USA gegründete „Simple“.[11] Ihr folgte 2011 „Moven“ mit eigener Banklizenz, die jedoch 2020 wieder schloss.[12] Im Jahre 2012 entstand Chime in San Francisco mit heute zwei Millionen Kunden.[13] Im englischen Sprachraum findet sich oft auch der Begriff der „challenger bank“.[14]

Erst im September 2014 erhielt die niederländische „Bunq“ eine Banklizenz, nachdem sie bereits im März 2012 gegründet worden war. „Nickel “ (eine Tochtergesellschaft von BNP Paribas) ist die erste, im April 2017 gegründete Neobank in Frankreich.[15]

Wirtschaftliche Aspekte

Günstige Kostenstrukturen, einfacher Netzzugang und fortschrittliches Serviceangebot ermöglichen den Neobanken die Entwicklung eines neuen Standards im Retail Banking.[16] Da keine Beratung erfolgt und überwiegend digitale Daten bearbeitet werden müssen, sind die Personalkosten wesentlich geringer als bei klassischen Kreditinstituten. Das wirkt sich auf die Preispolitik der Neobanken aus, die eine einfache Gebührenstaffelung aufweisen und deren Bankgebühren niedriger sind als bei der klassischen Konkurrenz,[17] deren Preisdifferenzierungen zu geringer Markttransparenz beitragen.

Neobanken (Auswahl)

Neobanken in Deutschland
Neobanken in der Schweiz

In der Schweiz sind neben Revolut (ohne Einlagensicherung)[18] und N26 auch Schweizer Anbieter am Markt vertreten:

  • Coop Finance+ (Produkt von Coop in Zusammenarbeit mit der Hypothekarbank Lenzburg; mit bedingter Einlagensicherung)
  • CSX (Produkt der Credit Suisse; mit bedingter Einlagensicherung)
  • Neon (Produkt u. a. von TX Group in Zusammenarbeit mit der Hypothekarbank Lenzburg; mit bedingter Einlagensicherung)
  • Yapeal (mit Beteiligung von Abacus; ohne Einlagensicherung)
  • Yuh (Joint Venture von Swissquote und Postfinance; mit bedingter Einlagensicherung)
  • UBS key4 (Produkt der UBS; mit bedingter Einlagensicherung)
  • Zak (Produkt der Bank Cler; mit bedingter Einlagensicherung)
Neobanken in anderen Staaten

Einzelnachweise

  1. Sherrell Dorsey, Upper Hand: The Future of Work for the Rest of Us, 2022, S. 115 f.
  2. Maurizio Pompella/Roman Matousek, The Palgrave Handbook of FinTech and Blockchain, 2021, S. 96
  3. Astrid Dörner: Neobanken im Aufwind: Frisches Geld für Chime, Nubank plant Börsengang. 16. August 2021, abgerufen am 16. August 2021.
  4. Marcus W. Mosen, Dynamik und Perspektiven im Digital Payment Ecosystem, in: Dieter Knörrer/Dietmar Schmidt/Jürgen Moormann/Marcus W. Mosen (Hrsg.), Digitale Ökosysteme, 2021, S. 422
  5. Maurizio Pompella/Roman Matousek, The Palgrave Handbook of FinTech and Blockchain, 2021, S. 99
  6. älteste noch existierende Bank: Banca Monte dei Paschi di Siena
  7. N26 besitzt seit Juli 2016 ausnahmsweise eine Vollbank-Lizenz
  8. Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen vom 9. November 2021, Kreditwesen-Meldungen: BaFin nimmt Neobank N26 an die kurze Leine
  9. Handelsblatt vom 8. März 2022, Bafin ordnet der Solarisbank zusätzliches Eigenkapital an, abgerufen am 20. August 2022
  10. Amira Sghari/Karim Mezghani, Influence of FinTech on Management Transformation, 2021, S. 201
  11. Scarlett Sieber/Sophie Guibaud, Embedded Finance, 2022, S. 28 f.
  12. Lucian Morris/Tim Walker, The Handbook of Banking Technology, 2021, S. 44
  13. Maurizio Pompella/Roman Matousek, The Palgrave Handbook of FinTech and Blockchain, 2021, S. 98
  14. CB Insights: The Challenger Bank Playbook 3. Juni 2021. 3. Juni 2021, abgerufen am 16. August 2021 (englisch).
  15. Amira Sghari/Karim Mezghani, Influence of FinTech on Management Transformation, 2021, S. 204
  16. Marcus W. Mosen, Dynamik und Perspektiven im Digital Payment Ecosystem, in: Dieter Knörrer/Dietmar Schmidt/Jürgen Moormann/Marcus W. Mosen (Hrsg.), Digitale Ökosysteme, 2021, S. 422
  17. The unstoppable rise of neobanks. Januar 2016, abgerufen am 3. August 2021 (amerikanisches Englisch).
  18. Charlotte Jacquemart: Aufgepasst - Bei Online-Banken greift die Einlagensicherung nicht immer. In: srf.ch. 21. Dezember 2022, abgerufen am 22. Dezember 2022.
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