Namul

Namul (koreanisch 나물) sind traditionelle alltägliche Beilagen (Banchan) in der koreanischen Küche, die aus essbaren Kräutern, Gräsern oder Blättern bestehen. Auch Gemüse wird heute teilweise dazugezählt.

ein viereckiger Teller mit elf verschiedenen Häufchen aus angebratenem Blattgemüse und einer rosa Blüte als Dekoration
Verschiedene Sorten Namul
mehrere Teller und Schüsseln mit verschiedenen Speisen
Typisches Arrangement mit Namul
Koreanische Schreibweise
Koreanisches Alphabet: 나물
Revidierte Romanisierung:namul
McCune-Reischauer:namul

Namensbedeutung

Das Wort „Namul“ hat im Koreanischen zwei Bedeutungen. In dem vom Nationalen Institut für Koreanische Sprache (국립국어원) in Seoul herausgegebenen Wörterbuch der koreanischen Sprache (표준국어대사전) wird „Namul“ als allgemeiner Begriff für Kräuter oder Blätter definiert, die von Menschen verzehrt werden können.[1] Wie das Open Dictionary des gleichen Instituts ergänzend erklärt, ist „Namul“ auch ein Nahrungsmittel, das durch Würzen roher, gekochter oder gebratener essbarer Kräuter oder Blätter hergestellt wird.[2]

Heutzutage geht die Definition von „Namul“ jedoch im Allgemeinen über Kräuter und Blätter hinaus. So gelten zum Beispiel auch Kartoffeln und Gemüsesorten, sofern sie in Streifen geschnitten und in der Pfanne gegart oder gedämpft wurden, ebenfalls als Namul.[3]

Geschichte

Der Beginn der Nutzung von Namul in Korea kann nicht exakt datiert werden. Der Verzehr von Artemisia und Knoblauch wird bereits in Il-yeons Samguk Yusa (1281) geschildert.

Essbare Blätter und Kräuter wurden in Korea ursprünglich genutzt, um den Hunger zu stillen, vor allem im Frühling, wenn die Vorräte an Kimchi und getrocknetem Gemüse zur Neige gingen und die nächste Ernte frühestens gegen Ende des Frühjahrs zu erwarten war. Im Sommer und Herbst wurden sie auch als Wintervorrat getrocknet. 1818 schrieb Jeong Yakyong in Mokminsimseo, dass Namul in Jahren mit schlechtem Ernteertrag als Ersatznahrungsmittel dienten. In der Enzyklopädie Imwongyeongjeji von 1835 sowie in einer Studie von 1983 über die Provinz Gangwon-do werden jeweils über hundert Sorten junger Blätter und Stängel wild wachsender Pflanzen beschrieben, die als Lebensmittel gegen Hunger genutzt wurden.[4]

Namul in der koreanischen Küche

Eine koreanische Mahlzeit besteht typischerweise aus Reis, Suppe, Kimchi, Namul und weiteren Beilagen (Banchan).[4]

Die Namul-Beilagen zu den Gerichten variieren in Korea je nach Landstrich, Jahreszeit und ob Menschen in der Stadt leben oder auf dem Dorf ihr Zuhause haben. Für die Feststellung, welche Kräuter und Blätter essbar sind oder nicht, ist ein profundes Wissen erforderlich. Die meisten als Namul verwendeten Pflanzen werden im Frühjahr gepflückt oder geschnitten, da viele von ihnen nur als zarte Triebe genießbar sind; einige von ihnen sind gar ungenießbar bis giftig.[3]

Wild in den Bergen oder Feldern wachsende Pflanzen, die für den Verzehr in Frage kommen, werden als San-Namul (산나물) bezeichnet, wobei „San“ für Berg steht. Von ihnen gibt es rund 300 verschiedene Arten in Südkorea,[5] beispielsweise Wald-Geißbart, Solidago virgaurea subsp. asiatica und Scharfzähniger Strahlengriffel, dessen Schösslinge als Namul zubereitet werden.[6] Anfang der 1970er ließen sich am Hangang innerhalb einer Stunde 35 verschiedene Arten essbarer Wildpflanzen sammeln.[7] San-Namul werden oft zur Aufbewahrung getrocknet und vor dem Kochen rehydriert.[8]

