Monbijou Theater

Das Monbijou Theater, vormals Hexenkessel Hoftheater,[1] ist ein freies Theater in Berlin-Mitte. In der bisher erfolgreichsten Saison 2018/19 wurden über 110.000 Theater-Zuschauer gezählt.[2] Die dazugehörige Gastronomie mit dem Namen „Strandbar Mitte“ begrüßt jährlich noch einige mehr. Das Theater befindet sich im Monbijoupark gegenüber dem Bode-Museum, z. T. auf dem Schlosspark-Gelände des im Zweiten Weltkrieg zerstörten und dann Anfang der 1960er abgerissenen Schlosses Monbijou. Hier fand 1820 die Uraufführung von Goethes Faust (Radziwill) statt.

Amphitheater des Monbijou Theaters

Seit 1998 spielt das Ensemble im Sommer unter freiem Himmel. Im Winter werden seit 2007 die sogenannten „Märchenhütten“ als Bühne genutzt.[3] Seit 2008 gibt es die stadtbekannte Amphitheater-Tribüne.

Geschichte

Das Monbijou Theater startete als ein Zusammenschluss des Tourneetheaters „Item“ (Indic/Schulz) und des Hexenkessel Hoftheater (Zimmermann/Jahnke). Wegen der größeren Bekanntheit entschlossen sich die Protagonisten zur Übernahme des Namens Hexenkessel Hoftheater. Unter diesem Namen spielte man bereits seit 1993 zunächst auf einem Hinterhof – direkt neben dem Pfefferberg[4] und wurde mit Zimmermanns Shakespeare-Inszenierungen berlinweit erfolgreich. Das Theater „Item“ absolvierte 1998 mit Peter Turrrinis „Wirtin“ eine viel beachtete Tournee durch sieben Berliner Bezirke (inklusive Berlin-Mitte), die sich jeweils auch an der Finanzierung beteiligten. Im Jahr 1999 zog die Truppe endgültig auf den Bunker im Monbijoupark. Der Verein Kunst und Technik e.V. (vor allem Tim und Jan Edler), der 1993–1999 den Park als „erster“ bespielte, unterstütze die Initiative des Theaters. Schauspieler und Organisator Christian Schulz, der Finanzierung und Leitung übernommen hatte, bekam im selben Jahr 1999 von den Staatlichen Museen zu Berlin den Auftrag, die Museumsinsel an verschiedenen Baustellen zu bespielen. In einem unter anderen vom Hauptstadtkulturfonds geförderten Programm kam es unter dem Titel „Museumsinselfestival“ und „Götterleuchten“ (Dramatisches Theater / M. Merkle / Vekks Berlin e.V.) zur Bespielung der Keller des Pergamonmuseums mit dem Stück „Olympia unter Grund“, des Ehrenhofes vor dem Pergamonmuseum mit „Die Versunkene Glocke“ und Kleists „Amphitryon“ sowie des Foyers der Alten Nationalgalerie mit „Zweifel“. 2003 wurde im griechischen Hof des Neuen Museums Homers „Ilias“ aufgeführt.

Zum Festival Programm gehörten 1999–2003 auch die Open Air Konzerte und Kino vor der Alten Nationalgalerie (Kino Babylon, später german arts/M.Zeckert). 2001 siedelte Schulz das Theater (Diener zweier Herren) zwischenzeitlich direkt an der Spree an, wodurch es zugleich zum intensiven Kontakt zu den Berlin-Besuchern auf den Fahrgastschiffen sowie zur ersten, populären ufernahen Open Air Tanzfläche nach der Wende kam. 2002 zog das Theater endgültig auf die Bunkerflächen unmittelbar oberhalb. Dafür entstand am Wasser die mittlerweile berühmte Strandbar Mitte, mit der Berlin seit vielen Jahren auf der Immobilienmesse in Cannes für sich wirbt, und die nur in Zusammenhang mit dem Theater eine Existenzberechtigung im Park erhielt. Diese Ausnahmeregelung wurde in Form von Duldungen bis 2018 alljährlich verlängert.

Die Strandbar ist nach der Deutschen Wiedervereinigung als erste innerstädtische Strandbar Europas (16. Juni 2002 – vor Paris-Plages, 3. August 2002) zum finanziellen Zugpferd des Theaters und auf eigene Weise populär geworden. Mit der Nutzung des theatereigenen „Oststrand“ an der East Side Gallery als Proben-, Aufführungs- und Tanzort (2003–2012), dem Café Altes Europa (seit 2003), in dem vor allem 2004 und 2005 auditions abgehalten wurden, der Bespielung des Spiegelsaals in Clärchens Ballhaus (seit 2005) weiteten sich die berliner Spielflächen des Theaters umfangreich aus. 2006 holte Schulz das erste Holzhaus aus Ostpolen (aus Wojslawice bei Chelm) und eröffnete es als Märchenhütte in der Auguststraße an der Stelle des heutigen Samuraimuseums. 2007 folgte ein weiteres hölzernes, polnisch-galizisches Blockhaus (aus Krasnistav an der ukrainischen Grenze) auf dem Bunkerdach als neue Spielstätte, in den Monbijoupark – in der das Ensemble noch heute in den Wintermonaten vor allem Märchen der Brüder Grimm spielt. Diese sogenannten Märchenhütten wurden „Jacob“ und die „blaue Hütte“ (jetzt in der Späthschen Baumschule) genannt. In einer hierzulande einzigartigen Art des Märchenspiel werden in den beiden Holzhütten nah am Original, durch ein oder zwei Protagonisten, am knisternden Ofen, jeweils zwei Märchen am Block mit jeweils etwa einer halben Stunde Laufzeit gespielt.

