A. Molling & Comp.
Die Lithographische Kunst- und Verlags-Anstalt Hannover A. Molling & Comp.[1] war eine international tätige Druck- und Verlagsgesellschaft in Hannover[2] und Berlin.[3]
Geschichte
Der jüdische Bankier Adolf Molling[2] (20. November 1830 bis 9. Oktober 1894)[4] gründete 1887 sein Unternehmen A. Molling & Comp. Mit einem eigenen Druckereigebäude am Schneiderberg in der Nordstadt war es bald eine der größten Druckereien in Hannover. Produziert wurden anfangs unter anderem „Plakate, Postkarten, Grußkarten, Zeitschriften, Verpackungen sowie Bilder- und Malbücher“, und ab circa 1900 verlegte die Gesellschaft auch eigene Kinderbücher.[2]
Spätestens 1901 wurde die Firma in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt, wie der Druckvermerk einer Dissertation belegt.[5] Von 1906 bis 1917 war Adolf Mollings Enkel Franz Rosenberg (1879–1934) Teilhaber des Unternehmens. Er reiste in jenen Jahren mehrfach mit dem Schiff nach New York.[6]
Kurz nach der Jahrhundertwende meldete Molling & Comp. ein Patent an: „Mit Reklamedruck versehener immerwährender Kalender in Verbindung mit einer farbigen Kalender-Rückwand“ lautete die Eintragung beim Kaiserlichen Patentamt 1903.[7]
„Verlagsartikel in der ganzen Welt vertreten“, warb Molling 1904 in einem eigenen Katalog. Nachdem Molling & Comp. für das international tätige Londoner Unternehmen Raphael Tuck & Sons Bücher gedruckt hatte, wurden dessen Motive bald auch für eigene Buchproduktionen genutzt.[2]
In der Zeitschrift Die Woche bewarb das Unternehmen 1912 seine
Die Illustrationen für die Bilderbücher des Verlages stammten von Grafikern wie etwa Walther Caspari, Hanns Anker, Hellmut Eichrodt, Eugen Osswald oder Heinrich Eduard Linde-Walther. In der Druckerei Molling arbeitete Kurt Schwitters gemeinsam mit der Künstlerin Käthe Steinitz an der Gestaltung seiner Märchen vom Paradies, sammelte „im Keller des imposanten Druckereigebäudes […] Fehldrucke für seine Kunstwerke“.[2]
Auch traditionsbewußte, ja konservative Künstler wie etwa Ernst Jordan ließen bei Molling produzieren.[8][9]
Spätestens 1914 betrieb das Unternehmen eine Zweigstelle in Berlin, wie der Zudruck auf einem Plakat für die Ausstellung des Deutschen Werkbundes in Köln belegt.[3] Die Firma hielt bedeutende Aktien-Anteile an der Lithographisch-Artistischen Anstalt München, vorm. Gebrüder Obpacher AG und war mit zwei Sitzen in deren Aufsichtsrat vertreten.[10]
1920 druckte die A. Molling Comp. das im Januar des Jahres erschienene „Hannoverheft“ der Zeitschrift Das Plakat. Zeitschrift des Vereins der Plakatfreunde e.V. mit dem Titelbild von Ferdy Horrmeyer.[11]
Auch nach dem Tod des Firmengründers blieb das Unternehmen international ausgerichtet: So gehörte zum Verlagsprogramm eine Serie von zehn Märchenbüchern, die teilweise in mehreren Sprachen erschienen und so ihre internationale Verbreitung fanden (bis Anfang 2012 wurden Verlagsprodukte in neun verschiedenen Sprachen nachgewiesen). „Auch in der für jüdische Betriebe äußerst schwierigen Zeit des Nationalsozialismus versuchte A. Molling & Comp. diese internationale Produktion aufrechtzuerhalten“. Doch nach der „Arisierung“ der Druckerei 1939 und der erzwungenen Emigration der Inhaber geriet das Unternehmen beinahe in völlige Vergessenheit: „Selbst die Nachkommen der Familie wussten bislang wenig über die Firma“.[2]
Ausstellungen
- In einer Ausstellung vom 18. Januar bis zum 15. April 2012 (siehe das Ausstellungs-Faltblatt bei den Weblinks) präsentierte das Historische Museum Hannover „eine von der Forschung bisher wenig beachtete Serie von zehn Märchenbüchern [… als] Bilderbuchkunst in großem Format und bester Qualität […] zum ersten Mal zusammen“. Zum Programm gehörten auch Führungen.[2]
Werke (unvollständig)
Kinderbücher
Den Auftakt zu der Kinderbuch-Serie von A. Molling & Co. bildete[12]
- Aschenbrödel,[2] mit Illustrationen von Hanns Anker[12]
