Modewort

Als Modewort werden Wörter oder Redewendungen bezeichnet, „die – einer Mode vergleichbar – nur in einer bestimmten Zeit mit Vorliebe gebraucht werden, nachher jedoch kaum noch üblich sind.“[1] Entweder verschwinden sie irgendwann ganz aus der Sprache oder sie werden nur noch relativ selten gebraucht, so dass sie ihren Charakter als Modewort einbüßen.

Verbreitung und Funktion

Modewörter können für die gesamte Sprachgemeinschaft bedeutend sein. In vielen Fällen spielen sie jedoch lediglich in bestimmten Sprechergruppen eine Rolle und zeigen die Zugehörigkeit zu der betreffenden Gruppe an.[2][3] Zur Vorstellung vom Modewort gehört, dass es häufig verwendet wird. Damit ist jedoch die Gefahr gegeben, dass es zu einer „Wortschablone“[4] wird und infolgedessen an Aussagekraft verliert.

Beispiele aus dem Deutschen

Aus heutiger Sicht hat es Modewörter zu allen Zeiten gegeben.[5] Als ein Modewort des Barockzeitalters wird „Empfindsamkeit“ angegeben.[5] Das Beispiel zeigt, dass Modewörter zeitgebunden sein können: es ist nicht aus der Sprache verschwunden, aber auch kein auffällig häufig gebrauchtes Wort mehr.

Ausdrücke der Zustimmung/Bekräftigung unterliegen anscheinend besonders raschen Modewechseln, so „fabelhaft“ und „sauber“[6] oder auch „ganz groß“,[7] die später kaum noch eine Rolle spielten und von anderen abgelöst wurden, zum Beispiel durch „echt“,[8] das seinerseits den Höhepunkt seiner Verwendung überschritten hat.

Seit 1971 werden von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) charakteristische Begriffe des aktuellen Zeitgeschehens zum Wort des Jahres gewählt. In ähnlicher Weise werden Modewörter oder populäre Phrasen auch als Unwort, Jugendwort oder der Satz des Jahres ausgezeichnet.

Um 2018 zählten zu Modeworten im Deutschen beispielsweise „auf Augenhöhe“, „achtsam“, „proaktiv“, „schlussendlich“, „letztendlich“, „Gastro“, „Luft nach oben“, „Stand heute“, „temporär“, „zeitnah“, „verorten“, „vor Ort“, „das neue Normal“, „im Nachgang“, „auf dem Schirm haben“, „punkten“, „am Ende des Tages“ und „gefühlt ...“.[9][10] Weitere Beispiele sind „tierisch“, „irre“, „mega“ (für „sehr“ u. ä.) sowie „schizophren“ (außerhalb der medizinisch-psychiatrischen Bedeutung).[11] Das gilt auch für den Begriff „toxisch“.[12]

Sprachkritik zum Modewort

Modewörter waren wiederholt Gegenstand von Sprachkritik und Stillehren. In der Stilfibel von Ludwig Reiners (1896–1957) heißt es „Meiden Sie Modewörter!“[13] Auch Wolf Schneider, ehemaliger Leiter der Hamburger Journalistenschule, befasste sich in seinen Werken immer wieder mit Modewörtern und riet von ihrem Gebrauch ab.[14][15] Allerdings hielt er sie auch für aufschlussreich: „Künftigen Sprachforschern werden die jeweiligen Modewörter die einfachsten Schlüssel zum Geist oder Ungeist der Epoche sein…“[16]

Literatur

  • Otto Ladendorf: Historisches Schlagwörterbuch. Ein Versuch. Trübner, Strassburg/Berlin 1906 (Nachdruck hrsg. von Hans-Gerd Schumann. G. Olms, Hildesheim 1968).
  • Walter Krämer: Modern talking auf deutsch. Ein populäres Lexikon.Piper, München und Zürich 2001. ISBN 3-492-23443-7.
  • Peter Braun: Tendenzen in der deutschen Gegenwartssprache. Sprachvarietäten. 4. Auflage. Kohlhammer, Stuttgart/Berlin/Köln 1998. Kapitel Schlagwörter – Modewörter, S. 207–213.
  • Eike Schönfeld: alles easy. Ein Wörterbuch des Neudeutschen. C. H. Beck, München 1995. ISBN 3-406-39226-1.
  • Wolfgang Fleischer, Georg Michel, Günter Starke: Stilistik der deutschen Gegenwartssprache. Peter Lang, Frankfurt a. M./Berlin/Bern/New York/Paris/Wien 1993, S. 120ff. ISBN 3-631-44771-X.
  • Dieter Herberg u. a. (Hrsg.): Neuer Wortschatz. Neologismen der 90er Jahre im Deutschen. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2004. ISBN 3-11-017750-1 (broschiert) und 3-11-011771-X (gebunden).
  • Willy Sanders: Gutes Deutsch – Besseres Deutsch. Praktische Stillehre der deutschen Gegenwartssprache. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1986. ISBN 3-534-09480-8. Kapitel: Modewort, Fachwort, Fremdwort, S. 129–135.
  • Berhand Sowinski: Deutsche Stilistik. Beobachtungen zur Sprachverwendung und Sprachgestaltung im Deutschen. Überarbeitete Auflage. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 1972, S. 242. ISBN 3-596-26147-3.

Einzelnachweise

  1. Sowinski 1972, S. 242
  2. Sowinski 1972, S. 243f.
  3. Baum 1998, S. 211.
  4. Sowinski 1972, S. 243
  5. Sanders 1986, S. 130
  6. Braun 1998, S. 210.
  7. Alfred Schirmer: Deutsche Wortkunde. Kulturgeschichte des Deutschen Wortschatzes. Sechste verbesserte und erweiterte Auflage von Walther Mitzka. De Gruyter, Berlin 1969, S. 39.
  8. Bernhard Sowinski: Stilistik. Metzler, Stuttgart 1991, S. 126. ISBN 3-476-10263-7.
  9. Eckart Roloff: "Im Endeffekt auf Augenhöhe". In: Neues Deutschland vom 26. Januar 2021, S. 13
  10. Was soll das? Mega definitiv, Frankfurter Rundschau vom 22. November 2021
  11. Eckart Roloff: Definitiv wahnsinnig, Frankfurter Rundschau, 27. Januar 2023
  12. https://www.genios.de/presse-archiv/artikel/FR/20230612/die-tuecken-des-toxischen/fr_2327FB3DC19ED20B3000.html
  13. Ludwig Reiners: Stilfibel. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1964, S. 80.
  14. Wolf Schneider: Deutsch für Kenner. Die neue Stilkunde. Gruner & Jahr, Hamburg 1987, S. 116. ISBN 3-570-07958-9.
  15. Wolf Schneider: Deutsch fürs Leben. Was die Schule zu lehren vergaß. Rowohlt, Reinbek 1994, S. 38f.ISBN 3-499-19695-6.
  16. Wolf Schneider: Wörter machen Leute. Macht und Magie der Sprache. 7. Auflage. Piper, München/Zürich 1994, S. 311. ISBN 3-492-10479-7.
Wiktionary: Modewort – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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