Winterliche Märchenhütte (Jacob) im Monbijoupark in Berlin-Mitte
Theaterschiff des Monbijou Theater am Bode-Museum Berlin. Zähmung der Widerspenstigen, 2006

2006 bis 2007 mietete Schulz während des Umbaus des Monbijouparks aus dem historischen Hafen (R. Röper) einen Lastkahn als Theaterschiff, namens „MS Marie“. Das Boot lag an der Ebertbrücke vor dem Bode-Museum. An Deck des Schiffes wurde in den Sommermonaten Theater aufgeführt und getanzt. Dafür waren eine Bühne sowie eine ebene Fläche für die Zuschauer und Tänzer errichtet worden.

2008 wurde das hölzerne Amphitheater, entworfen von Architekt J. Koenig, Konstrukteur P. Klasen, Bühnenbildner D. Regehr und Koordinator / Finanzier Schulz zum ersten Mal aufgebaut und bespielt.[15] Es steht heute noch und bietet Platz für 350 Zuschauer. 2010 kam Schloss Schwante als open air-spielort hinzu. Es wurde bis 2019 alljährlich mit Märchen und Tanz bespielt.

Im Winter 2011/2012 ließ Schulz das Theater samt Märchenhütte (Wilhelm) auf einem Platz zu Füßen des Doms von Frankfurt am Main spielen, danach u. a. in der Geburtsstadt der Brüder Grimm, auf einer Art Tournee am Rathaus in Hanau, um schließlich ab 2012/2013 statt der blauen Hütte ebenfalls auf den Bunker im Monbijoupark zu ziehen und dort unter dem Namen Wilhelm-Hütte zu reüssieren.

Im Sommer 2014 spielte das Theater auf einem alten Holzkarren. Vor den Augen des Publikums wurde diese mobile Bühne von den Schauspielern jeweils vor der Vorstellung an die Spitze des Bodemuseums gezogen, als Bühne genutzt, um danach wieder in den Monbijoupark zurück bewegt zu werden.

Publikumsnähe und Improvisationsfreude bescherten dem Ensemble nun eine immer weiter wachsende Anhängerschaft.

So genannte (eintrittsfreie) Sonntagskonzerte erfreuten zwischen 2006 (Wiedereröffnung Bodemuseum) und 2012 weitere Zehntausende Besucherinnen und Besucher. 2014 benannte die Theaterleitung das Hexenkessel Hoftheater in Monbijou Theater um. Am Ende der Sommersaison 2015 zogen Teile des Ensemble mit dem neuen Namen „Hexenberg Ensemble“ auf den Pfefferberg nach Berlin–Prenzlauer Berg. Der Spielbetrieb des Monbijou Theaters ging ungebremst im Monbijoupark weiter und vergrößerte Zuschaueranzahl und die eigene Reichweite. Seit 2016 werden im so genannten Glaspalast des Pfefferbergs Zimmermann'sche Märchen in partnerschaftlicher Harmonie parallel zum Monbijoupark gespielt.

Mit Darian Michaijlovics „Tartuffe“ (2015), den „Lustigen Weibern von Windsor“ (2016), Goethes „Die Mitschuldigen“ (2016) „Macbeth“ Faust (2017), Schillers „Räubern“ (2018) und über einem Dutzend Märchen zwischen November und Februar folgten erfolgreiche Zeiten mit seit 2017 jährlich sechsstelligen Zuschauerzahlen.

Die Humboldt-Universität als Eigentümerin der Bunker, auf denen das Theater und die Märchenhütten stehen, vermietete im Frühjahr 2019 das Areal überraschend für kurze Zeit an die „gemeinnützige Theater an der Museumsinsel gGmbH“. Da diese den Betrieb einstellen musste, ruhten 2020 sämtliche Aktivitäten auf den Bunkern. Das Ende des Theaters schien besiegelt.

Am 11. Juni 2021 stellte der Theaterdirektor Christian Schulz die Einzelteile des Amphitheaters auf die angestammte Theaterfläche an der Monbijoustraße. Zwei Wochen später erwirkte Schauspielerin Irmelin Behringer mit dem Verein „Einfach machen 21“ (Behringer, Edler, Sellier et al.) die Zustimmung des damaligen Bezirksbürgermeisters Stephan von Dassel zur Wiederaufnahme des Spielbetriebes. In den Folgemonaten verhandelte der Verein Zwei Drittel mit dem Bezirk über die Reaktivierung des Areals. Auf Betreiben der Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Die Grünen) wurde an einem Runden Tisch über die Zukunft des Kulturstandortes Monbijou konferiert. Seit Herbst 2022 gelingt dem Verein in Zusammenarbeit mit Gründer und Eigentümer Schulz die Bespielung der Märchenhütten (Winter) und des Amphitheaters sowie der ufernahen Gastro (Sommer) samt Tanz. „Monbijou“ ist somit ganz in der Tradition der früheren Jahre ohne öffentliche Subventionen erneut das größte freie Theater Berlins.

Einzelnachweise

  1. Hexenkessel Hoftheater. Anagnorisis, 2. August 2010.
  2. Diese-neun-Berliner-Theater-sollten-Sie-kennen.html Berliner Morgenpost, 19. August 2016
  3. Besucherrekord in Märchenhütten. Berliner Woche, 3. März 2016.
  4. TAZ Das Ende der Anarchie, aufgerufen am 13. März 2023
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