Monoklonale Gammopathie renaler Signifikanz
Die Monoklonale Gammopathie renaler Signifikanz (MGRS) stellt eine symptomatische Monoklonale Gammopathie mit einer Nierenerkrankung dar, bei der die Kriterien für eine (per Definition) maligne Erkrankung wie dem Multiplen Myelom nicht erfüllt sind.[1] Somit ist die MGRS eine Krankheits-Vorstufe, bei der in bestimmten Fällen auch eine hämatologisch-onkologische Therapie notwendig sein kann. Im weiteren Sinne können auch maligne Erkrankungen wie die AL-Amyloidose als MGRS kategorisiert werden.
Klassifikation nach ICD-10 | |
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D47.2 | Monoklonale Gammopathie |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Entstehung
Bei einer Monoklonalen Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS) werden von malignen B-Lymphozyten monoklonale Immunglobuline und/oder Immunglobulinbestandteile (z. B. freie Leichtketten) produziert, welche auch als monoklonales Protein (M-Protein/-Gradient) bezeichnet werden. Man spricht von einem B-Zell-Klon, da es sich hierbei um identische B-Lymphozyten handelt. Durch Ablagerungen des monoklonalen Proteins in der Niere kann es zu einer Niereninsuffizienz kommen, weshalb diese Erkrankung als MGRS bezeichnet wird.[1] Meist handelt es sich bei dem abgelagerten M-Protein um freie Leichtketten mit einer hohen Affinität zum Gewebe. Eine hohe Konzentration dieser monoklonalen freien Leichtketten begünstigt die Ablagerung und damit die Entstehung der Erkrankung. Bei nahezu einem Viertel aller Betroffenen wird im Verlauf der MGUS-Erkrankung eine Beeinträchtigung der Nierenfunktion beobachtet.[2] Regelmäßige Kontrollen (6 Monate nach Diagnose und danach jährlich) ist hier demnach anzuraten.[3] Eine frühe Diagnose der MGRS ermöglicht in der Regel ein besseres Management des Patienten und die rechtzeitige Initiierung oder Anpassung einer Therapie, was sich letztlich in einer höheren Lebenserwartung widerspiegelt.[4][5][6]
Diagnostische Untersuchungen
Eine grundlegende Untersuchung, vergleichbar mit der bei einem Verdacht auf eine Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS), sollte Bestandteil der Ausschlussdiagnostik sein.[3][7] Zudem sind für die exakte Bestimmung möglicher Läsionen der Niere histologische und bildgebende Methoden Teil einer differenzierteren Diagnose.[8][4] Hierdurch können der B-Zell-Klon sowie das abgelagerte monoklonale Protein wie z. B. freie Leichtketten, Immunglobuline oder deren Fragmente identifiziert und charakterisiert werden.
Labordiagnostik
- Blutbild einschließlich Differentialblutbild
- Elektrolyte (Natrium, Kalium, Calcium)
- Nierenretentionsparameter (Kreatinin inkl. berechneter GFR, Harnstoff)
- Gesamteiweiß und Albumin im Serum
- Quantitative Bestimmung der Immunglobuline (IgG, IgA, IgM)
- Serumeiweißelektrophorese
- Immunfixationselektrophorese (Serum und Urin)
- Quantitative Bestimmung der freien Leichtketten Kappa und Lambda im Serum inkl. Berechnung der Ratio
- Qualitativer Test auf Eiweiß im Urin
Krankheitsbild
Monoklonale Tumorprodukte können sich in verschiedenen Bereichen des Nephrons und auf unterschiedliche Art und Weise ablagern. Die daraus resultierenden Krankheitsbilder können kombiniert oder isoliert auftreten. Generell ist die Beeinträchtigung der Nierenfunktion mit einem schlechteren Gesamtzustand der betroffenen Personen assoziiert. Die durchschnittliche Lebenserwartung ist geringer als bei Patienten mit einer Monoklonalen Gammopathie ohne Beeinträchtigung der Nierenfunktion.[8]
Art der Ablagerung | Pathologie |
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Fibrillär | AL-Amyloidose; nicht-amyloide, fibrilläre Glomerulitis |
Mikrotubulär | Typ 1- und Typ 2-kryoglobulinämische Glomerulonephritis |
Amorph | Light-Chain-Deposition-Disease (LCDD), Light/Heavy-Chain-Deposition Disease (LHCDD), Heavy-Chain Deposition Disease (HCDD) |
Andere | Proliferative Glomerulonephritis mit monoklonalen Immunglobulin-Ablagerungen, Morbus Waldenström |
Therapie
Bisher existiert keine Prophylaxe gegen die Ablagerung monoklonaler Immunglobuline. Obwohl es sich bei dem zugrundeliegenden B-Zell-Klon per Definition noch nicht um eine maligne Form handelt, stellt eine Chemotherapie die einzige mögliche Option dar, um einer fortschreitenden Schädigung der Niere und anderer Organe entgegenzuwirken.[4] Zudem ist palliativ in bestimmten Fällen eine Dialyse indiziert um den Verlust der Nierenfunktion auszugleichen. Eine Entfernung insbesondere von freien Leichtketten aus dem Serum ist bei Verwendung einer großporigen Dialyse-Membran möglich. Zur Zeit reicht die Datenlage allerdings nicht aus um den Nutzen dieser Methode abschließend zu beurteilen.[9][10] Zu berücksichtigen ist in jedem Falle, dass die Ursache des Nierenfunktionsverlusts durch diese Methode nicht beseitigt wird.