Zur Zubereitung von Namul werden Blätter (beispielsweise von Hirtentäschel oder Perilla), Stiele (beispielsweise von Adlerfarn, Süßkartoffeln oder Knoblauch), Wurzeln (beispielsweise von Ballonblume oder Codonopsis lanceolata, aber auch ganze junge Rettiche) und Sprossen (beispielsweise Mungbohnensprossen oder die Schösslinge von Bambus und Fatsia), aber auch Seetang (beispielsweise Hijiki oder Parae), Pilze (beispielsweise Enoki, Shiitake oder Austern-Seitling) und Früchte wie Aubergine und Gurke genutzt.[4] Blüten und Blütenknospen wie Blumenkohl und Brokkoli werden traditionell weniger für Namul verwendet. Von in Korea einheimischen Pflanzen wie Aralia elata, Oenanthe javanica, Allium monanthum, Petasites japonicus und Cryptotaenia japonica werden vor allem junge Schösslinge und junge Blätter genutzt. Weitere Gemüse, die üblicherweise für Namul verwendet werden, sind Schnittknoblauch, koreanische Zucchini (eine Kulturvarietät des Moschus-Kürbisses), Mangold, Artemisia princeps, Spinat, Ligularia fischeri, Glebionis coronaria, Ixeris sonchifolia, Brauner Senf und getrocknetes Rettichgrün, aber auch Lotos- und Klettenwurzeln.[8]

Je nach Zubereitungsart lassen sich Namul unterteilen in saengchae (rohes gewürztes Gemüse) und sukchae (gekochtes oder gebratenes gewürztes Gemüse). Letzteres kann auch aus jinchae (getrocknetem Gemüse) hergestellt werden, das in Wasser eingeweicht und anschließend gekocht und gebraten oder nur gebraten wird. Die grundlegenden Gewürze für Namul sind Doenjang (Sojabohnenpaste), Gochujang (Chilipaste) und Ganjang (Sojasauce). Dazu können Chilipulver, Sesam, Zucker, Frühlingszwiebeln, Knoblauch, Ingwer, Essig, Perillaöl und Sesamöl kommen.[4] Für Sigeumchi-Namul beispielsweise wird Spinat üblicherweise sehr kurz blanchiert und mit Sojasauce, fein gehackten Frühlingszwiebeln und Knoblauch sowie Sesamöl und gemahlenen Sesamsamen gewürzt.[9] Portulak wird als rohes Namul mit Gochujang und Essigsauce gewürzt.[8]

Traditionen und kulturelle Bedeutung

Namul sind regulärer Bestandteil der meisten Mahlzeiten in Korea, aber auch unentbehrlich an wichtigen Feiertagen und zu konfuzianischen und buddhistischen Zeremonien. Dazu werden weiße, grüne und dunkelbraune Namul ästhetisch ansprechend zusammen auf einem Teller serviert; die weißen bestehen aus Mungbohnensprossen, gewürzten Ballonblumen und gewürztem Rettich, die grünen aus gewürztem Spinat und gewürzter Wasserpetersilie und die braunen normalerweise aus gewürztem Farnkraut oder gewürzter Aubergine.[4]

Am 15. Tag im Mondkalender wird traditionellerweise Fünf-Korn-Reis mit Namul gegessen, die im Vorjahr getrocknet und zur Zubereitung eingeweicht und anschließend gekocht werden. Dabei werden üblicherweise bis zu neun Sorten Namul verwendet, darunter getrocknete Scheiben von jungen Kürbissen, Aubergine, Pilze, Farnkraut, Ballonblumen, Gurke, getrocknetes Rettichgrün, gewürzte Aster und Tarostiele.[10] Diese werden als „Vollmond-Namul“ (koreanisch boreum namul) bezeichnet.[8]

Zu Geburtstagsfeiern, besonders für jüngere Kinder, werden Namul aus ungeschnittenem Gemüse serviert, dessen lange Form für ein langes Leben stehen soll.[4]

