Nadel-Blasssporrübling
Der Nadel-Blasssporrübling (Paragymnopus perforans[1], syn. Gymnopus perforans, Marasmiellus perforans, Micromphale perforans)[2][3] ist eine Pilzart aus der Familie der Omphalotaceae und die Typusart der Gattung Paragymnopus.[1] Er wird auch Nadel-Schwindling, Nadel-Zwergschwindling oder Nadel-Stinkschwindling genannt. Der kleine, unscheinbare, schwindlingartige Pilz, der häufig scharenweise in der Nadelstreu von Fichtenwäldern wächst, zeichnet sich in erster Linie durch seinen widerlichen, an faulenden Kohl erinnernden Geruch aus.
Nadel-Blasssporrübling | ||||||||||||
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Nadel-Blasssporrübling (Paragymnopus perforans) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Paragymnopus perforans | ||||||||||||
(Hoffm. : Fr.) J.S. Oliveira |
Merkmale
Makroskopische Merkmale
Der 0,5–1,5 cm breite, jung gewölbte, doch schon bald abgeflachte Hut ist in der Mitte leicht vertieft oder andeutungsweise genabelt. Die Hutoberfläche ist über die ganze Länge radial runzelig gefurcht. Trocken ist der Hut weißlich bis beigefarben, bei Feuchtigkeit fleischbräunlich.
Die am Stiel angewachsen bis schmal angehefteten Lamellen sind weißlich bis hellbeige und stehen sehr entfernt. Sie sind untermischt oder teilweise verkümmert, sodass sie nicht den Stiel erreichen, bisweilen können sie aber auch leicht daran herablaufen. Das inamyloide Sporenpulver ist weiß. Der 2–4 cm lange Stiel ist schwarzbräunlich, an der Spitze etwas heller und über die ganze Länge fein bereift oder flockig. Er ist 1–1,5 mm breit, stielrund, innen hohl, elastisch und von fast hornartiger Konsistenz. Meist sitzt der Stiel einer einzigen Fichtennadel auf.
Das Fleisch ist im Hut gelatinös, was man bei einem Längsschnitt durch den Hut mit der Lupe gut erkennen kann. Der Geruch ist unangenehm und erinnert an faulenden Kohl. Zudem hat er auch eine knoblauchartige Komponente. Der unangenehme Geruch kann beim Trocknen vollständig verschwinden. Der Geschmack ist mild.[4][5][6]
Mikroskopische Merkmale
Die elliptischen-tropfenförmigen Sporen sind 5–8 µm lang und 3–3,5 µm breit. Die Huthaut besteht aus liegenden, inkrustierten Hyphen mit koralloiden Auswüchsen (sog. Rameales-Struktur; die Eigenschaft, koralloide Auswüchse zu zeigen wird auch als divertikulat bezeichnet).[1] Die Hyphen sind in eine Schleimmatrix eingelagert[1] und die dicken Zellwände quellen hier gelatinös auf[1], sodass sie unter dem Mikroskop nicht scharf abgebildet werden.[4][6] Der Hutdeckschichttyp ist eine dünne Ixocutis.
Artabgrenzung
Der Nadel-Blasssporrübling ist vor allem durch seinen Standort gekennzeichnet. Der Rosshaar-Schwindling (Gymnopus androsaceus) kann leicht mit ihm verwechselt werden, da er das gleiche Substrat besiedeln kann. Er hat einen mehr fleischbräunlichen Hut und ist zudem geruchlos. Sein Stiel meist noch erheblich dünner, als der des Nadel-Blasssporrübling.
Der Halsband-Schwindling (Marasmius rotula) wächst an Laubholzästchen. Seine Lamellen sind zu einem Collar zusammengewachsen und erreichen so nicht den Stiel.[4]
Ökologie
Der Pilz lebt saprobiontisch in der Nadelstreu von Nadelwäldern. Er ist eine Charakterart der heimischen bodensauren Fichten-Weißtannen-Wälder und Fichten- und Kiefern-Moorwälder. Unter Fichten kann man den Pilz aber auch in anderen Waldgesellschaften finden. In erster Linie dienen Fichtennadeln als Substrat, der Pilz kann aber auch auf Tannennadeln und seltener auf Kiefernnadeln wachsen.
