Naharija

Naharija (hebräisch נַהֲרִיָּה Naharijjah [naha'rija], arabisch نهاريا, DMG Nahārīyā; Alternativschreibweisen Nahariya, Nahariyya, Naharia) ist eine Stadt am Mittelmeer nördlich von Haifa im Nordbezirk Israels mit 56.881 Einwohnern (Stand 2018).[2]

Naharija
Wappen von Naharija
Naharija
Basisdaten
hebräisch:נהריה
arabisch:نهاريا
Staat: Israel Israel
Bezirk: Nord
Koordinaten: 33° 0′ N, 35° 6′ O
Höhe: 15 m
Fläche: 10,233 km²
 
Einwohner: 56.881 (Stand: 2018)[1]
Bevölkerungsdichte:5.559 Einwohner je km²
 
Gemeindecode: 9100
Zeitzone: UTC+2
Postleitzahl: 22001 – 22460
 
Gemeindeart: Stadt
Website:
Naharija (Israel)
Naharija (Israel)
Naharija

Geographie

Strand in Naharija, links unter der Brücke mündet der Fluss Ga'aton ins Mittelmeer

Die Innenstadt liegt am Fluss Ga'aton, der in der Stadt kanalisiert ist und von einer Allee gesäumt wird. Von touristischem Interesse sind in der Umgebung vor allem die nahe gelegenen Kreidefelsen von Rosch haNikra an der libanesischen Grenze und die Stadt Akkon einige Kilometer südlich.

Geschichte

Unweit von Naharija, auf dem Gelände des Kibbuz Evron, wurden im Evron-Steinbruch Belege für die Besiedelung der Region durch Homo erectus vor rund 780.000 Jahren entdeckt.

Mandatszeit

Im Altertum bestand an der Stelle Naharijas zwar schon einmal ein phönizischer Hafen, die heutige Stadt wurde aber erst 1934 von jüdischen Einwanderern aus Deutschland gegründet und war zunächst eine landwirtschaftliche Siedlung privat wirtschaftender Bauern (Moschawa). Im Jahr 1934 konnten jüdische Siedler Land aus arabischem Besitz zu kaufen, ein Gebiet von 2,4 km² nördlich von Akkon, nahe der Mündung des Nahal Mafeshoh, dessen Name später in Nahal Gaaton geändert wurde. Der geforderte Preis betrug 34.000 obligatorische Pfund. Eigentümer des Grundstücks war die in Beirut lebende Familie Tuini. Zu den Käufern und Gründern gehörten der Investor Joseph Loewy (1885–1949), der Agronom Selig Eugen Soskin (1873–1959) und Frau Paulina Wengerover-Zelkind, der Bankier Heinrich Cohn (1895–1976) und der Ingenieur Simon Reich (1883–1941). Zunächst ließen sich etwa 100 Familien, die zwischen 1933 und 1939 vor den anwachsenden Diskriminierungen und Verfolgungen in Nazi-Deutschland geflohen waren, in Naharija nieder. Es kamen viele Handwerker aus Mitteleuropa und Arbeiter aus Osteuropa dazu, sodass die Siedlung bis zum Kriegsbeginn 1939 etwa 1000 Einwohner zählte. Die Landwirtschaft reichte als Ernährungsgrundlage damit nicht mehr aus. Schon früh begannen einzelne Siedler, kleine Hotels einzurichten, um Erholungssuchende aufnehmen zu können. Aus kleinen Betrieben wurden im Lauf der Zeit Großunternehmen der Lebensmittelindustrie wie etwa die Molkerei Strauss oder die Fleischerei Soglowek. Der Handwerksbetrieb von Stef Wertheimer aus Kippenheim entwickelte sich zu Israels größtem Industrieunternehmen. Weltbekannt wurde auch „Naharija-Glas“ von Andreas Meyer (1921–2016) aus Rheda in Westfalen.

Naharija war in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens ein Zentrum deutschsprachiger Kultur in Israel. Die Bedeutung von deutschsprachigen Autorinnen und Autoren wie Erich Bloch (1897–1994) aus Konstanz, Jenny Cramer (1887–1975) aus Stuttgart oder Fritz Wolf (1908–2006) aus Heilbronn wurde jedoch erst in jüngster Zeit gewürdigt, nachdem alles Deutsche in Israel lange Zeit verpönt gewesen war. Das von Yisrael Shiloni (Hans Herbert Hammerstein, * 1901 in Berlin – † 1996) in Naharija gegründete Museum des Deutschsprachigen Judentums wird heute im nahe gelegenen Industriepark Tefen weitergeführt.[3]

Nach der Staatsgründung

Lange Zeit war der Ort die einzige jüdische Siedlung in der Küstenebene nördlich von Akko und lag isoliert. Deswegen war Naharija 1948 während des israelischen Unabhängigkeitskrieges von der Außenwelt abgeschnitten und konnte nur mit Booten über das Meer versorgt werden.

Am 22. April 1979 wurde Naharija Ziel eines Anschlags der Palästinensischen Befreiungsfront, dessen Anführer Samir Kuntar war.[4] Bei dem Anschlag kamen ein Familienvater und dessen beiden Töchter im Alter von zwei und vier Jahren ums Leben.[5] Im Verlauf des Überfalls töteten die Terroristen auch zwei Polizisten.[6] Am nächsten Tag soll Abu Abbas von Beirut aus erklärt haben, der Überfall in Naharija sei ausgeführt worden, um gegen die Unterzeichnung des ägyptisch-israelischen Friedensvertrages zu protestieren, der nach dem von US-Präsident Jimmy Carter vermittelten Gipfeltreffen zwischen Anwar as-Sadat und Menachem Begin in Camp David im März 1979 zustande gekommen war.