Namul symbolisieren Armut, aber auch ein friedliches Leben ohne Gier und eine glückliche Zeit mit der Familie[8] sowie Ehrlichkeit und Selbstversorgung im Sinne der konfuzianischen Moral. Ihnen wurden auch Lieder gewidmet, beispielsweise die Ballade namul-taryeong.[4]

Literatur

  • Jeong Jae-hoon: Namul – Zutat und Gericht zugleich. In: Korea Foundation (Hrsg.): Koreana – Koreanische Kultur und Kunst. Jahrgang 15, Nr. 1, 2020, S. 64–67.
  • Soon-Hee Kim, Dae Young Kwon und Donghwa Shin: Namul, the driving force behind health and high vegetable consumption in Korea. In: Journal of Ethnic Foods. Band 7, 2020, 15, doi:10.1186/s42779-019-0026-2 (englisch).
  • Young-Eun Lee: Namul, the Korean Vegetable Dish. In: Kun-Young Park, Dae Young Kwon, Ki Won Lee und Sunmin Park (Hrsg.): Korean Functional Foods: Composition, Processing and Health Benefits. CRC Press, Boca Raton 2018, S. 385–420 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Commons: Namul – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • 나물. In: Encyclopedia of Korean Culture. Academy of Korean Studies, abgerufen am 12. Juli 2021 (koreanisch).

Einzelnachweise

  1. 나물. In: 표준국어대사전. 국립국어원, abgerufen am 12. Juli 2021 (koreanisch).
  2. 나물. In: Open Dictionary. 국립국어원, abgerufen am 12. Juli 2021 (koreanisch).
  3. Jeong: Namul – Zutat und Gericht zugleich. 2020, S. 65.
  4. Soon-Hee Kim, Dae Young Kwon und Donghwa Shin: Namul, the driving force behind health and high vegetable consumption in Korea. In: Journal of Ethnic Foods. Band 7, 2020, 15, doi:10.1186/s42779-019-0026-2 (englisch).
  5. Jeong: Namul – Zutat und Gericht zugleich. 2020, S. 66.
  6. Jeong Eun Yang, Ji Hyeon Lee, Da Yoon Kim, Eunok Choe und Lana Chung: Sensory Properties and Drivers of Liking Sanchae namul (seasoned dish with wild edible greens). 산채나물의 관능적 특성에 근거한 소비자 기호도 유도 인자 분석. In: Korean journal of food and cookery science (한국식품조리과학회지). Band 30, Nr. 2, 2014, S. 200–211, doi:10.9724/kfcs.2014.30.2.200 (koreanisch, englisch).
  7. Sarah M. Nelson: The Subsistence Base of Middle Han Sites of the Chulmun Period. In: Asian Perspectives. Band 18, Nr. 1, 1975, S. 5–14, JSTOR:42927878 (englisch).
  8. Young-Eun Lee: Namul, the Korean Vegetable Dish. In: Kun-Young Park, Dae Young Kwon, Ki Won Lee und Sunmin Park (Hrsg.): Korean Functional Foods: Composition, Processing and Health Benefits. CRC Press, Boca Raton 2018, S. 385–420 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Jeong Eun Yang, Seo-Jin Chung, Hang-Ran Kim, Kwang-Ok Kim und Lana Chung: Cross-cultural Consumer Acceptance of Cooked Spinach (Sigeumchinamul) according to Blanching Time. 데치는 시간에 따른 시금치나물의 교차 문화적 소비자 기호도. In: Journal of the East Asian Society of Dietary Life (동아시아식생활학회지). Band 22, Nr. 2, 2012, S. 190, 192 (koreanisch, englisch, online).
  10. Soon Hee Kim, Myung Sunny Kim, Myoung Sook Lee, Yong Soon Park, Hae Jeong Lee, Soon-ah Kang, Hyun Sook Lee, Kyung-Eun Lee, Hye Jeong Yang, Min Jung Kim, Young-Eun Lee und Dae Young Kwon: Korean diet: Characteristics and historical background. In: Journal of Ethnic Foods. Band 3, 2016, S. 30, doi:10.1016/j.jef.2016.03.002 (englisch).
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