Die Fruchtkörper erscheinen von Juni bis November. Sie wachsen häufig gesellig bis rasig. Man kann den häufigen Pilz vom Hügel- bis ins höhere Bergland finden. Im Flachland ist er recht selten.[6]
Verbreitung
Der Nadel-Blasssporrübling ist eine holarktische Art, die in Nordasien (Kleinasien, Kaukasus, Japan), Nordamerika (USA) und Europa vorkommt.[8] In Europa reicht das Verbreitungsgebiet von der meridionalen bis borealen Klimazone, sodass der Pilz in nahezu ganz Europa verbreitet ist. Im Süden findet man ihn von Spanien, über Italien bis nach Rumänien. Im Norden kommt der Pilz in ganz Fennoskandinavien vor. In Norwegen reicht das Verbreitungsgebiet bis zum Polarkreis, in Finnland bis zum 70. Breitengrad. Der Pilz ist ebenso in Osteuropa verbreitet, wo man ihn in Estland, Lettland und der Ukraine findet. In Deutschland kommt der Nadel-Blasssporrübling von der dänischen Grenze bis weit in die Alpen hinein vor. In Nadelwaldgebieten ist die Art in Deutschland[12] und Österreich[13] sehr häufig.[12]
Systematik
Der Nadel-Schwindling wurde in der Vergangenheit mehreren Gattungen zugeordnet. So wurden Pilze mit schwindlingsartigen Fruchtkörpern, die einen Geruch nach fauligem Kohl oder fauligem Lauch aufweisen, in der Gattung Stink-Schwindlinge (Micromphale) platziert[4]. Die Gattung der Stink-Schwindlinge erwies sich aber als polyphyletisch und alle Mitglieder wurden unterschiedlichen Gattungen zugeordnet, sodass die Gattung der Stink-Schwindlinge obesolet wurde. Hierbei wurde der Nadel-Schwindling der Gattung der Blasssporrüblinge (Gymnopus) zugeordnet.[14] Es hat sich aber herausgestellt, dass auch die Gattung der Blasssporrüblinge polyphyletisch ist und in mehrere Gattungen zerteilt werden muss.[1] Aktuell wurde daher der Nadel-Schwindling aus der Gattung der Blasssporrüblinge wieder herausgenommen und in eine eigene Gattung Paragymnopus gestellt.[1] Als Typus der Gattung steht der Nadel-Schwindling in der Sektion Paragmynopus sect. Paragymnopus, nachdem mit Paragymnopus sect. Pinophili eine weitere Sektion dieser neuen Gattung definiert wurde.[1]
Die Gattung Paragymnopus ist trotz der makroskopischen Ähnlichkeit ihrer Vertreter mit Schwindlingen im engen Sinn (Gattung Marasmius) kein Teil der Schwindlingsverwandten (Marasmiaceae), sondern ist als Mitglied der Familie der Omphalotaceae näher mit den Ölbaumpilzen (Gattung Omphalotus) verwandt.[1]
Bedeutung
Der Nadel-Blasssporrübling ist kein Speisepilz. Er ist zu klein und dünnfleischig, als dass sich ein Sammeln lohnen würde, außerdem lädt der widerliche Geruch kaum zum Verzehr ein.[5]
Quellen
Einzelnachweise
- Jadson J. S. Oliveira, Ruby Vargas-Isla, Tiara S. Cabral, Doriane P. Rodrigues, Noemia K. Ishikawa: Progress on the phylogeny of the Omphalotaceae: Gymnopus s. str., Marasmiellus s. str., Paragymnopus gen. nov. and Pusillomyces gen. nov. In: Mycological Progress. Band 18, Nr. 5, Mai 2019, ISSN 1617-416X, S. 713–739, doi:10.1007/s11557-019-01483-5.
- Vladimír Antonín, Machiel E. Noordeloos: A monograph of marasmioid and collybioid fungi in Europe. IHW-Verlag, Eching, Germany 2010, ISBN 978-3-930167-72-2, S. 1–479.
- Synonyme von Gymnopus perforans. (Hoffm.) Antonín & Noordel., in Noordeloos & Antonín, Czech Mycol. 60(1): 25 (2008). In: SpeciesFungorum / speciesfungorum.org. Abgerufen am 19. März 2012.
- Ewald Gerhart (Hrsg.): Pilze Band 1: Lamellenpilze, Täublinge, Milchlinge und andere Gruppen mit Lamellen. Spektrum der Natur BLV. Intersivführer. Band 1. BLV Verlagsgesellschaft, München/ Wien/ Zürich 1984, ISBN 3-405-12927-3, S. 104.
- Hans E. Laux (Hrsg.): Der Kosmos PilzAtlas. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-440-10622-5, S. 76.
- German Josef Krieglsteiner (Hrsg.), Andreas Gminder: Die Großpilze Baden-Württembergs. Band 3: Ständerpilze. Blätterpilze I. Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3536-1, S. 334.
- Micromphale perforans. Pilzoek-Datenbank, abgerufen am 17. April 2012.
- Weltweite Verbreitung von Gymnopus perforans. In: GBIF Portal / data.gbif.org. Abgerufen am 19. März 2012.
- Cvetomir M. Denchev, Boris Assyov: CHECKLIST OF THE MACROMYCETES OF CENTRAL BALKAN MOUNTAIN (BULGARIA). In: Mycotaxon. Band 111, 2010, S. 279–282 (mycotaxon.com [PDF; 592 kB]).
- Svetozar Petkovski: Final Report: National Catalogue (Check List) of Species. (PDF; 1,6 MB) 2009, archiviert vom am 15. Februar 2010; abgerufen am 30. September 2019 (englisch).
- Grid map of Gymnopus perforans. In: NBN Gateway / data.nbn.org.uk. Archiviert vom am 24. Dezember 2012; abgerufen am 17. April 2012 (englisch).
- Pilz-Verbreitungsatlas - Deutschland. In: Pilzkartierung 2000 Online / brd.pilzkartierung.de. Abgerufen am 19. März 2012.
- Datenbank der Pilze Österreichs. In: austria.mykodata.net. Österreichischen Mykologischen Gesellschaft, abgerufen am 19. März 2012.
- Machiel E. Noordeloos, VladimírI Antonín: Contribution to a monograph of marasmioid and collybioid fungi in Europe. In: Czech Mycology. Band 60, Nr. 1, 2008, S. 21–27.