Nachtstück

Als Nachtstück bezeichnet man eine Darstellung, die eine nächtliche Szenerie bei natürlicher (Mond- oder Sternenschein) oder künstlicher Beleuchtung (Fackel, Feuer, Kerze, Lampe) zeigt.[1] Bei religiösen Darstellungen sind auch übernatürliche Lichtquellen möglich (göttliches Licht, das vom Jesuskind ausgeht u. a.).

Brüder Limbourg: Christus in Gethsemane aus den Très Riches Heures des Duc de Berry, 1411–16, Tempera auf Vellum, Musée Condé, Chantilly

In der Malerei

In der Malerei ist das Nachtstück (auch Nachtbild) eine Bildgattung und bezeichnet ein Gemälde oder ein graphisches Blatt, das seinen Gegenstand bei nächtlicher Beleuchtung im Innen- oder Freiraum zeigt. Dabei spielen das Helldunkel, die Dramatik bzw. das Geheimnisvolle und die verschiedenen Lichtquellen eine besondere Rolle.

Das Nachtstück wurde im 15. Jahrhundert in der europäischen Malerei entwickelt. Zunächst entstehen Werke aus thematischen Gründen wie die nächtliche Geburt Christi (z. B. von Geertgen tot Sint Jans) oder die Gefangennahme Christi bei Fackelschein.

Erst in der Barockzeit wird das Nachtstück eine eigene Bildgattung. Man malte es hauptsächlich wegen der interessanten Hell-Dunkel-Kontraste (Chiaroscuro) und der damit verbundenen Dramatik. Besonders beliebt waren Nachtstücke in der holländischen Malerei des 16. und 17. Jahrhunderts (z. B. Jan Brueghel, Rembrandt Harmensz van Rijn, Adam Elsheimer, Aert van der Neer).

Ähnlichkeiten und Überschneidungen gibt es außerdem zum Begriff des Tenebrismus. Die Malerei Caravaggios (nach seinem Frühwerk, also ab etwa 1600) und seiner als Caravaggisten bezeichneten Nachfolger im Frühbarock, mit ihrer Verbindung eines düsteren Tenebrismus mit einem krassen Naturalismus, stellt im Grunde eine Sonderform des Nachtstücks dar.

Eine Renaissance erlebte das Nachtstück in der Landschaftsmalerei der Romantik (z. B. Caspar David Friedrich) und bei Vincent van Gogh.[2]

Die beliebten Mondscheinmotive auf Ansichtskarten um die Wende zum 20. Jahrhundert entstammen wohl dem gleichen Bedürfnis nach geheimnisvollen und romantischen Lichtverhältnissen.

In der Literatur

Im Gebiet der Literatur ist der Begriff Nachtstück ebenfalls gebräuchlich. Hier wird er für Werke verwendet, die sich mit düsteren, unheimlichen Inhalten befassen, so z. B. für etliche Erzählungen von E. T. A. Hoffmann (siehe auch: Schwarze Romantik, Schauerliteratur, Horrorliteratur). Das Blankversgedicht A Night-Piece[3] von William Wordsworth beschreibt ein romantisches nächtliches Naturerlebnis.

In der Musik

Nocturne oder Notturno ist statt des deutschen Ausdrucks Nachtstück im Bereich der Musik gebräuchlicher, beispielsweise bei Frédéric Chopins 21 Klavierstücken.

Literatur

  • Renate Breustedt: Die Entstehung und Entwicklung des Nachtbildes in der abendländischen Malerei, Diss., o. V., Göttingen 1966
  • Mirjam Neumeister, Das Nachtstück mit Kunstlicht, ISBN 3935590792, o. V., Petersberg 2003
  • Ludger Alscher u. a. (Hrsg.): Lexikon der Kunst. 1. Auflage. Band III, Stichwort: Nachtstück. VEB E. A. Seemann Verlag, Leipzig 1975, Bestell.-Nr. 505 545 1, S. 482–483.

Einzelnachweise

  1. Ludger Alscher u. a. (Hrsg.): Lexikon der Kunst. 1. Auflage. Band III, Stichwort: Nachtstück. VEB E. A. Seemann Verlag, Leipzig 1975, S. 482.
  2. Christoph Wetzel: Reclams Sachlexikon der Kunst. 1. Auflage. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart 2007, ISBN 978-3-15-010601-3, S. 326.
  3. Wordsworth Deutsch. Abgerufen am 9. September 2019.
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