Im 21. Jahrhundert

Ein palästinensischer Selbstmordattentäter tötete am 9. September 2001 am Bahnhof Naharija drei Israelis und verletzte mindestens 46 zum Teil schwer.[7]

Während des Libanonkrieges 2006 wurde Naharija von der Hisbollah mit 808[8] Raketen beschossen. Im Januar 2009 wurde Naharija während des Gazakrieges erneut mit einigen Raketen beschossen. Die Hisbollah bestritt eine Verwicklung, militante autonome Palästinensergruppierungen im Libanon sollen verantwortlich gewesen sein.

Als ausgewiesener Naharija-Experte gilt der deutsche Historiker Klaus Kreppel, auf dessen Veröffentlichungen im Literaturverzeichnis hingewiesen wird.[9]

Infrastruktur

Bahnhof Naharija (2008)

Der Bahnhof Naharija ist der nördliche Endpunkt der zentralen israelischen Magistrale des Personenverkehrs, der Bahnstrecke Naharija–Be’er Sheva. Im Straßenverkehr liegt Naharija an der Haupt-Nationalstraße 4, einer Nord-Süd-Verbindung von Erez nach Rosch haNikra an der Grenze zum Libanon sowie an der Nationalstraße 89, einer Ost-West-Verbindung nach Elifelet.

Sport

Der Basketballverein Ironi Naharija wurde 2003 israelischer Vizemeister und nahm an der FIBA Europe League 2003/04 teil.

Partnerschaften

Städtepartnerschaften

Städtefreundschaft

Schulpartnerschaft

Söhne und Töchter der Stadt

Literatur

  • Klaus Kreppel: Wege nach Israel. Gespräche mit deutschsprachigen Einwanderern in Nahariya. Westfalen-Verlag, Bielefeld 1999, ISBN 3-88918-097-3.
  • Klaus Kreppel: Israels fleißige Jeckes. Zwölf Unternehmerportraits deutschsprachiger Juden in Nahariya. Westfalen-Verlag, Bielefeld 2002, ISBN 3-88918-101-5.
  • Klaus Kreppel: Nahariyya – das Dorf der „Jeckes“. Die Gründung der Mittelstandssiedlung für deutsche Einwanderer in Eretz Israel 1934/35. The Open Museum, Tefen 2005, ISBN 965-7301-01-7.
  • Klaus Kreppel: Nahariya’s Early Years 1934–1949 The historical introduction and the prefaces to the 15 categories were written by the historian Dr. Klaus Kreppel from Bielefeld. (rutkin.info).
  • Klaus Kreppel: Nahariyya und die deutsche Einwanderung nach Eretz Israel. Die Geschichte seiner Einwohner von 1935 bis 1941. The Open Museum, Tefen 2010, ISBN 978-965-7301-26-5.
  • Klaus Kreppel: Nahariyya Moshewet haYekkim. Sippur Dor HaMeyassdim 1935–1941. The Open Museum, Tefen 2011, ISBN 978-965-7301-32-6.
Commons: Nahariyya – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Belege

  1. אוכלוסייה ביישובים 2018. (XLSX; 130 kB) [Bevölkerung der Siedlungen 2018]. Israel Central Bureau of Statistics, 25. August 2019, abgerufen am 11. Mai 2020.
  2. אוכלוסייה ביישובים 2018. (XLSX; 130 kB) [Bevölkerung der Siedlungen 2018]. Israel Central Bureau of Statistics, 25. August 2019, abgerufen am 11. Mai 2020.
  3. Sophie Buchholz: Hans Herbert Hammerstein/Yisrael Shiloni. Eine pädagogische Biographie, Magisterarbeit, Berlin 2008.
  4. Who is Samir Kuntar? israelnationalnews.com, 9. November 2003, archiviert vom Original am 27. Dezember 2004; abgerufen am 16. Juli 2023 (englisch).
  5. Goel Beno: He Must Not Go Free. In: Jedi’ot Acharonot. 3. Juli 2003, archiviert vom Original am 12. September 2014; abgerufen am 16. Juli 2023 (englisch).
  6. Orly Halpern: The man Hezbollah wants. usnews.com, 8. Juni 2006, archiviert vom Original am 20. April 2012; abgerufen am 16. Juli 2023 (englisch).
  7. Vier Tote und 46 Verletzte bei Selbstmordanschlag in Israel In: Kölner Stadt-Anzeiger.de, 9. September 2001, abgerufen am 2. August 2018.
  8. Frédéric Encel, avec Alexandre Nicolas pour la cartographie: Atlas géopolitique d’Israel. 6. Auflage. Éditions Autrement (un département de Flammarion), Paris 2023, ISBN 978-2-08-041629-2, S. 25.
  9. Michael Neuberger: Nahariya: Haus für Haus. In: MB Yakinton. Tel Aviv Januar 2011. Jg. 79, Nr. 244, S. 13 f. Ebenfalls: Michael (Mucky) Neuberger: Nahariya: Haus für Haus. In: irgun-jeckes.org. Archiviert vom Original am 23. Januar 2015; abgerufen am 23. Januar 2015.
  10. Offenbach und seine Partnerstädte. (Memento vom 25. Februar 2020 im Internet Archive) Auf: offenbach.de, abgerufen am 29. April 2016.
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