Myrte

Die Myrte (Myrtus communis), auch Brautmyrte, Duftende Myrte und Gemeine Myrte genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Myrten (Myrtus) innerhalb der Familie der Myrtengewächse (Myrtaceae). Dieser immergrüne Strauch ist die einzige im Mittelmeerraum heimische Art dieser Familie.

Myrte

Gemeine Myrte (Myrtus communis)

Systematik
Rosiden
Eurosiden II
Ordnung: Myrtenartige (Myrtales)
Familie: Myrtengewächse (Myrtaceae)
Gattung: Myrten (Myrtus)
Art: Myrte
Wissenschaftlicher Name
Myrtus communis
L.

Beschreibung

Zweige mit Laubblättern und Blüten
Illustration aus Prof. Dr. Thomé's Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz, in Wort und Bild, für Schule und Haus; mit ... Tafeln ... von Walter Müller, Tafel 345
Myrtus communis subsp. tarentina

Vegetative Merkmale

Die Myrte ist ein immergrüner, reich verzweigter Strauch, der Wuchshöhen bis 5 Metern erreichen kann. Die Rinde älterer Zweige ist kahl, nur die Rinde junger Zweige ist drüsig behaart.

Die meist gegenständig, bisweilen stehen auch drei Blätter an einem Knoten, an den Zweigen angeordneten Laubblätter sind nur kurz gestielt. Die derben, einfachen, ganzrandigen Blattspreiten sind bei einer Länge von 1 bis 5 Zentimetern eilanzettlich mit zugespitztem oberen Ende und sind durchscheinend drüsig punktiert. Die Blattoberseite ist dunkler grün und glänzend, die -unterseite ist heller.

Generative Merkmale

Die Blütezeit reicht von Mai bis August. Die Blüten stehen einzeln in den Blattachseln. Die Blütenstiele sind bis zu 3 Zentimeter lang. Die relativ kleinen Blüten duften. Sie weisen einen Durchmesser von bis zu 3 Zentimeter auf. Die Kelchblätter sind dreieckig. Die weißen Kronblätter verkehrt-eiförmig bis fast kreisförmig. Die zahlreichen Staubblätter haben gelbe Staubbeutel. Der Fruchtknoten ist unterständig.

Die bei Reife blau-schwarze Beerenfrucht ist bei einem Durchmesser von etwa 1 Zentimeter kugelig.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 22.[1]

Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet umfasst den Mittelmeerraum, die Azoren und reicht östlich bis Pakistan.[2] Als Standort werden Macchien und Wälder auf etwas feuchteren, steinigen, kalkfreien Böden bevorzugt. In Europa kommt sie ursprünglich in Portugal, Spanien, Italien, auf den Balearen, Korsika, Sardinien, Sizilien, Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Albanien, Griechenland, Kreta, Zypern und in der Türkei vor.[3] Die Myrte wird seit dem Altertum kultiviert und ist entsprechend häufig verwildert. Als ältestes und größtes Exemplar in Deutschland gilt die Myrte im Schau- und Sichtungsgarten Hermannshof in Weinheim an der Bergstraße.

Systematik

Die Erstveröffentlichung von Myrtus communis erfolgte 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus I, S. 471.[3]

Je nach Autor gibt es etwa zwei Unterarten:[2] Nach Euro+Med 2022 werden sie nur als Varietäten anerkannt:[3]

  • Myrtus communis L. subsp. communis (Syn.: Myrtus communis var. baetica L.): Sie kommt von den Azoren bis Pakistan vor.[2]
  • Myrtus communis subsp. tarentina (L.) Nyman (Syn.: Myrtus communis var. tarentina L.): Sie kommt ursprünglich in Südeuropa in Spanien, Frankreich, Italien, Sardinien, Kreta und im früheren Jugoslawien vor.[2]

Kulturgeschichte

Brautjungfer mit Riegelhaube und Myrtenkranz zu Beginn des 19. Jahrhunderts

Die Myrte spielte in der griechischen Mythologie eine große Rolle. Es ist ein Ritual überliefert, bei dem Myrtenzweige auf einen zu beschreitenden Weg gestreut werden, während Weihrauch verbrannt wird.[4]

Im alten Griechenland war die Myrte der Göttin Aphrodite geweiht, der Göttin der Liebe und Schönheit. Myrtenzweige gelten als Symbol für Jungfräulichkeit, Lebenskraft und viele gesunde Kinder, aber auch der über den Tod hinausgehenden Liebe.