- Cinderella, die US-amerikanische Ausgabe, um 1914[12]
- Lust und Scherz für's Kinderherz, Text von Marie Ille-Beeg, gemalt von W. Zirges
- Vom dicken fetten Pfannekuchen (6 Blatt, überwiegend illustriert von Heinrich-Eduard Linde-Walther, 34 cm, mit Frakturschrift), ohne Jahr (1920)[1]
- Ein Streifzug durch Ostasien[2]
- Kling-Klang. Das tönende Bilderbuch[13]
- Das Reich der Kinder[13]
- Dideldumdei, 16 farb. Bildern von Linde-Walther. Mit Versen von L. Linde (1921)[14]
- Karl Rohr: Beim Osterhasen, [Eingedrückte farbige] Bilder und Reime [auf Pappe, ausgestanzt][14]
- Gullivers Reisen von Jonathan Swift
Verschiedene
- Hans Kaiser (Hrsg.): Das Hohe Ufer, spätexpressionistische Monatszeitschrift, Verlag Ludwig Ey, Jhrg. 1919–1920[15]
- Hans Borth: Deutsche Schiffahrt in Wort und Bild, Hannover 1902, Verlag A. Molling & Co.[16]
Literatur
- Edel Sheridan-Quantz: A. Molling & Comp. und „Kling-Klang. Das tönende Bilderbuch“ – Ausklang einer Firmengeschichte. In: Aus dem Antiquariat, Heft 6/2011
- Edel Sheridan-Quantz: „Das Reich der Kinder“ – Bilderbücher des Molling-Verlags, Hannover. In: Hans-Peter Schramm (Hrsg.): Hannoverscher Bibliophilen Abend – 51. bis 75. Abend, 2011, S. 50–61
- Edel Sheridan-Quantz: Aschenbrödel reist um die Welt – Mollings Märchenbücher. In: Imprimatur. Jahrbuch für Bücherfreunde, Bd. 22, 2011, S. 63–102
- Edel Sheridan-Quantz: “Our publications are available worldwide”: A forgotten German printer and his global connections 1887–1939 (in englischer Sprache), in: Chimera No. 26, Geographical Journal of the University College Cork, pp. 38–51; online, last visited 22. January 2014
- Thomas Krakauer: Family portrait: history and genealogy of the Gottschalk, Molling, and Benjamin families from Hannover, Germany (englisch), 1995; Vorschau über Google-Bücher
Weblinks
- Lust und Scherz für's Kinderherz. Von Hannover in die Welt (Memento vom 31. Januar 2012 im Internet Archive), PDF-Dokument des Faltblattes zur gleichnamigen Ausstellung im Historischen Museum Hannover vom 18. Januar bis 15. April 2012
- Lust und Scherz für’s Kinderherz: A. Molling & Comp. 1887–1939
- Molling & Co. auf Europeana.eu; Anfang 2012 dort insbesondere durch das Imperial War Museum dokumentierte Arbeiten Ferdy Horrmeyers mit Aufrufen zu Kriegsanleihen und Wahlaufrufe für die SPD zu den Reichstagswahlen
- Kling-Klang: A. Molling & Comp. Hannover
Einzelnachweise und Anmerkungen
- Deutsche Nationalbibliothek
- Edel Sheridan-Quantz: Lust und Scherz für’s Kinderherz. Von Hannover in die Welt. Faltblatt zur Ausstellung (siehe Weblinks)
- siehe dieses Plakat nach einem Entwurf von Peter Behrens
- Thomas Krakauer: Family Portrait. History and Genealogy of the Gottschalk, Molling and Benjamain Families from Hannover, Germany. Durham, North Carolina 1995, S. 83; Todesanzeige für Adolf Molling. In: Hannoverscher Kurier, 11. Oktober 1894.
- Ludwig Hans Heynemann: Ueber das Hydrazid der Pyrazol--3,4,5--Tricarbonsäure. Dissertation, Universität Heidelberg, 1901, S. 1
- Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte. Otto Harrassowitz (in Kommission), Leipzig 2010, S. 209, 242, 244; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- Patentanmeldung M 16006 im Patentblatt, herausgegeben von dem Kaiserlichen Patentamt. Band 27. C. Heymanns Verlag, 1903, S. 1703; online als Snippet-Ansicht über Google-Bücher
- Hugo Thielen: Jordan (2), Ernst Pasqual. In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 189; online über Google-Bücher
- Vergleiche diese Untertitelungen des Steindrucks von Molling
- Zeitschrift für Unternehmensgeschichte. Hrsg. von der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte, Bde. 24–25, F. Steiner Verlag, 1979, S. 186; Snippet
- Vergleiche das Digitalisat des Heftes
- KULTURpur: Lust und Scherz für’s Kinderherz
- siehe Literatur
- Angaben der Deutschen Nationalbibliothek
- Snippet-Ansicht
- Snippet