Einzelnachweise
- N Leung et al.: Monoclonal gammopathy of renal significance: when MGUS is no longer undetermined or insignificant. In: Blood. 120. Jahrgang, Nr. 22, 22. November 2012, S. 4292–4295, doi:10.1182/blood-2012-07-445304, PMID 23224402.
- A Dispenzieri et al.: Prevalence and risk of progression of light-chain monoclonal gammopathy of undetermined significance: a retrospective population-based cohort study. In: Lancet. 375. Jahrgang, Nr. 9727, 15. Mai 2010, S. 1721–1728, doi:10.1016/S0140-6736(10)60482-5, PMID 20472173.
- N van de Donk et al.: The clinical relevance and management of monoclonal gammopathy of undetermined significance and related disorders: recommendations from the European Myeloma Network. In: Haematologica. 99. Jahrgang, Nr. 6, 21. März 2014, S. 984–96, doi:10.3324/haematol.2013.100552, PMID 23224402, PMC 4040895 (freier Volltext).
- JP Fermand et al.: How I treat monoclonal gammopathy of renal significance (MGRS). In: Blood. 122. Jahrgang, Nr. 22, 9. Oktober 2013, S. 3583–3590, doi:10.1182/blood-2013-05-495929, PMID 25607108.
- S Sawhney et al.: Long-term prognosis after acute kidney injury (AKI): what is the role of baseline kidney function and recovery? A systematic review. In: BMJ open. 4. Jahrgang, 2015, doi:10.1136/bmjopen-2014-006497.
- C Hutchison et al.: Immunoglobulin free light chain levels and recovery from myeloma kidney on treatment with chemotherapy and high cut-off haemodialysis. In: Nephrol Dial Transplant. 27. Jahrgang, Nr. 10, 27. Oktober 2012, S. 3823–3828, doi:10.1093/ndt/gfr773, PMID 22273664.
- A Dispenzieri et al.: International Myeloma Working Group guidelines for serum-free light chain analysis in multiple myeloma and related disorders. In: Leukemia. 23. Jahrgang, Nr. 2, 20. November 2008, S. 215–224, doi:10.1038/leu.2008.307, PMID 19020545.
- F Bridoux et al.: Diagnosis of monoclonal gammopathy of renal significance. In: Kidney Int. 87. Jahrgang, Nr. 4, 28. Februar 2014, S. 698–711, doi:10.1038/ki.2014.408, PMID 25607108.
- C Hutchison et al.: Efficient Removal of Immunoglobulin Free Light Chains by Hemodialysis for Multiple Myeloma: In Vitro and In Vivo Studies. In: J am Soc Nephrol. 18. Jahrgang, Nr. 3, 17. Januar 2007, S. 886–895, doi:10.1681/ASN.2006080821, PMID 17229909.
- Mark Cook et al.: High Cut-Off Haemodialysis (HCO-HD) Does Not Improve Outcomes In Myeloma Cast Nephropathy: Results Of European Trial Of Free Light Chain Removal By Extended Haemodialysis In Cast Nephropathy (EULITE). Poster Präsentation auf dem EHA Kongress 2016.