Bereits Griechen und Römer schmückten die jungfräuliche Braut mit einem Myrtenkranz. Im 16. Jahrhundert wurde dieser Hochzeitsbrauch auch in Deutschland Sitte. Die Verwandte Jakob III. Fuggers soll 1583 die erste gewesen sein, die statt eines Rosmarinkränzchens den sehr kostbaren Myrtenschmuck trug.[5]

Der Bräutigam und die Trauzeugen erhielten Zweige zum Anstecken. Teilweise wurden auch die Brautjungfern mit einem Myrtenkranz geschmückt. Es entwickelte sich der Brauch, dass die junge Ehefrau einen aus dem Brautkranz stammenden Zweig in die Erde setzte und bewurzeln ließ. Die grünende Pflanze wurde als Indikator für das beständige Eheglück angesehen und besonders gehegt. So fand die Myrte Einzug in die Wohnstuben und gilt als eine der ältesten Zimmerpflanzen.

Auch heute noch werden gelegentlich Myrtenkränze bzw. -sträuße zur Hochzeit getragen.

Im Mittelalter und später wurde die Myrte (lateinisch Myrtus, auch Mirtus) auch als „Welsche Heidelbeere“ bezeichnet[6][7] und deren Beeren als Mirtilli.[8]

Myrtenzweige sind außerdem Bestandteil des Lulavs, den Juden jährlich beim Laubhüttenfest binden.

Nutzung

Durch das ätherische Öl der Blätter, das stark sekretionsfördernd wirkt, hat die Pflanze Bedeutung bei der (medizinischen) Behandlung der Atemwege und dient zur Appetit-Anregung.

Beim Kochen dient sie hauptsächlich als Gewürz für Fleischgerichte; volkstümlich werden sowohl Blätter und Beeren als auch Blüten verwendet.

Darüber hinaus findet die Myrte Verwendung bei der Likör-Herstellung: In Sardinien ist sie die Grundlage des Mirto Rosso roter Mirto, eines „süßen“ Likörs, der aus den Beeren hergestellt wird. Der Mirto Bianco weißer Mirto ist ein „trockener“ Likör, in dem Blätter und Blüten der Myrte Verwendung finden. Die korsische Variante des Mirto heißt Myrtei. Der Name der Mortadella-Wurst leitet sich von ihrer ursprünglichen Rezeptur mit Myrte ab, deren Früchte früher auch als Ersatz für den Kubeben-Pfeffer verwendet wurden,[9] bevor Pfeffer als Gewürz in Europa populär wurde.[10] Als Bestandteil von Myrtoplex® wirkt es als Salbe gegen Herpesbläschen.[11]

Literatur

  • Peter Schönfelder, Ingrid Schönfelder: Was blüht am Mittelmeer? 750 Arten (= Kosmos-Naturführer). 4. Auflage. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2005, ISBN 3-440-10211-4.
  • Dankwart Seidel: Blumen am Mittelmeer. Treffsicher bestimmen mit dem 3er-Check. BLV, München 2002, ISBN 3-405-16294-7.
  • Mechthild Siede: Myrte. In: Reallexikon für Antike und Christentum. Band 25, Hiersemann, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-7772-1318-7, S. 378–389.
Commons: Myrte (Myrtus communis) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Myrte – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Myrtus communis bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis
  2. Datenblatt Myrtus communis bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
  3. E. von Raab-Straube (2022+): Myrtaceae. Datenblatt Myrtus communis In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
  4. Aristophanes: Die Wespen, 860 und Herodot: Historien, VII 54.1.
  5. Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 1. Auflage, unveränderter Textnachdruck Band V, Teil 2. Verlag Carl Hanser, München 1965. S. 790–794.
  6. Jürgen Martin: Die ‚Ulmer Wundarznei‘. Einleitung – Text – Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 123 (cicatricans) und 190 (welsch […]).
  7. Zum Begriff welsch („italienisch, französisch, romanisch“) vgl. Echte Walnuss.
  8. Wouter S. van den Berg (Hrsg.): Eene Middelnederlandsche vertaling van het Antidotarium Nicolaï (Ms. 15624–15641, Kon. Bibl. te Brussel) met den latijnschen tekst der eerste gedrukte uitgave van het Antidotarium Nicolaï. Hrsg. von Sophie J. van den Berg, N. V. Boekhandel en Drukkerij E. J. Brill, Leiden 1917, S. 242.
  9. Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 140 (Cubeba).
  10. schwarzaufweiss.de
  11. vista: میرتوپلکس ? MYRTOPLEX. Abgerufen am 24. Juni 2022 (fa-IR).
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